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Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Titel: Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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    Innerhalb von zwanzig Minuten hatte Gabe drei Pfleger aus den Betten geholt und im Stall postiert. Ehe er seinen Vater nicht ein für allemal unschädlich gemacht hatte, würde er die Pferde rund um die Uhr bewachen lassen. Und Rich würde zurückkommen, dachte Gabe, als er zum Haus ging. Gier und Haß würden ihn nach Longshot zurücktreiben.
    Nur der völlige Ruin seines Sohnes konnte Rich Slater zufriedenstellen. Was Gabe am liebsten und teuersten war, mußte vernichtet werden.
    Aber diesmal würde die Sache anders aussehen. Diesmal. . . Das Blut wich aus Gabes Gesicht, als ein Gedanke in seinem Kopf Gestalt annahm. Das, was ihm am liebsten und teuersten war, das war . . .
    Kelsey.
     
    Gertie probierte eine neue Nachtcreme aus, die sie sich bei einem Versandhaus bestellt hatte. Ab und zu gönnte sie sich das Vergnügen, in Katalogen zu blättern. Der Hersteller pries das Produkt als ›unglaubliche Verjüngungskur‹ an.
    Gertie hoffte auf eine vorübergehende Abmilderung
der Linien, die sich unaufhaltsam in ihr Gesicht zu graben schienen.
    Schiere Eitelkeit, schalt sie sich. Eine alte Närrin wie sie, die über ein halbes Jahrhundert alt war. Aber als sie ihr Spiegelbild kritisch betrachtete, kam es ihr doch so vor, als ob die Fältchen und Krähenfüße um ihre Augen eine Spur, nur einen Hauch schwächer geworden seien.
    Zufrieden mit der neuen Creme stand sie auf, um ihren Morgenmantel auszuziehen, dann lächelte sie, als sie hörte, wie die Küchentür geöffnet wurde.
    Jetzt würde der Junge wohl den Kühlschrank plündern und vermutlich ein heilloses Chaos hinterlassen. Jungen in Channings Alter ließen nie auch nur einen Krümel übrig. Besser, sie ging hinunter und richtete ihm einen Teller her, dann konnte sie auch gleich dafür sorgen, daß er die Mahlzeit mit Milch anstatt mit Cola hinunterspülte.
    »Ich habe dich gehört«, rief sie, als sie die Tür aufstieß. »Hat gar keinen Sinn, daß du hier rumschleichst. Setz dich auf deine vier Buchstaben, und ich . . .« Stirnrunzelnd brach sie ab. Im Licht der kleinen Lampe, die sie für Channing angelassen hatte, blinkte die Küche fleckenlos sauber. Niemand war zu sehen. »Jetzt spielen mir schon meine Ohren dumme Streiche«, brummelte sie vor sich hin. »Vielleicht haben sie in dem Katalog auch was für solche Probleme.«
    In dem Moment, in dem sie sich umdrehte, fühlte sie einen starken Schmerz am Kopf. Mit einem leisen Laut sank sie ohnmächtig zusammen.
    Rich stand grinsend über ihr. Saubere Arbeit, lobte er sich. Er hatte der mageren alten Schachtel mit ihrem eigenen Nudelholz eins übergezogen. Er schob den leblosen Körper mit einem Fuß beiseite und verlor dabei beinahe das Gleichgewicht.
    Ein kleiner Schluck würde ihm helfen, entschied er und holte seinen Flachmann aus der Tasche. Aber es waren nur noch Tropfen übrig. Er fluchte fürchterlich, steckte den Flachmann wieder in die Tasche und stieg über die bewußtlose Gertie. Hier im Haus gab es bestimmt etwas
Trinkbares. Erster Güte natürlich. Und wenn er sich derart gestärkt hatte, würde er sich um Gabes hübsche Kleine kümmern.
     
    Im Obergeschoß lief Kelsey auf und ab und trank dabei eine weitere Tasse Tee. Wenn doch nur Channing heimkäme, dann könnte sie mit jemandem reden. Und wer könnte diesen furchtbaren Konflikt, der sie zwischen den Angehörigen ihrer Familie hin- und herriß, besser verstehen als er? Auch Gabe war trotz seines Verständnisses in diesem Fall nicht der richtige Gesprächspartner.
    Morgen früh, es waren nur noch wenige Stunden bis dahin, würde sie Naomi alles mitteilen, was sie wußte. Danach hätte sie eine Frau, die-sie liebte, von einem Alpdruck befreit und eine andere verdammt.
    Denn trotz aller Bitterkeit und aller Enttäuschung liebte sie ihre Großmutter immer noch.
    Die allmächtige Milicent, dachte sie und schloß die Augen. Ob sie mit dem Skandal wohl fertig werden würde? Von den Rechtsfolgen einmal ganz zu schweigen. Denn die Sache würde auf jeden Fall ein Nachspiel haben.
    Und wie würde sie mit der Tatsache leben können, fragte Kelsey sich, daß sie durch ihre Handeln ihre eigene Großmutter ins Gefängnis gebracht hatte?
    Das Klirren von zersplitterndem Glas ließ sie den Atem anhalten. Channing, dachte sie. Sie hatte ihn zwar nicht kommen hören, aber er war offenbar unten und tastete sich durch das Dunkel. Ein vergeblicher Versuch, niemanden im Haus aufzuwecken.
    Erleichtert lief Kelsey aus ihrem Zimmer und die Treppe hinunter,
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