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Die Braut des Satyrs

Die Braut des Satyrs

Titel: Die Braut des Satyrs
Autoren: Elizabeth Amber
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    1
    Erdenwelt, Paris, Frankreich, im November 1823
    I m Zwielicht schlich Lord Lyon Satyr jagend durch die Pariser Straßen. Er atmete tief ein, prüfte die Luft, in der er den Geruch des Flusses, von Kaminrauch und möglicher weiblicher Beute wahrnahm. Das Blut seiner Vorfahren strömte in seinen Adern und weckte jenes fleischliche Verlangen in ihm, das unentbehrlich war, damit seine Art überlebte.
    Da König Feydon seinen Samen gestreut hatte, wo er ihn nicht hätte streuen sollen, würde Lyon sich bald an eine Braut ketten müssen, die er sich nicht ausgesucht hatte. Eine, von der er weder den Namen kannte noch wusste, wie sie aussah, die zu suchen er jedoch eigens aus der Toskana angereist war.
    Feydon gemäß schwebten dessen drei Halbfeentöchter in Gefahr, und die Zeit drängte. Nicholas, Lyons ältester Bruder, hatte die erste Tochter binnen Wochen außerhalb Roms aufgespürt und rasch geheiratet. Unlängst dann hatte Raine die zweite Tochter in Venedig gefunden und sie unter seinen Schutz gestellt.
    Nun fiel Lyon die Aufgabe zu, die dritte Tochter hier in Paris ausfindig zu machen. Doch morgen wäre noch genügend Zeit, um dieser Pflicht nachzukommen. Heute Nacht brauchte er etwas ganz anderes.
    Diese erste Nacht in Paris könnte seine letzte Nacht in Freiheit sein, und er hatte vor, sie zu genießen.
    Ein Rufen ließ ihn aufmerken. Weiter vorn, auf dem Pont Neuf, herrschte einiger Aufruhr. Die berühmteste Seine-Überquerung wurde von den Parisern als »neue Brücke« bezeichnet, obgleich sie schon vor zweihundert Jahren erbaut worden war.
    Lyon bewegte sich auf den Tumult zu, wobei er die Reihe der eleganten Stadthäuser entlang des Quai de Conti hinter sich ließ und auf die andere Seite des Flusses wechselte. Mit Einsetzen der Dunkelheit packten die schwarzgewandeten Straßenbuchhändler ihre unverkauften Waren in Kisten. In den Tiefen des Kanals unter ihnen kroch der Fluss wie Molasse dahin und schnitt eine Schlangenlinie durch die Stadt.
    Lyon wurde in seinem Hotel erwartet. Sein Gepäck hatte er vorausgeschickt, und von hier aus konnte er binnen einer halben Stunde dort sein. Was bedeutete, dass er seinen Schwanz schon in einunddreißig Minuten in eine herbeigerufene Nebelnymphe versenken könnte. Zweifellos hätten seine Brüder an seiner Stelle den direkten Weg dorthin eingeschlagen, denn das wäre das Klügste. Das Vernünftigste.
    Doch anders als seine Brüder wollte Lyon Abwechslung, sowohl was den Ort als auch die Partnerinnen betraf. Was wiederum Risiken barg.
    Nun stand er auf der Brücke. Halbrunde Ausbuchtungen befanden sich zu beiden Seiten, von denen sich nach und nach die Kunden wie auch die Händler mit ihren Parfüms, ihren Fächern, dem billigen Schmuck und dem
Fromage
entfernten. An ihre Stelle traten Straßenkünstler, Maronenverkäufer und Scharen außergewöhnlich vergnüglich gestimmter Pariser. Taschendiebe und Prostituierte mischten sich unter die elegant Gewandeten, um sich leichte Beute oder zahlungskräftige Freier zu suchen.
    Als Lyon sich seinen Weg zwischen ihnen hindurchbahnte, drehten sich Damen jedweden gesellschaftlichen Ranges zu ihm um. Das wohlgeübte feminine Auge wusste problemlos seinen Wert wie auch seine sexuelle Leistungsfähigkeit zu beurteilen. Lyon war größer als seine Brüder und mit so bemerkenswert schönen maskulinen Zügen gesegnet, dass Damen bei seinem Anblick schon ohnmächtig geworden waren. Folglich war die Aufmerksamkeit, die ihm heute Abend zuteil wurde, nichts Neues für ihn. Ja, er nahm sie kaum wahr.
    Ein Paar ging an ihm vorbei, und von dem wippenden Rock der Frau wehte eine Wolke ihres natürlichen Duftes auf. Lyon inhalierte sie und schloss für einen winzigen Moment genüsslich die Augen. Das Parfüm vermengte sich mit dem anderer namenloser Damen zu einem Gemisch aus wächsernen Pomaden, würzigen Essenzen aus Sprühflakons und menschlichem Moschus: eine schwindelerregende Kombination für einen Mann, der bereits von Lust angetrieben war.
    Flüstern drang an sein Ohr. Als er sich umdrehte, stellte er erschrocken fest, dass ihm mindestens ein halbes Dutzend Frauen folgte. Und sie alle sahen ihn an wie das begehrteste Filetstück in der örtlichen Metzgerei.
    Lyon blieb stehen, was seine Entourage als Aufforderung nahm, ihn einzukreisen. Hände in hübschen Handschuhen tätschelten seine Arme, seinen Rücken, sein Haar.
    »Bon soir, monsieur.«
    »Bienvenue, monsieur.«
    »Est-ce que je peux vous aider?«
    Ein unangenehm kühler
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