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Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Titel: Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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gefangen, kletterte Naomi aus dem Bett und beugte sich, wie sie es damals getan hatte, über einen toten Mann. Mechanisch fühlte sie nach seinem Puls, ehe sie sich wieder aufrichtete. »Rich Slater?« Verwirrt rieb sie sich die Augen. »Was in Gottes Namen geht hier vor?«
    »Ich habe ihn umgebracht.« Kelsey ließ die Waffe erschöpft sinken.
    Naomi blickte ihrer Tochter ins Gesicht, und erkannte dort Schock, Ungläubigkeit und Angst. Mit aller Gewalt zwang sie sich, ihre wackeligen Beine zu beherrschen.
    »Setz dich, Kelsey. So ist es gut, setz dich hin.« Sanft drückte sie Kelsey auf die Bettkante. Nichts zählte jetzt mehr, außer ihrer Tochter.
    »Gib mir die Pistole. Okay.« Naomi legte die Waffe beiseite. Darum würde sie sich später kümmern. »Jetzt leg den Kopf auf die Knie und atme tief durch. Langsam.«
    »Ich kann nicht. Ich bekomme keine Luft.«
    »Doch, du kannst. Langsam und tief durchatmen. Gut so, mein Liebes.«
    Während Kelsey sich bemühte, ihren Anweisungen zu folgen, legte sich Naomi einen Plan zurecht. »Jetzt sage ich
dir, was wir machen, und ich möchte, daß du gut zuhörst und genau das tust, was ich dir sage. Verstehst du mich?«
    »Er wollte mich umbringen. Er wollte uns beide töten. Und ich habe ihn erschossen. Ich kann mich zwar nicht erinnern, aber ich muß abgedrückt haben.« Sie begann mit den Zähnen zu klappern. »Ich habe ihn erschossen.«
    »Nein. Ich habe ihn erschossen. Sieh mich an, Kelsey.« Liebevoll hob Naomi Kelseys verletztes Gesicht. »O mein Gott!« Schaudernd grub sie die Nägel in ihre Handflächen, bis der Schmerz den Schock vertrieb. »Hör zu, Baby. Er brach hier ein, und er . . .«, sie strich über eine Schnittwunde auf Kelseys Wange, ». . . und er schlug dich, also nahm ich die Pistole und erschoß ihn.«
    »Nein, das stimmt nicht. Ich konnte dich ja gar nicht wachbekommen.«
    »Nein, nein, Baby. Ich bin aufgewacht, als du ins Zimmer kamst. Du wolltest dich hier vor ihm verstecken. Dann hat er die Tür aufgebrochen, und ich mußte ihn erschießen. Ich rufe jetzt die Polizei, und wir werden ihr das und nichts anderes erzählen.«
    »Ich . . .«, Kelsey drückte eine Hand gegen ihren schmerzenden Kopf. »Ich habe nicht . . .« Als sie hörte, wie jemand die Treppe heraufkam, fuhr sie herum und schrie auf.
    »Um Gottes willen!« Gabe sah seinen Vater, dann starrte er auf die beiden im Bett kauernden Frauen. »Kelsey!« Schon war er bei ihr, beugte sich zu ihr hinunter und ergriff ihre wunden Hände. »Was hat er dir getan? Was ist mit deinem Gesicht?« In seinen Augen glomm ein tödlicher Funke: »Ich bring’ ihn um! Mit meinen eigenen Händen bring’ ich ihn um!«
    »Die Arbeit habe ich dir abgenommen«, bemerkte Naomi gelassen. »Gabe, nimm Kelsey und bring sie in ihr Zimmer. Ich muß die Polizei anrufen.«
    »Ich bin okay«, flüsterte Kelsey, aber als sie aufstehen wollte, verschwamm der Raum vor ihren Augen.
    »Du mußt dich hinlegen.« Gabe hob sie hoch. »Ich kümmere mich um dich.« Er schaute sich nach Naomi um und sagte: »Ich werde mich um sie kümmern.«
    »Sorg dafür, daß sie in ihrem Zimmer bleibt, bis ich hier fertig bin.« Naomi griff zum Telefon, das neben ihrem Bett stand.
    »Er stand genau hier«, murmelte Kelsey und erschauerte, als Gabe sie in ihr Zimmer trug und aufs Bett legte.
    »Genau hier. Er hat das Pferd zerbrochen.«
    »Lieg einfach nur still.«
    Kelsey zitterte am ganzen Körper, ihre Pupillen hatten sich klein zusammengezogen, und ihr Gesicht . . . Hilflos ballte Gabe die Fäuste. Ihr Gesicht war verschwollen und zerschlagen. Er wagte nicht, daran zu denken, daß sein eigener Vater ihr das angetan hatte.
    Rasch lief er ins Badezimmer, feuchtete einen Waschlappen an und füllte einen Becher mit Wasser.
    »Hier, Baby.« Sanft schob er einen Arm unter ihren Körper und hielt ihr den Becher an den Mund. »Trink das.«
    »Er war unten.« Ihre Finger krampften sich um einen Zipfel der Bettdecke. »Es war nicht Channing. Das kleine Pferd war zerbrochen, und er stand da. Er lächelte die ganze Zeit, schlug auf mich ein und lächelte.«
    Die Hand, die den nassen Lappen hielt, spannte sich, bis die Knöchel weiß hervortraten. »Er wird dir nie wieder etwas tun.« Seine Finger waren nicht viel ruhiger als ihre, als er ihr das Blut abwusch. »Halt dich an mir fest, Kelsey. Niemand wird dir je wieder etwas tun.«
    »Ich konnte ihn nicht bluffen«, fröstelnd kuschelte sie sich an ihn. Ihr war kalt, so furchtbar kalt, und er spendete
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