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Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Titel: Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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nicht. Ich lag oben im Bett und schlief. Lärm weckte mich. Noch ehe ich aufstehen konnte, flüchtete sich Kelsey in mein Zimmer. Sie war hysterisch, vollkommen außer sich vor Angst. Ihr Gesicht . . . Ich konnte sehen, wo er sie geschlagen hatte.«
    Entsetzt preßte Naomi eine Hand vor den Mund. Sie hatte geschlafen, während er ihr Kind mißhandelt hatte.
    »Dann hörte ich ein Krachen an der Tür, als ob sich jemand dagegen werfen würde. Ich holte die Pistole aus dem Nachttisch, und als er die Tür aufbrach, erschoß ich ihn.«
    Rossi beobachtete, wie sie ihr Glas mit beiden Händen hob, um es ruhig zu halten.
    »Waren Sie noch im Bett, als Sie schossen, Miss Chadwick?«
    »Ja. Nein.« Sie setzte das Glas ab. Jetzt nur keinen Fehler machen. »Ich stand am Fenster. Ich war schon aufgestanden. Es ging alles so schnell.«
    »Sie sagten, Lärm habe Sie geweckt, aber Ihre Tochter rannte zu Ihnen herein, ehe Sie aufstehen und nachsehen konnten.«
    »Ja.« Warum mußten sie nur immer alles wiederholen? Das hatten sie schon einmal getan, erinnerte sich Naomi. Es zählte nicht, was sie sagte. Es zählte nie.
    »Waren Sie schon im Wohnzimmer, nachdem Sie die Polizei benachrichtigt haben, Miss Chadwick?«
    »Nein.« Naomi preßte die Lippen zusammen. War das eine Falle? Aber wo lag der Haken? »Ich ging gar nicht runter, sondern wartete oben, bis Sie kamen.«
    »Da unten sieht’s aus wie auf einem Schlachtfeld. Blut, zertrümmerte Möbel, alles durcheinander. Ich würde sagen, es dauert einige Zeit, um eine derartige Verwüstung anzurichten. Zeit genug, um aufzustehen und nachzusehen.«
    »Ich . . . ich hatte Angst.« Sollte sie ihm sagen, daß sie eine Schlaftablette genommen hatte? Ja. Nein. »Ich blieb in meinem Zimmer, weil ich Angst hatte.«
    »Mit dem Telefon direkt neben sich und einer Waffe im Nachttisch?«
    Naomi sah ihm fest in die Augen. »Er drang in mein Schlafzimmer ein«, erwiderte sie gleichmütig, »und ich erschoß ihn.«
    »Das stimmt nicht.« Kelsey betrat die Küche. Sie war dankbar, daß Gabe sie stützte, aber sie machte sich jetzt von ihm los. »Sie hat niemanden getötet.«
    »Was machst du denn hier unten?« Entsetzt sprang Naomi auf. »Bring sie nach oben, Gabe. Sie sehen doch, daß sie verletzt ist.« Verzweifelte klammerte sie sich an Rossis Arm. »Sie sehen doch selbst, daß sie verletzt ist. Schauen Sie sich an, was dieser Halunke meiner Tochter angetan hat! Sie steht unter Schock. Sie weiß gar nicht, was passiert ist.«
    »Hör auf.« Kelsey trat zum Tisch. Im grellen Licht konnte man die Wunden und blauen Flecke sehen. »Ich lasse nicht zu, daß du das tust. Es ist nicht nötig und auch nicht richtig.«
    »Setzen Sie sich doch, Miss Byden«, richtete Rossi das Wort an Kelsey, »und dann erzählen Sie mir, was passiert ist.«
    »Nein!« Schnell ging Naomi um den Tisch herum und packte Kelsey am Arm. »Hör mir zu, Kelsey. Du bist verletzt  – verwirrt. Gabe bringt dich ins Krankenhaus, und ich kümmere mich weiter um die Angelegenheit.«
    »Nein.« Kelsey schmiegte sich an ihre Mutter. »Nein, Mom.«
    »Ich lasse nicht zu, daß du dir das antust. Auf gar keinen Fall!« Zitternd zog sie Kelsey an sich. »Du weißt ja nicht, wie das ist. Es ist egal, was du sagst und was passiert ist. Sie werden dich fortbringen, Kelsey. Bitte, bitte, hör auf mich!«
    »Es ist nicht egal«, murmelte Kelsey. »Diesmal ist es anders.«
    O nein, dachte Naomi. 0 nein. »Meine Fingerabdrücke sind auf der Waffe.« Mit steinernem Gesicht wandte sie sich an Rossi. »Die Waffe befand sich in meinem Zimmer, und er wurde in meinem Zimmer getötet. Das sollte wohl ausreichen.«
    »Naomi«, sagte Gabe sanft, »setz dich.«
    »Du hast gesagt, du würdest dich um sie kümmern.« Anklagend drehte sich Naomi zu ihm zu. »Jetzt bring sie doch endlich nach oben!«
    »Miss Chadwick.« Rossi blickte ihr prüfend in die Augen. »Es gibt einen ganz einfachen Test, der beweist, ob Sie oder Ihre Tochter die Waffe abgefeuert haben.«
    »Ich pfeife auf Ihre Tests! Sie stecken meine Tochter nicht in eine Zelle!«
    »Ich glaube, das können wir regeln. Setzen Sie sich. Bitte«, fügte Rossi hinzu.
    »Komm.« Kelsey legte einen Arm um Naomis Schulter. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, das verspreche ich dir.«
    »Möchten Sie einen Brandy, Miss Byden?« fragte Rossi, als sie am Tisch saß.
    Kelsey blickte auf den Cognakschwenker und erschauerte. »Nein, danke. Mir ist der Appetit daraf vergangen.« Sie schöpfte tief Atem.
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