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Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Titel: Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches
Autoren: Ephraim Kishon
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    EPHRAIM KISHON
     
     
    Kein Applaus für Podmanitzki
    Satiren
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Weltbild Verlag
    Ins Deutsche übertragen von Friedrich Torberg
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Genehmigte Sonderausgabe für Weltbild Verlag GmbH, Augsburg 1993
    Druck und Binden: Presse-Druck- und Verlags- GmbH, Augsburg
    Printed in Germany
    ISBN 3-89350-502-4
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Dieses Buch ist ein fröhlicher Nachruf. Sein Anlaß weilt noch unter den Lebenden. Es handelt sich um das Theater. Man darf ruhig sagen, daß das Theater zu den ältesten Institutionen der Menschheit gehört. Schon die Vertreibung aus dem Paradies wies alle Anzeichen einer Theatervorstellung auf, wobei die beiden Hauptdarsteller einen geradezu unglaublichen Dilettantismus an den Tag legten und der Engel mit dem Flammenschwert ein völlig überflüssiges Pathos. Sehr überzeugend wirkte hingegen die Schlange, zumal im pantomimischen Teil ihrer Rolle; aber Schurken zu spielen ist ja immer sehr dankbar.
    Seither befindet sich die Menschheit auf Tournee, und das Niveau ihrer Darbietungen ist nach wie vor erbärmlich. Die eigentlichen Schwierigkeiten begannen, als der Mensch entdeckte, daß er Publikum braucht. Irgendwann in grauer Vorzeit hatte ein Affe, der in einer halbdunklen Höhle hockte, die Hände gegeneinander geschlagen und damit den Applaus erfunden. Eine wahre Kettenreaktion war die Folge. Der Mensch beschloß den Bau einer sogenannten »Bühne«, eines nach drei Seiten abgeschlossenen und nach vorn geöffneten Raums, in dem er sich unnatürlich bewegte. Er beschloß ferner, die Worte, die er sprechen wollte, vorher festzulegen, aber gleichzeitig so zu tun, als wären sie ihm eben erst eingefallen. Der Enthusiasmus, mit dem er dieser Vorstellung oblag, übertrug sich auch auf die Zuschauer, die ihrerseits so taten, als ob sie an diesen absurden Vorgang glaubten. Witwenschänder und Unterdrücker von Waisenkindern vergossen bittere Tränen, wenn auf der Bühne eine Witwe geschändet oder ein Waisenkind unterdrückt wurde. Sogar die Witwen und Waisen selbst fanden Gefallen daran. »Ganz wie im Leben«, sagten sie. »Genauso geht's in Wirklichkeit zu.« Es war, alles in allem, kein schlechter Start.
    Nach und nach entwickelte sich die Gepflogenheit, daß die Zuschauer, um zuschauen zu dürfen, Eintrittsgeld zahlten und daß die Schauspieler berühmt wurden, teils um ihres Könnens und teils um ihrer Trunksucht willen, welche organisch zum Schauspielerberuf gehört. Erwachsene Menschen begannen für das Theater zu schreiben, Könige verlangten immer mehr von den blutigen Gewalttaten zu sehen, die ihre verkleideten Gegenstücke auf der Bühne aufführten (und hofften dabei etwas zu lernen), auch der Adel wollte dabei sein, wenn die Könige im Theater saßen, und die breiten Massen folgten nach. Das Theater blühte und gedieh.
    Eines Tags erfand Edison das Kino. Er erfand es nicht mit dem Ziel, das Theater abzuschaffen, aber alles deutete darauf hin - vollends als sich erwies, daß man für die Darbietung eines Stücks keinen nach drei Seiten abgeschlossenen Raum brauchte und daß man es in Konservenform aufbewahren konnte. Noch wichtiger war die Entdeckung, daß man keinen Babysitter mehr engagieren mußte, um einer Vorstellung beizuwohnen. Man bekam sie jetzt durch den Äther direkt ins Eigenheim geliefert und konnte während dessen ein Fußbad nehmen oder Popcorn kauen.
    Das Ende des Theaters ist unabwendbar. Ein paar Musicals bringen noch Geld ein, ein paar Regierungen halten ihre Nationalbühnen noch durch Subventionen am Leben, aber den Durchschnittsbürger, der während seines Fußbads Popcorn kauen will, interessiert das nicht. Während die Kilowattstärke der modernen Scheinwerfer auf 80000 stieg, sank die Anzahl der Zuschauer auf fatale Weise. Das Theater liegt im Sterben. Allerdings stirbt es nur in seinem nach vorn geöffneten Teil, im immer spärlicher besetzten Zuschauerraum. Auf der anderen Seite der Barrikade, hinter der Rampe und in den Kulissen, geht der Betrieb weiter wie eh und je. Es ist ein wirkliches Wunder. Es gibt immer noch die gleiche Anstrengung für die gleichen Aufführungen, es herrscht immer noch die gleiche Aufregung bei der gleichen Anzahl von Schauspielern - egal, ob sie durch das Loch im Vorhang ein überfülltes Parkett sehen oder nur den Kritiker I. L. Kunstetter und ein Dutzend Freikartenbesitzer.
    Dieses Buch
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