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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume
Autoren: Karin Slaughter
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um.»
    Lena wimmerte und versuchte, Luft zu bekommen.
    «Hau ab», sagte er dann und stieß sie hinaus auf den
    Flur. Er knallte die Tür mit solcher Wucht zu, dass die Pinnwand, die außen hing, zu Boden fiel.
    Lena streckte die Hand nach der Wand aus und ver‐
    suchte sich aufzurichten. Schmerzen schossen ihr durch
    die Eingeweide, und sie spürte, wie ihr die Tränen kamen.

    467
    Zwei Studenten standen am Eingang des Flurs, und Lena
    versuchte, so aufrecht wie möglich an ihnen vorbeizu‐
    gehen. Sie schaffte es, Haltung zu bewahren, bis sie hinter
    dem Wohnheim war, im Wald, wo sie keiner sehen konnte.
    Hier lehnte sie sich an einen Baum und sank zu Boden.
    Die Erde war matschig, aber es war ihr egal.
    Sie schaltete ihr Handy ein, wartete, bis sie ein Signal bekam, dann wählte sie eine Nummer. Tränen liefen ihr
    über das Gesicht, als sie das monotone Tuten horte.
    «Hallo?»
    Lena machte den Mund auf, doch sie konnte nur wei‐
    nen.
    «Hallo?», fragte Hank, und dann – da nicht viele Men‐
    schen infrage kamen, die ihn mitten am Nachmittag heu‐
    lend anriefen –: «Lee? Liebes, bist du das?»
    Lena schluckte. «Hank», brachte sie schließlich heraus.
    «Ich brauche dich.»

    468

    EPILOG

    Sara saß auf der Motorhaube und blickte auf den Fried‐
    hof. Trotz der Tatsache, dass Deacon Whites Bestat‐
    tungsinstitut von einem Konzern aufgekauft worden war,
    hatte sich hier in den letzten Jahren nichts verändert. Die geschwungenen, grünen Hügel und die weißen Grabsteine, die wie abgebrochene Zähne dastanden, sahen noch
    genau wie damals aus.
    Sara hatte das Gefühl, sie könnte nicht schon wieder ein Grab sehen. In der letzten Woche war sie auf einer Beerdigung nach der anderen gewesen und hatte um die Männer
    und Frauen getrauert, die Sonny und Eric Kendalls Amok‐
    lauf zum Opfer gefallen waren. Marilyn Edwards hatte
    den Schuss im Waschraum des Reviers überlebt, und es
    sah so aus, als würde sie durchkommen. Sie war stark,
    doch sie war eine der Ausnahmen. Die meisten der ande‐
    ren Opfer waren gestorben.
    «Die Stadt sieht anders aus», sagte Jeffrey, und für ihn stimmte es vielleicht. Er hatte sich verändert, seit er sie das
    letzte Mal hierher gebracht hatte.
    «Willst du dich wirklich nicht bei Possum und Nell mel‐
    den?»
    Er schüttelte den Kopf. «Ich glaube, ich bin noch nicht
    so weit.» Er schwieg, wahrscheinlich dachte er an seinen

    469
    Sohn und fragte sich einmal mehr, was er für Jared tun
    konnte. «Ich frage mich, ob Robert es gewusst hat.»
    «Also, ich habe es sofort gesehen.»
    «Aber Robert hat nicht mit mir geschlafen», gab er zu‐
    rück. «Verdammt, ich frage mich, was er so macht.»
    «Du könntest versuchen, es rauszufinden.»
    «Wenn er wollte, dass ich es weiß, würde er sich mel‐
    den», sagte Jeffrey. «Aber ich hoffe, wo immer er ist, er hat
    seinen Frieden gefunden.»
    Sara versuchte, ihn zu trösten. «Du hast getan, was du
    konntest.»
    «Ich frage mich, ob er Kontakt zu Jessie hat.»
    «Sie hat ihre Strafe wahrscheinlich langst abgesessen»,
    sagte Sara. Wie sie vorausgesagt hatte, musste Jessie für den Mord an einem wehrlosen Mann nur ein paar Jahre
    absitzen. Ihre Drogen‐ und Alkoholsucht hatten bei der
    Urteilsfindung eine Rolle gespielt, aber Nell glaubte, dass vor allem Roberts sexuelle Orientierung die Jury Jessie
    gegenüber milde gestimmt hatte. Sara konnte nur hoffen,
    dass es heute anders abgelaufen wäre als damals, aber in solchen Kleinstädten wusste man nie.
    «Sie ist wieder in Herd's Gap», sagte Jeffrey. «Sie hat
    mir eine Weihnachtskarte in dem Jahr, als sie rauskam, ge‐
    schickt.»
    «Warum hast du mir nichts davon erzählt?»
    «Zu der Zeit haben wir nicht miteinander geredet», er‐
    klärte er. Es musste kurz nach ihrer Scheidung gewesen
    sein. Dann sagte er: «Drei Tage bevor sie mich aufgespürt haben, ist Lane Kendall gestorben.»
    «Woher weißt du das?», fragte Sara. Sonny Kendall
    hatte sich geweigert, über seine Familie zu sprechen.
    «Der Sheriff hat es mir gesagt.»

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    «Seit wann versorgt Reggie Ray dich freiwillig mit In‐
    formationen?»
    Jeffrey drehte sich um und lächelte sie schief an. «Hast du nicht von seinem ältesten Sohn Rick gehört?»
    «Was?»
    «Er leitet die Theatergruppe drüben an der Corner
    Highschool.»
    Sara lachte so laut, dass sie sich die Hand auf den Mund legte. Selbst wenn Rick eine Frau und zwölf Kinder
    hätte, hätte Reggie die gleichen Vorurteile gegen seinen
    Beruf,
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