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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume
Autoren: Karin Slaughter
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wissen, dass er es nicht war.»
    Hoss ließ seinen Bericht sinken. «Was sagst du da, Junge?»
    «Eric Kendall hat eine Blutkrankheit.»
    Er senkte den Blick wieder, als suchte er etwas auf dem Papier. «Ist das so?»
    «Er ist Ihr Kind, nicht wahr?»
    Hoss antwortete nicht, aber Jeffrey sah, wie der Bericht, den er in der Hand hielt, leicht zitterte.
    «Sie haben mir mal erzählt, dass Sie zur Armee wollten, nachdem Ihr Bruder gefallen war, aber man hat Sie aus gesundheitlichen Gründen ausgemustert.»
    «So?»
    «Warum sind Sie ausgemustert worden?»
    Hoss zuckte die Achseln. «Plattfüße. Das weiß jeder.»
    «Sind Sie sich sicher, dass es nicht doch etwas anderes war? Etwas, womit Sie nicht mal bei der Polizei sein dürften, wenn es rauskäme?»
    «Jetzt reicht’s aber, Junge», sagte er in einem Ton, der verriet, dass er das Gespräch beenden wollte.
    Jeffrey gab nicht nach. «Sie hatten ständig Nasenbluten. Und Zahnfleischbluten, einfach so. Ich hab gesehen, wie Sie sich an einem Blatt Papier geschnitten haben, es hat zwei Tage lang geblutet.»
    Hoss lächelte müde. «Das heißt nicht   –»
    «Lügen Sie mich nicht an», knurrte Jeffrey, Wut brodelte in seinem Bauch. «Sie können alles sagen, und niemand außer uns soll es je erfahren. Aber wagen Sie es nicht, mich anzulügen.»
    Hoss zuckte die Achseln, als wäre nichts dabei. «Sie war eine Nutte. Das weißt du doch.»
    «Sie war erst sechzehn.»
    «Siebzehn», berichtigte Hoss. «Ich habe kein Gesetz gebrochen.»
    Er widerte Jeffrey an, und vielleicht war es ihm anzusehen, denn Hoss versuchte es über eine andere Schiene.
    «Hör mal zu», sagte er. «Es sind schwierige Zeiten gewesen, damals. Das Mädchen hat jemanden gebraucht, der sich um sie kümmert.»
    Jeffrey wurde übel. Als Polizist hatte er diese Ausrede bereits von tausend schmutzigen alten Männern gehört, doch die Worte aus Hoss’ Mund zu hören, traf ihn wie ein Schlag in den Magen. «Sich um sie kümmern heißt nicht, sie vögeln.»
    «Pass auf, was du sagst», warnte Hoss, als sei Jeffrey ihm noch immer Respekt schuldig. «Komm schon, Slick, ich hab mich um sie gekümmert.»
    «Wie?»
    «Ich hab dafür gesorgt, dass ihr Daddy sie nicht anrührt, zum Beispiel», erklärte Hoss. «Und glaubst du etwa, ihre Mutter hat das Geld dafür rausgerückt, dass sie weggeht und das Baby kriegt?»
    «
Ihr
Baby, Sir.»
    Er zuckte die Achseln. «Wer wusste das schon? Hätte meins sein können, hätte deins sein können.»
    «So ein Dreck.»
    «Es hätte von jedem sein können, will ich damit nur sagen. Sie hat es mit der gottverdammten halben Stadt getrieben.» Er zog ein Taschentuch heraus und putzte sich die Nase. «Hätte auch von ihrem Daddy sein können, soweit ich weiß.»
    Jeffrey starrte den verräterischen Blutstropfen an, der aus Hoss’ Nase rann. Er wirkte immer so überlegen, dochwenn Jeffrey zurückdachte, hatte der alte Mann immer, wenn er unter Druck stand, Nasenbluten bekommen.
    Jeffrey sagte: «Sie haben ihr das Medaillon gegeben, nicht wahr?»
    Hoss betrachtete das Taschentuch, bevor er es sich wieder an die Nase hielt. «Es hat meiner Mutter gehört. Schätze, ich hatte meinen großzügigen Tag.»
    Jeffrey fragte sich, was Hoss für das Mädchen empfunden hatte. Wenn man ein Mädchen nur benutzte, schenkte man ihr keinen Schmuck, vor allem nicht, wenn er von der eigenen Mutter war. Er hakte nach. «Warum haben Sie sie nicht einfach geheiratet?»
    Hoss lachte über den Vorschlag, und ein paar winzige Blutstropfen spritzten auf das Taschentuch. «Wach auf, Slick. So jemand heiratet man doch nicht.» Er zeigte auf die Tür, in Richtung Sara. «Das ist eine Frau zum Heiraten.» Er ließ die Hand sinken. «Jemand wie Julia, das ist die Art von Frau, die du vögelst, und hinterher betest du, dass du dir nichts eingefangen hast.»
    «Wie können Sie nur so über sie sprechen? Sie ist die Mutter Ihres Kindes.»
    «Das sagst ausgerechnet du.»
    «Was soll das heißen?»
    «Nichts», antwortete er, doch Jeffrey hatte das Gefühl, er hielt etwas zurück. «Hör zu, wir hatten einfach ein bisschen Spaß miteinander.»
    «Sie war viel zu jung, um zu wissen, was Spaß ist.» Jeffrey stand auf. «Haben Sie sie umgebracht?»
    «Das fragst du doch nicht im Ernst.»
    Jeffrey schwieg. Er hatte die Antwort in Hoss’ Augen gelesen. Seine ganze Welt stand plötzlich Kopf. Der Mann, den er für gut und anständig gehalten hatte, war tatsächlichein mieser Dreckskerl. Hätte er Hoss im Befragungsraum
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