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Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Titel: Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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»Ich hörte, wie unten Glas zerbrach«, begann sie.

30
    Tau glitzerte auf dem Gras wie Tausende von kleinen Diamanten. Von ihrem Stuhl auf der Veranda sah Kelsey ihn funkeln. Bald würde die Sonne genug Kraft haben, um ihn verschwinden zu lassen.
    Unten beim Stall wurde mit den Pferden gearbeitet, Ställe ausgemistet und Tröge gefüllt. Ihr Körper schmerzte noch immer stark genug, daß sie froh war über die einwöchige Ruhepause, die ihr der Arzt verordnet hatte.
    Als sich die Tür hinter ihr öffnete, drehte sie sich um und lächelte ihre Mutter fragend an: »Gertie?«
    »Es geht ihr besser. Sie will unbedingt schon aufstehen.« Seufzend nahm Naomi Platz und streckte die Beine aus. Der Gedanke, sich aus der Kaffeekanne, die Kelsey auf den Tisch gestellt hatte, zu bedienen, war verlockend, doch sie konnte sich nicht dazu aufraffen. »Ich habe ihr gesagt, sie soll noch ein, zwei Tage im Bett bleiben. Wenn sie aufsteht, mache ich mir Sorgen.«
    »Sehr gut.«
    »Hauptsache, es hilft. Im Moment kauft sie die Versandhäuser leer. Wie geht es dir?«
    »Solange ich nicht in den Spiegel schaue, gut.« Kelsey schnitt eine Grimasse. In den letzten beiden Tagen waren zwar einige Verletzungen geheilt, dafür schillerten aber die Prellungen in allen Farben des Regenbogens. »Mir kommt alles vor wie ein Traum, und ich weiß nicht, ob ich mich nicht in einem Theaterstück befinde. Ich weiß, daß ich einen Mann umgebracht habe, aber ich empfinde noch nicht einmal Reue.«
    »Versuch’s erst gar nicht. Du hast getan, was du tun mußtest, um dich und mich zu schützen.« Naomi hob ihr Gesicht zur Sonne. »Ich kann mich überhaupt nicht an ihn erinnern. Vermutlich habe ich ihn ab und zu auf der Rennbahn
gesehen, vielleicht sogar mit ihm gesprochen, aber erinnern kann ich mich nicht. Ich denke immer, seine Person hätte sich in mein Gedächtnis einbrennen müssen. Wie ist es möglich, daß ich mich nicht an einen Mann erinnern kann, der mein Leben so nachhaltig beeinflußt hat?«
    »Er hat dir nichts bedeutet. Und das wußte er. Deswegen hat er die Zurückweisung auch nicht vergessen können. Dann fand er einen Weg, es dir heimzuzahlen und auch noch davon zu profitieren.« Sie schob Naomi den Teller mit den Croissants hin.
    »Sun Spot«, murmelte Naomi. »Wie habe ich dieses Pferd geliebt. 0 ja, er hat es mir heimgezahlt.«
    »Sie – Großmutter – hat Alec Bradley benutzt, um es dir heimzuzahlen, daß du Dad geheiratet hast. Und Cunningham hat das auch.«
    »Bill.« Naomi schüttelte den Kopf. »Er ist ein noch viel größerer Idiot, als ich dachte. Und was hat es ihm gebracht, Kelsey? Damals und heute?«
    »Einmal ist er davongekommen. Aber jetzt wird er büßen. Die Polizei und die Rennkommission werden schon dafür sorgen, daß Cunningham für das, was er Sun Spot und Pride angetan hat, bezahlt.«
    »Nach all den Jahren. Niemand hat da jemals eine Verbindung gesehen.«
    »Wenn Gabe nicht zurückgekommen wäre, wäre es damals vielleicht schon zu Ende gewesen mit Lügen und mit Leiden.« Kelsey lächelte, als Naomi in ein Croissant biß.
    »Und daß du dich in ihn verliebt hast, gleicht vieles wieder aus. Wenn ich daran denke, was hätte passieren können . . .«
    »Das ist es aber nicht. Und Rich Slater hat für seine Beteiligung an dem Komplott bezahlt. Der Fall ist abgeschlossen. Es war Notwehr.«
    »Ich schätze, es war dumm von mir, die Polizei anzulügen.« Naomi schob das Croissant beiseite. »Rossi hat mir nicht geglaubt. Ironie des Schicksals, nicht wahr? Einmal habe ich die Wahrheit gesagt, einmal gelogen. Beides hat nicht funktioniert.«
    »Du hast nur versucht, mich zu schützen.« Es war an der Zeit, es auszusprechen, fand Kelsey. Hoffentlich verstand ihre Mutter sie richtig. »Du hast schon einmal versucht, mich zu schützen, als ich noch ein Kind war. Beide Male hattest du recht und unrecht.«
    »Das ist keine einfache Antwort.«
    »Ich habe lange gebraucht, um zu begreifen, daß es nicht immer nur eine Antwort gibt.« Kelsey preßte die Lippen aufeinander, ehe sie fortfuhr. »Ich bin dir dankbar dafür, daß du Milicent schonst. Versteh bitte, wie ich es meine. Ich bin dafür dankbar, obwohl es eine Lüge ist.«
    »Wem würde es jetzt noch helfen, Kelsey, wenn die Wahrheit ans Licht käme und den Rest ihres Lebens zerstörte ?« Das Vogelgezwitscher draußen wirkte beruhigend auf Naomi. »Es würde mir die verlorenen Jahre nicht ersetzen. Es würde Mick, Pride und Reno nicht wieder lebendig machen.«
    »Sie
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