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Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Titel: Schattenkinder - im Zentrum der Macht
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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Füßen lagen. Er hatte gerade versprochen Mrs Talbot zu helfen – aber was würde das heißen? Und wenn er für sie die Verantwortung übernahm, wo endete sie? War er auch dafür verantwortlich, Mr Talbot zu helfen? Und Nina, Joel und John? Lee und Smits?
    Wie viel leichter war es doch, nur an die eigenen Bedürf nisse zu denken, an das eigene Leben. Aber wie sollte er es über sich bringen, nicht zu helfen?
    »Oh«, sagte Mrs Talbot und schien gegen den Türrahmen zu sinken. Zum ersten Mal begriff Trey, dass sie in Panik war, dass die Uniformierten ihr wahrscheinlich noch größere Angst eingejagt hatten als ihm. Schließlich war dies
ihr
Zuhause. Und es war
ihr
Mann, den man in Handschellen abgeführt hatte. »Haben dir die Grants denn überhaupt keine Anweisungen gegeben?«, fragte sie verzweifelt.
    »Die Grants sind tot«, erwiderte Trey brüsk. Es wäre ihm wie eine Lüge erschienen, es ihr jetzt nicht zu sagen. »Sie wurden letzte Nacht auf einer Party von einem Mann namens Oscar umgebracht. Ich war da und habe es selbst gesehen.«
    Und wieder lief das ganze bizarre Szenario vor Treys innerem Auge ab: Frauen in schimmernden Ballkleidern, Männer in Smokings, die Pistolen verbargen, Champagner in edlen Kelchen und ein Kronleuchter, der abgeschnitten wurde und herabstürzte . . .
    »Tot?«, wiederholte Mrs Talbot. »Tot?« Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie sank auf die oberste Treppenstufe. »Meine Freunde«, murmelte sie.
    »Sie schuldeten Ihnen Geld«, sagte Trey. Erstaunlicherweisehielt er immer noch den Packen Papiere in der Hand, den er von Mr Grants Schreibtisch genommen hatte. Jetzt winkte er Mrs Talbot damit zu, als wolle er sie daran erinnern, dass die Grants mehr als nur Freunde gewesen waren. »Sie haben Ihnen und Mr Talbot zweihundertfünfzigtausend Dollar geschuldet.«
    Mrs Talbot zuckte mit den Achseln, als spiele Geld keine Rolle.
    »So viele Tote«, murmelte sie und Trey erinnerte sich daran, dass auch die Tochter der Talbots   – Jen, ein weiteres Schattenkind – ums Leben gekommen war. Und wenn Mrs Talbot nun anfing zu schluchzen oder zu jammern oder gar völlig hysterisch zu werden? Trey hatte wirklich keine Ahnung, was dann zu tun war. Doch Mrs Talbot schniefte nur kurz und beherrscht. Dann begann sie leise zu sprechen, wobei sie nicht Trey, sondern die nackte Wand gegenüber ansah.
    »George hat gesagt, dass Gefahr droht«, berichtete sie. »Deshalb haben wir die Jungen im September aufs Internat geschickt. Für alle Fälle.«
    Die Jungen? Erst da wurde Trey klar, dass Jen natürlich Geschwister haben musste, um ein illegales drittes Kind zu sein. Anscheinend waren es Brüder.
    »Und George und ich haben geprobt. Für den Fall, dass sie ihn mitten in der Nacht holen kommen oder während des Frühstücks oder, oder, oder. Ich habe mich genau nach Plan verhalten. Genau so, wie ich es sollte. Ich habe mich in unserem geheimen Raum versteckt. Stundenlang. Weißt du, was ich dort drinnen gemacht habe? Ich habe mir die Zehennägel lackiert.« Mrs Talbot blickte zu Trey hinunter und zeigte einleichtes Grinsen. »Das war meine bescheidene Art zu sagen, ihr könnt mir keine Angst einjagen. Doch als ich – als ich wieder herauskam, sah der Plan für mich vor, bei den Grants Hilfe zu holen. Hätte ich nicht den Fernseher eingeschaltet, dann wäre ich jetzt bei den Grants. Was hätte ich dort wohl vorgefunden?«
    Trey versuchte nicht an das Bild der Zerstörung zu denken, das er hinter sich gelassen hatte.
    »Was haben Sie im Fernsehen gesehen?«, fragte er. »Was hat Sie davon abgehalten zu fahren?«
    »Wie?«, sagte Mrs Talbot. »Ach ja. Die Krawalle. Sie haben berichtet, dass in den Straßen Krawalle toben, deshalb dachte ich, ich könne genauso gut bis morgen warten.«
    Krawalle? Trey und seine Freunde hatten auf ihrer Fahrt vom Haus der Grants zu den Talbots nichts dergleichen gesehen, aber es war schließlich mitten in der Nacht gewesen. Die Krawalle mussten bei Tag begonnen haben, nachdem man Mr Talbot verhaftet hatte und während er selbst und Mrs Talbot sich versteckt hielten.
Krawalle
, dachte Trey. Ein seltsames Gefühl begann in ihm aufzusteigen. Hoffnung.
    Vielleicht ist es so weit. Es geht los. Vielleicht sind Krawalle der Weg, mit dem die Anführer des Widerstands die Regierung zwingen wollen, das Bevölkerungsgesetz zu ändern. Vielleicht sind dritte Kinder schon gar nicht mehr illegal. Vielleicht haben die Krawalle bereits etwas bewirkt.
    So lange Trey ihn kannte, war
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