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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume
Autoren: Karin Slaughter
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«Geduld war immer meine
    Stärke.»
    «Kann ich bestätigen.»
    «Außerdem warst du das Warten wert.»
    «Sag mir das in zehn Jahren nochmal.»
    «Das mache ich», versprach sie. «Das mache ich.»
    Er sah hinunter auf seinen verletzten Arm, und sie
    wollte ihn schon daran hindern, die Schlinge abzunehmen.
    Doch stattdessen nahm er ihre Hand und betrachtete sei‐
    nen College‐Ring an ihrem Finger. Als auf dem Revier die Hölle losbrach, hatte sie den Ring aus Angst, die Männer würden Jeffrey daran identifizieren, an sich genommen,
    im Krankenhaus, als Jeffrey im OP war, hatte sie fast eine Blase am Finger, so stark hatte sie an dem Ring gedreht, wie an einem Talisman, den sie beschwören konnte.
    «Willst du ihn wiederhaben?», fragte sie.
    Er versuchte, ein unbeteiligtes Gesicht zu machen.
    «Willst du ihn mir zurückgeben?»
    Sara sah den Ring an und dachte an alles, was dazu ge‐
    führt hatte, dass sie ihn jetzt trug. So albern es war, sie wusste, dass es Jeffrey etwas bedeutete, wenn sie ihn trug,
    genau wie jedem anderen Einwohner von Grant County.
    Sie sagte: «Ich werde ihn nie wieder abnehmen.»

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    Er lächelte, und das erste Mal seit ewigen Zeiten hatte
    Sara wieder das Gefühl, dass alles gut werden würde.
    Jeffrey schien das Gleiche zu fühlen. Er versuchte sie
    aufzuziehen: «Vielleicht solltest du ihn abnehmen, wenn
    du im Garten umgräbst.»
    «Hm», antwortete sie. «Vielleicht hast du Recht.»
    Er berührte ihren Daumen. «Oder wenn du deinem Dad
    zur Hand gehst.»
    «Ich könnte Isolierband drum wickeln, damit er besser
    passt.»
    Er lächelte und zog an dem Ring. Es bestand keine
    Gefahr, ihn zu verlieren. «Du weißt doch, was man über
    große Hände sagte ...», begann er. Als sie nicht antwortete,
    schloss er: «Große Füße.»
    «Haha», sagte sie und nahm sein Gesicht in beide
    Hände. Bevor sie es selbst wusste, hatte sie ihm die Arme um den Nacken geschlungen und hielt ihn fest, als hinge
    ihr Leben davon ab. Jedes Mal, wenn sie daran dachte, wie
    nah sie daran gewesen war, ihn zu verlieren, wallte eine unbändige Verzweiflung in Sara auf.
    «Alles ist gut», sagte er, doch er schien es mehr zu sich selbst zu sagen. Sie wusste, er dachte daran, was sie das erste Mal hierher geführt hatte.
    Sie zwang sich, ihn loszulassen, und fragte: «Bist du bereit?»
    Er blickte sich nach dem Friedhof um und drückte die
    Schultern durch, so gut es ging.
    Sara rutschte von der Motorhaube, doch er sagte:
    «Nein, das hier muss ich allein tun.»
    «Sicher?»
    Er nickte und ging in Richtung Friedhof.
    Sara setzte sich in den Wagen. Sie ließ die Tür offen ste-475
    hen, um in der Hitze nicht zu ersticken. Sie betrachtete den Ring, drehte ihn, sodass sie den eingravierten Football
    an der Seite sehen konnte. Wie alle Mannschaftsringe war
    er riesig und potthässlich, doch in diesem Moment schien
    er ihr das schönste Schmuckstück, das sie je gesehen hatte.
    Sie sah auf und folgte Jeffrey mit Blicken den Hügel
    hinauf. Er zerrte an der Schlinge, dann streifte er sie ab und stopfte sie sich in die Tasche.
    «Jeffrey», mahnte sie, doch er konnte sie nicht hören. Es war weniger die Schlinge, die ihn so sehr störte, als der Eindruck von Schwäche, den sie erzeugte.
    In der hinteren Ecke des Friedhofs blieb er vor einem
    kleinen Marmorstein stehen. Sie wusste, dass Jeffrey jetzt wahrscheinlich an den Marmor von Sylacauga dachte, an
    den unterirdischen Fluss und die Baumwollspinnereien.
    Und sie wusste auch, dass das Ding, das er aus seiner Tasche zog, ein kleines goldenes Medaillon war.
    Jeffrey öffnete das Herz und warf einen letzten Blick auf
    Eric, dann legte er das Medaillon auf Julias Grabstein und lief den Hügel hinunter zurück zu Sara.

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    DANKSAGUNG

    Sylacauga ist ein hübsches kleines Städtchen am Fuß der
    Cheaha Mountains mitten in Alabama. Es gibt dort einen
    Sheriff und ein Polizeirevier und eine Bevölkerung von
    rund 12000 Menschen, die sich beim Lesen dieses Buchs
    sicherlich fragen werden, ob ich wohl je einen Fuß in ihre Stadt gesetzt habe. Ich versichere Ihnen: Ja, ich war da. Aber
    weil es sich hier um einen Roman handelt, habe ich mir bei
    der Verwendung von Straßennamen, Gebäuden und Ört‐
    lichkeiten einige Freiheiten genommen. Wie in so vielen
    kleinen Städten – überall auf der Welt – findet sich auch in
    Sylacauga ein ganz eigenes Gemisch aus freundlichen, gu‐
    ten Menschen und vereinzelten schwarzen Schafen. Mehr
    über Sylacauga kann man auf der
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