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Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Titel: Schattenkinder - im Zentrum der Macht
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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Männer. Hinten saß Mr Talbot und er hob die Hände vor die Fensterscheibe, direkt in Treys Blickfeld. An seinen Handgelenken glänzte etwas Metallenes.
    Handschellen?
    Das schwarze Auto raste über den Bordstein und dann die Straße hinab.
    Trey stand immer noch mit offenem Mund da und versuchte zu begreifen, was er gerade mit angesehen hatte, als der Wagen, mit dem er selbst gekommen war – in dem sich immer noch Nina, Joel und John versteckten   –, im Schutz der Bäume vorwärts zu rollen begann. Trey fühlte einen Funken Hoffnung in sich aufkeimen:
Sie kommen mich zu retten
!
    Doch der Wagen fuhr in die falsche Richtung.
    Mit aufgerissenen Augen sah Trey das Auto davongleiten, nicht mehr als ein Schatten unter den Bäumen, ein schwarzer Strich auf der Landstraße.
    Dann war es verschwunden.
    Sie haben mich im Stich gelassen!
, fuhr es Trey durch den Kopf.
Sie haben mich im Stich gelassen!
    Er stand mutterseelenallein auf der Veranda eines Mannes, dem er gleichgültig war – eines verhafteten Mannes?   –, mitten in der endlosen Weite des Landes, wo alle Welt ihn sehen konnte.
    Ohne nachzudenken warf sich Trey hinter den riesigen Blumenkübel, in Deckung.

2.   Kapitel
    T reys Instinkt hatte sich ausnahmsweise einmal als richtig erwiesen. Sekunden später schwärmte eine ganze Armada schwarzer Wagen die Straße herauf und auf das Grundstück der Talbots. Sie überschwemmten die Auffahrt, so dass die letzten Wagen kreuz und quer auf dem Rasen parken mussten. Als er mutig über den Rand des Blumenkübels spähte, sah Trey, wie die Autotüren aufgingen und Dutzende Männer in schwarzen Uniformen herausquollen. Er duckte sich unwillkürlich und versuchte seinen Körper hinter dem Blumenkübel so klein wie möglich zu machen.
    War nicht sehr schlau
,
im letzten Jahr zehn Zentimeter zu wachsen
, dachte er und wunderte sich, dass er in solchen Momenten noch klar denken konnte. Er zog seine langen Beine noch enger an den Körper.
    Aus Funkgeräten schnarrten knisternd und knackend Instruktionen: »Durchsucht den Keller.«
    »Bestätigt.«
    »Durchsucht den Garten.«
    Trey begann zu schwitzen. Und wenn jemand den Befehl erhielt, die Veranda abzusuchen? Er versuchte jede einzelne Anweisung aufzuschnappen, alle auf einmal. Er lauschte auf Schritte, die die Veranda heraufkamen. Es war keine große Beobachtungsgabe vonnöten, um Trey zu finden. Was würde er tun, falls – nein, wenn – das geschah?
    Steh auf und kämpfe
, befahl sich Trey streng.
Gib dich nicht einfach widerstandslos auf. Mach dir den Überra
schungseffekt
zunutze. Sobald du jemanden kommen hörst, springst du auf und fängst an, um dich zu schlagen
. . .
    Und was dann? Glaubte er wirklich, er könnte gewinnen? Vielleicht konnte er
einen
der Uniformierten überraschen. Vorübergehend jedenfalls. Aber zwei? Drei? Fünfzig?
    In der Nähe knarrte eine Diele. Genau so hatte die erste Stufe der Verandatreppe geknarrt, als Trey zur Haustür gegangen war. Sein Herz begann so heftig zu pochen, dass er glaubte, es müsse ihn verraten. Als wieder eine Diele knarrte und schließlich noch eine, hielt er die Luft an. Näher, immer näher . . .
    Er hielt den Kopf gesenkt, hatte ihn fast zwischen die Knie gesteckt. Doch die Ungewissheit war unerträglich. Daher beschloss Trey, der größte Feigling der Welt, dass es besser sei zu wissen, was auf ihn zukam. Langsam und vorsichtig hob er den Kopf.
    Ein uniformierter Mann – nein, eigentlich war es noch ein Junge, kaum älter als Trey selbst – stand schweigend da und sah auf ihn herab. Treys Augen schienen mit einem Mal wie eine Kamera zu funktionieren und erfassten mit einem einzigen Blick jedes Detail im Gesicht des Jungen. Er hatte Sommersprossen auf der Nase und diese Tatsache allein erschien Trey so fehl am Platz, dass er einfach nur zurückstarren konnte.
    »
Liber?
«, sagte der Junge seltsamerweise.
    Trey stutzte. Konnte es sein, dass der Junge
Lateinisch
sprach?
    »Frei?«, übersetzte er ungläubig.
    Der Junge reagierte mit einem so unmerklichen Nicken, dass Trey sich fragte, ob er es sich nicht nur eingebildet hatte. Denn in diesem Moment hob der Junge sein Funkgerät und drückte auf einen Knopf an der Seite.
    Das war’
s
, dachte Trey und die Enttäuschung übermannte ihn.
Warum habe ich nicht gekämpft, als ich die Gelegenheit dazu hatte? Warum bin ich nicht weggerannt?
    Wahrscheinlich blieben ihm noch ein paar Sekunden, ehe der Junge die anderen Uniformierten herbeirief und sie auf die Veranda
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