Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)
Autoren: Maria Norda
Vom Netzwerk:
27 starb?
    Der Polizist hatte mich auf dem Weg
ins Institut gefragt, ob mir irgendwelche Vorerkrankungen bekannt seien. Mir
war nichts eingefallen. Er hatte sich zwar schon seit ein paar Tagen mit einer
Erkältung herumgeärgert, fühlte sich schlapp, aber es war nur eine Erkältung.
    Im Institut hatte der Mann im weißen
Kittel erklärt, Robert wäre an der Entzündung des Herzmuskels gestorben. Eine
Folge des Infektes, der sich in seinem Herzen manifestiert hatte. Sie nahmen an,
dass er sich vor seinem Tod körperlich zu sehr verausgabt hatte. Wahrscheinlich
war er auf dem Weg zur Arbeit in Eile gewesen und gerannt.
    Es muss sehr schnell gegangen sein,
er hatte dabei wahrscheinlich keine Schmerzen, hatte mir der Polizist versucht
zu erklären. Ob das der Wahrheit entsprach? Oder waren es nur die routinierten
Worte eines Beamten gewesen, der versucht hatte, der Witwe das Ableben ihres
Mannes so schonend wie möglich beizubringen?
    Die Erkenntnis traf mich wie ein
Schlag.
    Ich wusste, was geschehen war! Er war
meinetwegen gerannt!
    Wir hatten gemeinsam das Haus
verlassen, jeder in eine andere Richtung. Er muss die Blumen besorgt haben, war
zurück nach Hause geeilt und war dann auf Arbeit gehetzt.
    Er hatte die Blumen geholt, weil er
genau wusste, dass es ein langer Tag werden würde und wir uns wahrscheinlich erst
im Bett wieder sehen würden – wenn ich schon schlief und er versuchte, im
Dunkeln den Weg ins Bett zu finden. Er hätte dabei genauso gut das Licht
anmachen können, schließlich konnte ich nie ruhig schlafen, wenn er nicht an
meiner Seite lag.
    Wir hatten uns letzte Woche darüber
gestritten, ich hatte ihm vorgeworfen, zu viel Zeit für seinen Job zu opfern.
Er hatte genau gewusst, dass ich sauer sein würde. Also hatte er beschlossen,
meiner Wut Freude entgegenzusetzen, in der Hoffnung, dass sie dann verpufft.
    Und nun war er tot.
    Ob er noch am Leben wäre, wenn er
nicht die Blumen geholt hätte? Und was hatte ich um zehn getan, als er sein
Leben ausgehaucht hatte?
    Ich überlegte. Ich hatte über den
Entwürfen für die neue Werbekampagne eines großen Klienten gesessen. Ich war
komplett für die Ausgestaltung verantwortlich. Etwas, das sonst nur erfahrenen
Kollegen vorbehalten war. Es war wie eine Art Prüfung gewesen – ob ich schon bereit
war, mehr Verantwortung zu übernehmen – trotz meiner »zarten« 24 Jahre.
    Ich wusste, dass eine Schar von
Kollegen nur darauf wartete, dass ich einen Fehler beging, aber dazu würde es
nicht kommen. Diese Genugtuung würde ich ihnen nicht gönnen.
    Ich hatte mir überall Randnotizen
gemacht, mit der Designabteilung Änderungswünsche besprochen. Mit Alexander,
einem unserer Programmierer und zudem noch einem meiner besten Freunde, war ich
den Ablauf für die Zuschaltung durchgegangen.
    Alles verlief bis jetzt genau nach
Plan. Zu genau, wie ich in dem Moment dachte hatte. Das alles lief viel zu
glatt und ich wartete nur darauf, dass eine Katastrophe über mir hereinbrechen
würde – eine Katastrophe im beruflichen Sinne.
    Dass es mein ganzes Leben betreffen
würde, ist mir nicht einmal in den Sinn gekommen, zu konzentriert war ich bei
der Arbeit gewesen.
    Und ich hatte nichts gespürt.
    Ob er gewusst hatte, dass es vorbei
war, als er auf dem Boden aufschlug? Hatte er an mich gedacht? Konnte er
überhaupt noch denken? Wusste er, dass dies seine letzten Gedanken sein würden,
dass es danach keine weiteren mehr geben würde?
    »Wie kannst du mir das nur antun?«,
flüsterte ich dem Zettel entgegen, der immer noch in meiner Hand lag und mich mit
seinen Worten strafte.

Kapitel
2
     
    Monoton klirrten die Anschläge der Tastatur
in meinen Ohren. Ohne dass ich darüber nachdenken musste, fanden meine Finger
die Buchstaben. Ich hatte es mir immer wieder vorgenommen, einen Zehn–Finger–Schreibkurs
zu besuchen. Vorgenommen, mehr war daraus nicht geworden, also musste ich mit
einer eigenen Chaosmethode vorlieb nehmen.
    Als ich auf den Monitor blickte,
strahlten mir zwar Worte entgegen, doch von einem sinnvollen Zusammenhang
geschweige denn einem Inhalt war dies meilenweit entfernt.
    Verdammt was mache ich hier
eigentlich?
    Müde ließ ich den Kopf sinken und
massierte mir die Schläfen. Meine Finger waren eiskalt, aber wenigstens verschafften
sie meinen dahin schmorenden Gedanken etwas Abkühlung. Ich brauchte dringen
einen Kaffee, sonst würde der Bericht nie fertig werden.
    Leicht schwankend stand ich auf. Mein
linkes Bein war eingeschlafen und meldete sich mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher