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Schattenfluegel

Schattenfluegel

Titel: Schattenfluegel
Autoren: Kathrin Lange
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schon wieder.
    Der Akku war endgültig leer!
    »Verdammt!«, flüsterte Kim.
    Schritte wurden hinter ihr laut. Langsam drehte sie sich um, das nutzlose Handy in ihrer Hand.
    Ein Schatten erschien in der Küchentür. Kim sackte in sich zusammen.
    »Das war wohl nichts«, sagte Sigurd.
    »Stimmt!«, meinte da eine Frauenstimme.
    Kim glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen. Frau Keller! Sie stand ein paar Meter hinter Sigurd. Das grelle Licht einer Taschenlampe blitzte auf. Es blendete Kim, sodass sie nicht erkennen konnte, was die Kommissarin in der Hand hielt, aber es sah nach einer Waffe aus. »Lassen Sie das Messer fallen und nehmen Sie die Hände hoch, Herr Steinhauer!«, befahl sie.
    Kim rappelte sich auf die Füße. Während das Messer auf die Fliesen klapperte, sah sie mehrere weitere Schatten, die sich im Saal verteilten. Pistolen glänzten im Mondlicht, das durch die kaputten Fenster ins Innere des Gebäudes fiel.
    Die Polizei!
    Kim stützte sich auf der Anrichte ab. Ihre Knie zitterten vor Erleichterung.
    Frau Keller übergab Sigurd an zwei ihrer Kollegen, dann kam sie zu Kim. »Alles in Ordnung?« Sie leuchtete Kim mit der Taschenlampe ins Gesicht.
    Kim blinzelte. »Ja.« Hinter Kim klickten die Handschellen. »Lukas«, ächzte sie.
    »Wo ist er?«
    Kim erzählte es ihr. Frau Keller winkte einen ihrer Kollegen zu sich heran, aber es war nicht nötig, ihn nach unten zu schicken, denn in diesem Moment tauchte Lukas am oberen Ende der Treppe auf. Mehrere Taschenlampen richteten sich auf ihn. In ihrem Licht sah er bleich und erschöpft aus, fast wie ein Geist. Er hatte eine hässliche Wunde am Hinterkopf und sein T-Shirt war völlig durchnässt von seinem Blut. Stöhnend stützte er sich am Türrahmen ab, um nicht zusammenzuklappen, aber auf seinem Gesicht lag ein erleichtertes Grinsen. »Du hast einen Schlag wie Mike Tyson!«, sagte er mit heiserer Stimme zu Kim.
    Sie flog auf ihn zu.
    Beinahe hätte sie ihn von den Beinen gerissen, als sie ihn an sich zog. Keuchend legte er den Arm um sie. »Nicht so stürmisch, bitte!«, murmelte er und stützte sich schwer auf sie.
    »Sigurd hat Nina und Marie umgebracht«, sagte Kim zu Frau Keller. »Er hat mir alles erzählt. Er hat Lukas’ Haar an Maries Leiche platziert, um den Verdacht auf ihn zu lenken. Ich …«
    »Schon gut, schon gut.« Lächelnd hob Frau Keller die Hand. »Du kannst uns das alles später erzählen.« In der Ferne wurden Sirenen laut. »Da kommt der Notarztwagen«, sagte die Kommissarin. »Jetzt kümmert sich erst mal jemand um euch. Alles Weitere wird sich finden.«
    Sie wandte sich zu ihren Kollegen um. Zwei davon hatten Sigurd in ihre Mitte genommen. Finster starrte er Kim an und auf einmal war das Irre aus seinen Augen verschwunden. Fast wirkte er wieder wie ihr vertrauter Sigurd, aber eben nur fast. Da war plötzlich etwas in seinem Gesicht, das sie früher nie gesehen hatte. Etwas Wölfisches.
    Hatte Nina das auch erkannt, bevor sie starb?
    Hatte sie in ihrem Gedicht am Ende gar nicht Lukas sondern Sigurd gemeint?
    All das ging Kim durch den Kopf, während sie Sigurds Blick standhielt, bis er sich endlich abwendete. Als er abgeführt wurde, lief ihr ein letzter kalter Schauer über den Rücken.
    Zwei Sanitäter in leuchtend orangefarbenen Klamotten und ein Arzt im Anzug kamen in den Saal gestürzt.
    Kim sah Frau Keller an. »Woher wussten Sie, dass Sie herkommen müssen?«, fragte sie.
    Die Sanitäter begannen, sich als Erstes um Lukas zu kümmern, der sich nun von Kim löste. Sie stützten ihn und führten ihn zu einem der Holzklötze, um ihn untersuchen zu können. Er machte sich aus ihrem Griff los, als er Kims Frage hörte, und hielt sein eigenes Handy in die Höhe.
    »Ich habe sie angerufen«, sagte er noch immer heiser. »Du schlägst zwar wie Mike Tyson. Aber ich habe einen ziemlich harten Schädel.«

Kapitel 24
    Es klingelte an der Haustür und Kim ging hin, um zu öffnen. Draußen stand Doris Keller. Sie hielt eine halb gerauchte Zigarette in der Hand, die sie nun rasch auf den Gehwegplatten vor dem Haus ausdrückte und dann in ihrer Tasche verschwinden ließ.
    Schief grinsend sah sie Kim an. »Das muss ich mir unbedingt abgewöhnen«, sagte sie. Sie sah ausgeschlafen aus und zufrieden. Die zwei gelösten Mordfälle schienen sie glücklich zu machen.
    »Kommen Sie rein!« Kim öffnete die Tür ganz und ließ die Kommissarin eintreten. Sie waren verabredet. Frau Keller hatte sich telefonisch angekündigt, um Kim und Johanna zu
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