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Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition)

Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition)

Titel: Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition)
Autoren: Frank Schumann , Heinz Wuschech
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in den Medien genannt wird, dann stets mit dem Zusatz »Devisenbeschaffer«. Die harmloseste Form seiner Diffamierung ist die Distanzierung, die gebräuchlichste seine Verteufelung. In seiner Person konzentriert sich in der Wahrnehmung durch die schlichteren Gemüter, die in diesem Lande offenbar die Mehrheit stellen, alles vermeintlich Schlechte, was diese DDR hervorgebracht hat. Nicht einer stellt sich die Frage, was beispielsweise Franz Josef Strauß, der bekanntlich kein Dummkopf war, an diesem Manne geschätzt hat – und warum? Wenn er jener Schuft und Ganove war, als der Schalck-Golodkowski den meisten hierzulande gilt, dann dürfte sich der CSU-Vorsitzende und Ministerpräsident Bayerns kaum so intensiv mit ihm beschäftigt haben wie er es tat. Vielleicht trifft es ja zu, dass Stockkonservative im Umgang mit Menschen, auch wenn sie ihre Feinde sind, sich mitunter doch so verhalten, wie es ihnen ihr christlicher Glauben aufträgt: den Nächsten zu lieben wie sich selbst. Auch wenn dieser ein Kommunist ist wie Schalck-Golodkowski. Aber vermutlich war Strauß auch in dieser Hinsicht eine Ausnahme. Die Regel ist: Die meisten Politiker haben nicht sein Format. Oder eben das von Schalck, der sich allerdings nie als Politiker, immer nur als Ökonom sah.
    Es ist lange überfällig, einmal sachlich zu berichten über diese Person der Zeitgeschichte, die die Medien zu einer einzigartigen Hassfigur stilisierten, welche in der nationalen Ablehnung aktuell allenfalls noch übertroffen wird von Margot Honecker. Die Korrektur soll mit diesem Buch versucht werden. Auch wenn die beiden Autoren trotz ihrer ziemlich guten Kontakte zu Alexander Schalck-Golodkowski die Antworten auf die beiden Fragen schuldig bleiben, die viele unverändert bewegen: Warum ist er in den Westen geflüchtet, und weshalb hat er mit dem BND gesprochen?
    Zudem sind sie sich der Gefahr bewusst, dass manche Überlegung neuerliche Spekulationen provozieren wird. Doch Schalck hat, im Unterschied zu anderen, nichts mehr zu verbergen, ihm kann es egal sein.
    Aber vielleicht finden sich manche Auskünfte auch zwischen den Zeilen. Die zu lesen die Ostdeutschen trainierter sind als etwa ihre westdeutschen Landsleute, zu denen sich Schalck niemals rechnete, auch wenn er ein halbes Jahr früher als seine Weggefährten im Osten zwangsweise wie diese Bundesbürger wurde.
    Frank Schumann und Heinz Wuschech
    Berlin, im Frühjahr 2012

Woher kommt dieser Doppelname?
    Der Bindestrichname verdankt seine Herkunft den Vorfahren und ihren den Zeitläuften geschuldeten Biografien. Deren Umtriebigkeit und Professionen scheinen sich vererbt zu haben, sind also angeboren.
    Der Großvater väterlicherseits, Iwan Golodkowski, war ein höherer Finanzbeamter des russischen Zaren in Gomel. Aus dessen Ehe mit einer Landadeligen, von der nur der Vorname bekannt ist – sie hieß Olga – gingen drei Söhne hervor. Einer hieß Pjotr. Er sollte mit 37 Jahren in Berlin Vater von Alexander werden.
    Pjotr Golodkowski stieg während des Ersten Weltkrieges zum Ordonnanzoffizier im Armeestab an der russisch-österreichischen Front auf, wurde trotz seines vergleichsweise jungen Alters vielfach ausgezeichnet und wäre gewiss beim Militär geblieben, wenn denn nicht die Oktoberrevolution 1917 einen Strich durch seine Lebensplanung gemacht hätte. Rittmeister Pjotr Golodkowski floh wie manch anderer russischer Zeitgenosse ins westliche Ausland, zunächst nach Danzig.
    Dort kam er beim Großhändler Wolkow unter, der in Fischwaren machte. Seine Buchhalterin hieß Agnes Eue, eine Deutsche, die aber gleichfalls aus Russland kam. Deren Vorfahren, Kaufleute aus dem Harz, hatten sich einst in St. Petersburg niedergelassen. Ihr Großvater August betrieb dort eine Streichholzfabrik. Otto Eue, sein Sohn, kehrte jedoch nach Deutschland zurück, heiratete in Hamburg und bekam zwei Kinder – Agnes und Ernst. Die Firma Stinnes trug ihm die Führung ihrer Niederlassung in St. Petersburg an, weshalb Eues neuerlich an die Newa zogen. In St. Petersburg kamen weitere drei Kinder hinzu.
    Ernst Eue heiratete Anastasia, eine Russin, und Agnes den Leonid, einen höheren Beamten aus der zaristischen Münze. Was aus den anderen Verwandten wurde, ist weitgehend unbekannt. Überliefert ist lediglich, dass nach der Oktoberrevolution Ernst Eue mit seiner Familie nach Berlin flüchtete, und Agnes, die 1919 Slawa zur Welt gebracht hatte, nach Danzig ging, wo sie – wie schon erwähnt – beim Großhändler Wolkow unterkam.
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