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Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition)

Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition)

Titel: Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition)
Autoren: Meike Nilos
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denn keine Tanzveranstaltungen? Ich ziehe auch die Ruhe und Abgeschiedenheit vor. Aber ich bin auch ein alter Mann.” Er hatte ein warmes Lächeln und ein angenehmes Gesicht, dem man sein fortgeschrittenes Alter ansah, dessen Züge einen festen Willen, aber auch Güte ausstrahlten. Jemand, in dessen Gegenwart man sich sicher fühlte. Sicher und gelangweilt.
    Ich erhob mich und sah durch die geöffnete Tür in den Saal, immer noch in der Hoffnung, Willoughby zu entdecken.
    “Verzeihen Sie meine Unhöflichkeit”, sagte der Mann. Er verbeugte sich ein weiteres Mal. “Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle: Colonel Brandon.”
    “Oh”, entfuhr es mir überrascht. “Mr Brandon.” Ich knickste und besann mich meiner Erziehung. Ich reichte ihm die Hand. “Marianne Dashwood.”
    Er deutete einen Handkuss an. “Sehr erfreut, Miss Dashwood. Ich habe schon viel von Ihnen gehört und freue mich, endlich das Vergnügen Ihrer Bekanntschaft machen zu dürfen.”
    Ein Gedanke schoss mir in den Kopf. Er war der Gastgeber, er würde sicher wissen, ob Willoughby anwesend war. “Mr Brandon”, entfuhr es mir und ich biss mir auf die Zunge. Ich konnte ihn unmöglich nach Willoughby fragen, Elinor würde im Boden versinken, wenn sie das wüsste.
    Mr Brandon lächelte. “Miss Dashwood?”, fragte er. “Wie kann ich Ihnen zu Diensten sein? Äußern Sie einen Wunsch und ich werde ihn erfüllen, so es in meiner Macht steht.”
    Ich holte tief Luft und nahm all meinen Mut zusammen. Was konnte schon passieren, es war nur eine harmlose Frage. “Wird Mr Willoughby heute Abend auch anwesend sein?” Meine Wangen glühten.
    Ich meinte einen Schatten über Mr Brandons Gesicht huschen zu sehen, aber das mochte am düsteren Licht gelegen haben. “Mr Willoughby”, sagte er. “Nun, Mr Willoughby ist einer der geladenen Gäste, aber soweit ich weiß, ist er noch nicht anwesend.”
    Mein Herz vollführte einen Hüpfer. Ich bemühte mich, meine Freude nicht zu zeigen, aber jetzt konnte ich es nicht erwarten, endlich wieder in den Saal zu gehen. “Meine Schwester wird mich bereits suchen”, sagte ich. “Entschuldigen Sie mich, Mr Brandon.” Ich ging – nein ich flüchtete aus dem Zimmer und ließ den Gastgeber einfach stehen. Das war mehr als unhöflich, aber das war mir gleich. Willoughby ließ keinen Platz in meinem Kopf für andere Gedanken.
    Ich setzte mich an den Rand der Tanzfläche auf einen der dort aufgereihten roten Polsterstühle und tat, als beobachte ich die tanzenden Paare, in Wahrheit hielt ich Ausschau nach Willoughby.
    Ich entdeckte Elinor, die noch immer – oder schon wieder – mit dem blassen Mann tanzte. Ihre Wangen waren gerötet, eine Strähne hatte sich aus ihrer Frisur gelöst und sie lachte, als er ihr etwas ins Ohr flüsterte.
    Ich freute mich für meine Schwester, auch wenn ich nicht verstand, was sie an diesem unscheinbaren Mann finden könnte. Er tanzte mit einer Leidenschaftslosigkeit, die ich sofort auf sein gesamtes Wesen übertrug. Wer mit so wenig Begeisterung tanzte, der konnte auch in allen anderen Bereichen nicht das Feuer und die nötige Hingabe aufbringen, die es braucht, um voll und ganz in einer Tätigkeit aufzugehen. Sei es Kunst oder Literatur. Oder die Liebe.
    Oberst Brandon nickte mir zu, als auch er aus dem Nebenzimmer in den Saal trat. Ich hoffte, dass er mich nicht zum Tanz aufforderte, ich war nicht zu höflicher Konversation aufgelegt. Der Oberst schien mein Unbehagen zu spüren, denn er gesellte sich nach kurzem Zögern zu einer kleinen Gruppe älterer Herren, die, etwas abseits stehend, in ein intensives Gespräch vertieft waren.
    Noch immer war Willoughby nirgends auszumachen und langsam wandelte sich meine Nervosität in Frustration. Er würde nicht kommen. Er hatte kein Interesse an mir, sonst hätte er doch alles daran gesetzt, mich wieder zu sehen. Verdrießlich zupfte ich an meinen Handschuhen herum und wackelte äußerst undamenhaft mit den Füßen. Etwas kitzelte mich im Nacken und ich schreckte aus meinen Gedanken.
    “Guten Abend, Miss Marianne.” Willoughby! Ich war so überrascht, dass ich vergaß, den Gruß zu erwidern. Ich starrte nur in sein ebenmäßiges Gesicht, suchte den Blick seiner nachtschwarzen Augen.
    “Verzeihen Sie mir”, sagte er mit einer Verbeugung, “ich habe den nächsten Tanz bereits versprochen.” Und schon ging er auf eine grazile Brünette zu, die ihn lächelnd erwartete.
    Ich stieß den Atem aus und sprang auf. Dabei fiel ein klein
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