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Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit

Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit
Autoren: Karlheinz Deschner
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Ich sage zunächst, was der Leser nicht erwarten kann.
    Wie in allen meinen Kritiken des Christentums, fehlt hier vieles, was zwar
auch
zu dessen Geschichte gehört, aber nicht zur Verbrechensgeschichte des Christentums, die der Titel verspricht. Was
auch
dazu gehört, füllt Millionen Schriften in Bibliotheken, Archiven, Buchhandlungen, Akademien, auf den Dachböden der Pfarrhäuser, und jeder kann da lesen, solang sein Leben ausreicht, seine Geduld und sein Glaube.
    Nein, mich reizt es nicht, etwa über die Menschheit als »brennbare Masse« für Christus zu sprechen (Dieringer) oder über die »Heizkraft« des Katholizismus (v. Balthasar) – außer bei Gelegenheit der Inquisition. Ebensowenig treibt's mich, die Gemütlichkeit zu rühmen, die in »den katholischen Ländern herrschte ... bis in die jüngste Gegenwart« oder die »Offenbarungswahrheiten mit dem größten Fröhlichkeitscharakter«, mag sie Katholik Rost auch zum »Wesen des Katholizismus« zählen.
    Ich kann mich auch nicht entschließen, den »gregorianischen Choral« herauszustellen, »Landschaften mit Wegkreuzen« oder »die barocke Dorfkirche«, die Walter Dirks so liebte. Noch weniger lockt es mich, den annus ecclesiasticus zu würdigen – zum Beispiel den »Weißen Sonntag«, trotz des napoleonischen Diktums, natürlich kurz vor dem Tod geäußert: »Der schönste und glücklichste Tag meines Lebens war der Tag meiner ersten heiligen Kommunion« (mit »Imprimatur«). Oder soll ich sagen, daß das vierte Konzil von Toledo (633) das Singen des Alleluja nicht nur für die Karwoche, sondern für die ganze Fastenzeit verbot? Daß es befahl, die trinitarische Doxologie am Ende der Psalmen müsse »Gloria et honor patri« lauten und nicht bloß »Gloria patri«? 5
    Und auch über gloria et honor ecclesiae wird wenig verlauten, nichts über vermeintliche oder, ausnahmsweise, wirklich positive Folgen des Christentums. Ich beantworte nicht die Frage: Wozu ist das Christentum gut? – den Titel gibt es schon. Es gibt Tausende, Hunderttausende, die diese Religion verteidigen, bejubeln, Bücher, in denen man mit der – bei allen »Flecken«, »Fehlern«, »Schwächen«, bei aller »menschlichen Unzulänglichkeit« – ach, so ehrwürdigen, ruhmreichen Vergangenheit, dem so »lichtvollen Gang der Kirche durch die Zeiten« protzt (Andresen), mit »
der
Kirche« auch, wie hier, im folgenden Zitat und meist, ist sie doch
»Eine«,
»der fortlebende Christus« und
»heilig«,
denn »ihr Wesen ist Heiligkeit, ihr Zweck ist die Heiligung« (Benediktiner von Rudloff); während alle anderen, voran die »Ketzer«, immer im Unrecht stecken, unsittlich, verbrecherisch, total korrupt sind, zugrunde gehen, bereits gegangen sind, oder die, erkennen ihnen »fortgeschrittene«, doch Licht und Schatten noch immer vorteilhaft verteilende Kirchenhistoriker eine gewisse Verdienstlichkeit zu, eben auch den ewigen Heilsprozeß und -progreß mitgefördert haben. 6
    Es versteht sich von selbst, daß all das Bedauerliche dabei – Glaubenskampf, Verfolgung, Pest, Krieg, Hungersnot – gottgewollt ist, unerforschlich oft, gewiß, doch nur allzu berechtigt, voller Sinn und Heilskraft wieder, aber voller Heimzahlung auch: »Die Rache dafür, daß die katholische Kirche, daß das Papsttum bekämpft, anstatt als Führungsprinzip anerkannt wurde« (Rost). 7
    Ist es bei dem gigantischen Übergewicht all der verdummenden, täuschenden, lügenden Glorifikationen nicht notwendig, auch das Gegenteil zu zeigen, zu lesen? Zumal dafür so viel mehr spricht? Ist eine negative Christentumsgeschichte nicht geradezu das Desiderat, nach dem alle Lobhudeleien schreien oder doch schreien machen sollten? Zumindest jeden, der auch die schlimme Seite sehen will, die eigentliche Seite der Sache?
    Der Grundsatz »audiatur et altera pars« gehört in eine Anklage kaum. Dennoch erscheinen Preisredner häufig – zugegeben, meist kurz, sarkastisch, wie ich überhaupt ihr Studium hier, in Hunderten von Diskussionen und sooft es möglich ist, ausdrücklich empfehle, gar nicht genug empfehlen kann: vorausgesetzt man vergleicht sie wenigstens mit einigen fundierten Gegenschriften.
    Den Leser erwartet eine »Kriminalgeschichte des
Christentums«,
also nicht nur eine
Kirchen
geschichte. (Die Unterscheidung von Kirche und Christentum ist relativ jung, allgemein bekannt sogar erst seit der Aufklärung, und gewöhnlich mit einer Abwertung der Kirche als überholter Glaubensvermittlerin verbunden.) Gewiß ist dieses
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