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Schattenfeuer

Schattenfeuer

Titel: Schattenfeuer
Autoren: Kristen Callihan
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Decke. »Nun, es ist vorbei. Er ist fort, und wir werden nicht heiraten.« Trostlosigkeit lag wie ein Klumpen Eis in ihrer Brust.
    Im Zimmer wurde es still. Stille war nicht, was sie wollte. Stille ließ die Erinnerung an Gespräche ein, die besser in der Vergangenheit blieben. Martins Stimme klang ihr mit kristallener Klarheit in den Ohren.
    »Er hat mich ein Monster genannt«, flüsterte sie. Sie würde nicht weinen.
    »Dieses verdammte, wertlose, elende Stück Scheiße!« Schwankend versuchte Billy erneut, sich aufzusetzen, aber er war zu schwach und fiel mit einem Fluch wieder zurück in die Kissen. »Der ist doch bloß angepisst, weil du ihn brutzeln kannst wie Fisch mit Fritten.«
    Sie lächelte humorlos. »Er hat Angst vor mir, weil ich ihn brutzeln kann, bis er aussieht wie knusprig frittiertes Dorschfilet.« Das Lächeln verblasste. »Weil ich nicht normal bin.« So fühlte es sich also an, wenn man ganz allein war. Es tat weh, weh genug, um das Atmen zu einer schwierigen Aufgabe werden zu lassen.
    »Willst du, dass ich ihn fertig mache?« Billys Augen funkelten. »Ich kenn da ’n paar gute Vollstrecker, die geben ihm Keile, bis er nur noch’n Fleck auf dem Pflaster ist, ja?«
    Sie sprang auf und stieß sich vom Bett ab. »Wenn es jemanden gibt, dem sie … Keile geben sollten, dann bist du das.« Vor Empörung blieb ihm der Mund offenstehen. »Das Ganze ist schließlich deine Schuld. Du hast versucht, mich zu vergewaltigen! Gott, ich hätte dich verbrennen lassen sollen. Ich hätte weglaufen sollen, und niemand hätte irgendetwas bemerkt.«
    Ihre Wut war etwas Heißes, das in ihrer Brust anschwoll. Martin hatte sie verlassen, ohne auch nur zurückzublicken. Elender, nichtsnutziger Bastard. Er hatte sie völlig allein gelassen. Heftig biss sie sich auf die zitternde Lippe. Verdammt nochmal, sie wollte nicht weinen. Diese kleine Ratte Billy hatte recht, Weinen war etwas für Kinder und Schwachköpfe.
    »Aber du hast mich nicht verlassen, oder?« Billys Stimme war unerwartet sanft. »Das muss doch auch was zählen. Oder nicht?« Er runzelte die Brauen. »Nicht viele hätten so ’ne flohverseuchte Haut wie meine gerettet.«
    »Ich sollte dich jetzt gleich mitsamt dem Bett verbrennen«, murmelte sie ohne Hitze.
    Nun lachte Billy. »Aye, schätze, das solltest du. Hör mal«, setzte er an, und sein langes Gesicht nahm eine hübsche rote Färbung an. »Ich war ’n Arschloch, ja? Dass ich dich so angegangen bin.«
    Misstrauisch blickte sie ihn von der Seite an. »Ja, das warst du.«
    Er sank tiefer in die Kissen. »Stimmt, ein Riesenarschloch. Ich … Scheiße. Es tut mir leid, ja?«
    Miranda seufzte. »Mir auch. Alles.« Ihr Körper fühlte sich zu schwer an, um ihn aufrecht zu halten. »Ich hole etwas Laudanum.«
    Sie sah ihn nicht an, als sie zur Tür ging. Sie würde in der Abgeschiedenheit eines anderen Zimmers weinen und ihn dafür verfluchen, dass er sie dazu gebracht hatte, sich bemitleidenswert zu fühlen.
    »Miranda.«
    Der unerwartete Gebrauch ihres Namens ließ sie vor Verblüffung stehen bleiben.
    Billys Miene war hart und unerbittlich, als er ihren Blick festhielt. Es war das Gesicht des Verbrechers, des Mannes, der ihr in jener Gasse das Blut in den Adern erst gefrieren und dann zu Recht hatte lodern lassen. »Wir sind alle Monster, Liebes. Jeder einzelne von uns. Manche von uns haben zufällig nur hübschere Gesichter, um sich dahinter zu verstecken, das ist alles.«
    #
    In einem Zug irgendwo in Maryland,
Vereinigte Staaten von Amerika, April 1881
    Mit müden Knochen und einem eigentümlichen Gefühl der Gereiztheit saß Archer im Zug, der ihn gemächlich wieder nach New York City zurückbrachte. Er hatte dort Geschäftliches zu erledigen. Und danach? Würde er nach London gehen? Oder sich fernhalten? Er konnte sich nicht entscheiden. Seine Welt fühlte sich schief an, so als habe sich ihre Achse in eine andere Richtung geneigt. Er träumte nicht mehr von Miranda. Ganz gleich, wie angestrengt er sich auch bemühte, sie wollte nicht mehr zu ihm kommen.
    In der Folge schlief er kaum noch. Welchen Sinn hatte es, wenn der Schlaf zu einer schwarze Leere geworden war? Es machte ihn ärgerlich, ja sogar unwirsch, dass ihm diese eine letzte Freude verwehrt wurde. Verdammt nochmal, er brauchte sie.
    Sein Spiegelbild flackerte in dem großen Panoramafenster seines privaten Salonwagens auf, als der Zug in einen Tunnel fuhr, und er verschloss die Augen vor dem Anblick.
    Komm zurück zu mir, Archer.
    Danach
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