Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattengreifer - Die Zeitenfestung

Schattengreifer - Die Zeitenfestung

Titel: Schattengreifer - Die Zeitenfestung
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
Erste, was er erblickte. Es musste mitten in der Nacht sein. Der Himmel war ungewöhnlich schwarz. Nur ein einziger Stern war zu erkennen.
    Auf dem Schiff war alles auffallend ruhig. Simon hatte Stimmen erwartet. Streit vielleicht. Zumindest Diskussionen. Er war davon ausgegangen, dass alle auf dem Deck versammelt waren. Dass die Zeitenkrieger den Magier zur Rede stellten oder dass Simons Vater mit dem Schattengreifer stritt.
    Doch es herrschte eine außergewöhnliche Stille auf dem Schiff.
    Was war hier los?
    Vorsichtig drehte sich Simon auf den Bauch, stemmte sich in die Höhe und erhob sich langsam. Er befand sich in der Schiffsmitte, zwischen den beiden Masten. Hätte er alles so vorgefunden, wie er es erwartet hatte, dann wäre er längst entdeckt worden.
    Die Segel waren gerafft. Die Kajüttür stand noch immer offen. Das gesamte Schiff wirkte, als läge es in tiefem Schlaf.
    Noch einmal schaute sich Simon um, dann ging er zögerlich auf die Kajüte zu. Eine beklemmende Unruhe machte sich in ihm breit. Eine Ahnung und eine unbestimmbare Angst um seine Freunde.
    Mit seiner rechten Hand berührte er beinahe zärtlich die Klinke und blickte auf das beschädigte Schloss, das direkt unter der Klinke halb aus der Tür ragte. Simon erinnerte sich an den Augenblick, in dem er es zerstört hatte, damals, als er die Tür auftreten musste, damit sie den erkrankten Schattengreifer in die Kajüte hatten bringen können.
    Er riss sich von dem Anblick los und schritt durch die Tür. Alles war so, wie er es kannte: der lange Tisch mit dem einsamen Stuhl daran. Und in der Ecke neben der Tür hing an dem verrosteten Nagel noch immer der kleine Beutel … Darin lag der Schlüssel, mit dem Simon einst in die Welt des Schattengreifers hinabgestiegen war.
    Doch auch hier: keine Menschenseele.
    Allmählich geriet Simon in Panik. Wo waren alle?
    Jetzt vergaß er alle Vorsicht! Ruckartig wandte er sich um und rannte in wilder Hatz über das Deck, auf die kleinere der beiden Bodenluken zu – zum Mannschaftsraum der Zeitenkrieger.
    Die Luke war geschlossen. Simon bückte sich und ergriff den Eisenring, um die Luke zu öffnen, als er spürte, wie sich über ihm etwas regte.
    Er blickte hinauf und sah gerade noch, wie sich ein dünner Schatten auf ihn herabsenkte und sich im selben Moment etwas über ihn legte. Simon wehrte sich. Bis er begriff, dass er in einem Fischernetz gefangen war.
    Mit einem Ruck wurde nun die Bodenluke aufgerissen, und Caspar sprang heraus. Er hatte eines seiner Messer gezückt und kam auf Simon zugerannt.
    »Was …!« Abrupt blieb er stehen. Zuerst schien Caspar seinen Augen nicht zu trauen, dann strahlte er über das ganze Gesicht. »Simon?«
    Er stürzte auf ihn zu und half ihm aus dem Netz. »Du bist hier?«
    Nun kamen auch die anderen blitzschnell aus der Luke. Zuerst war Neferti zu sehen. Sie riss überrascht die Augen auf.
    »Simon!«
    Sie flog ihm in die Arme, gerade in dem Moment, als Caspar ihn befreit hatte, und drückte ihn fest an sich. Er spürte ihre Lippen an seiner Wange. »Du bist da!«, hauchte sie.
    Augenblicklich war eine zweite Stimme zu hören. »Simon?« Nin-Si kam näher. »Wir hatten eine solche Angst!«, sagte sie, und Caspar pflichtete ihr bei: »Wir dachten schon, wir hätten dich verloren.«
    »Simon!« Moon kletterte aus der Takelage des Schiffes.
    »Hast du mir das eingebrockt?«, fragte Simon lachend und zeigte auf das Netz.
    Moon lächelte zurück. »Wir haben beschlossen, in Zukunft vorsichtiger zu sein. Wir wussten ja nicht, dass du hier plötzlich …«
    Caspar lachte: »Mit einem Fang wie dir hatten wir nicht gerechnet!«
    »Aber es ist der netteste Fisch, den ihr hättet an Land ziehen können«, schloss Neferti und drückte Simon noch einmal an sich.
    Mit einem lauten Freudenschrei kam nun auch die kleine Krähe vom Mastkorb auf Simon zugeflogen. Sie setzte sich auf seine Schulter.
    Simon atmete auf. Wie gut es tat, seine Freunde um sich zu haben. Doch nun, während er das Gefieder der kleinen Krähe streichelte, stellte er die Frage, die ihn am meisten beschäftigte: »Wo ist mein Vater?«
    Caspar blickte erst zum Meer hinaus, dann wieder in Simons Augen. »Wie soll ich dir das sagen …«
    »Ja?«
    »Der Schattengreifer hat ihn mitgenommen.«
    »Mitgenommen?« Da war sie wieder, Simons panische Angst. »Wohin?«
    »Kaum, dass du weg warst, sagte er nur etwas von einem Neuanfang«, erklärte Nin-Si. »Und dann hat er seinen Umhang um deinen Vater geworfen, und dein Vater
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher