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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume
Autoren: Karin Slaughter
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Lena: «Gute
    Arbeit, Detective.»
    «Danke», sagte Lena.

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    «Wenn Sie mal mit den großen Hunden auf die Jagd
    wollen, rufen Sie mich an.»
    Lena sah hinaus auf die Straße, wo die Agenten des GBl
    herumstolzierten, als hätten sie gerade die Menschheit ge‐
    rettet. Sie dachte an Jeffrey und wie er ihr eine zweite Chance gegeben hatte. Genau genommen wohl eher die
    fünfte oder die sechste Chance.
    Sie lächelte Wagner an. «Nein, danke. Ich glaube, ich
    bleibe, wo ich bin.»
    Wagner zuckte die Achseln, als ging es sie nichts
    an. Dann setzte sie das Telefongespräch fort. «Wir müssen
    ihn uns natürlich noch heute Abend vornehmen. Ich will
    nicht, dass er zuerst mit den anderen Häftlingen plaudert und kapiert, dass er einen Anwalt braucht.»
    Mit der gesunden Hand drückte Lena die Tür auf und
    nickte einigen der Männer auf der Straße zu. Hier gehörte sie her. Sie gehörte zu ihnen. Sie war wieder Franks Partnerin. Sie war ein Cop. Verdammt, vielleicht war sie sogar mehr als das.
    Sie lief in Richtung Campus. Jetzt, da die Belagerung
    beendet war, stand der Typ vom Sicherheitsdienst wieder
    bei seinem Wagen Wache. Er tippte an seine Mütze, als sie
    vorbeiging, und Lena nickte ihm großmütig zu.
    Eine willkommene Brise war aufgekommen, als sie die
    Auffahrt zu den Wohnheimen hinauflief. Lena berührte
    ihren Bauch. Sie fragte sich, was darin war, was sie für eine
    Mutter wäre. Nach dem Tag heute hatte sie das Gefühl,
    dass es irgendwie nicht völlig unmöglich wäre.
    Der Campus war wie ausgestorben, die meisten Studen‐
    ten saßen wahrscheinlich vor den Fernsehern oder lagen
    im Bett, dankbar für einen Tag ohne Lehrveranstaltungen.
    Die Innenstadt war noch abgesperrt, doch Lena schätzte, in

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    ein paar Stunden würden alle aus den Löchern kriechen
    und sich am Schauplatz der dramatischen Ereignisse den
    Hals verrenken. Und der Dekan müsste die Anrufe wüten‐
    der Eltern entgegennehmen. Als hätte man irgendetwas
    verhindern können!
    Als Lena Ethan kennen lernte, hatte er in einem extrem
    wilden Wohnheim gewohnt. Aber Nächte durchzufeiern
    und ganze Wochenenden zu versaufen, war nicht sein
    Ding. Es war ihm gelungen, sich mit dem Dozenten anzu‐
    freunden, der die Zimmer verteilte, und er war in einem
    ruhigen Wohnheim gelandet.
    Sie stieg die drei Stufen zu der gemauerten Terrasse
    hoch. Ein paar Stundenten, die das Gebäude verließen, ka‐
    men ihr entgegen. Ethans Zimmer war einmal ein bloßer
    Abstellraum gewesen, und obwohl die Verwaltung an‐
    sonsten keine Bedenken hatte, Studenten wie Büchsen‐
    sardinen zusammenzustecken, war Ethan in seinem Käm‐
    merchen von einem Mitbewohner verschont geblieben. Er
    hatte das Zimmer einmal in Lenas Anwesenheit ausge‐
    messen, und sie hatten überrascht festgestellt, dass es zwei
    fünfzig mal drei fünfzig maß, mehr, als sie erwartet hatten.
    Lena klopfte, dann öffnete sie die Tür. Ethan saß mit
    einem Buch auf dem Bett. In dem kleinen Fernseher im
    Regal liefen Nachrichten, doch der Ton war abgestellt.
    Er fragte: «Was machst du hier?»
    «Du wolltest, dass ich nach der Arbeit vorbeikomme.»
    «Wollte», sagte er. «Vergangenheit. Jetzt nicht mehr.»
    Lena lehnte sich an die Tür. «Weißt du, was ich für
    einen Tag hatte?»
    «Weißt du, was ich für einen Tag hatte?», gab er zurück und schlug das Buch zu.
    «Ethan –»

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    «Ich kümmer mich drum», unterbrach er sie. «Das hast du doch gesagt. ‹lch kümmer mich drum.›»
    «Ich meinte nicht –»
    «Bist du schwanger?»
    Sie starrte ihn an, ein Schmerz regte sich in ihrem
    Bauch. Zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, wollte Lena
    nicht allein sein, selbst wenn das hieß, dass sie sich auf seine Bedingungen einlassen musste.
    «Also?»
    Schließlich sagte sie: «Nein.»
    «Du lügst.»
    «Ich bin nicht schwanger», beharrte sie. Da sie schon
    einmal dabei war, machte sie so weiter: «Ich habe meine
    Tage bekommen, nachdem wir telefoniert haben. Wahr‐
    scheinlich der Stress.»
    «Du hast gesagt, du würdest dich drum kümmern, wenn
    du schwanger wärst.»
    «Aber das bin ich nicht.»
    Er stand vom Bett auf und kam zu ihr. Sie war erleich‐
    tert, bis sie die Faust sah. Er holte aus und schlug ihr in den
    Magen. Lena krümmte sich vor Schmerz, und er drückte
    ihr die Hand auf den Rücken, sodass sie sich nicht auf‐
    richten konnte. Ethan beugte sich herunter und flüsterte:
    «Wenn du dich je um irgendwas kümmerst, was mir ge-hört, bring ich dich
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