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Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition)

Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition)

Titel: Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition)
Autoren: Frank Schumann , Heinz Wuschech
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Sudoplatow, einst Vize-Chef der sowjetischen Auslandsaufklärung, bestätigte, dass Gorbatschow 1989 durchaus die Absicht gehabt hätte, Honecker die Macht zu entziehen in der Annahme, auf diese Weise den Sozialismus in der DDR zu stärken.
    Wie auch immer: Manches lief 1989 in den Geheimdienstkulissen, und viele Köche waren daran beteiligt. Die Regeln der Konspiration verhinderten, dass die einen von den anderen wussten, und die Frage, wer von den erkennbar agierenden Personen eigen-und wer fremdbestimmt handelte, ist heute so wenig zu beantworten wie damals, zumal nicht wenige der Beteiligten inzwischen verstorben sind und die Akten der westlichen Dienste, die ja an diesem großen Spiel mitbeteiligt waren, ebenso verschlossen sind wie die des KGB.
    Egon Krenz hatten die sowjetischen Geheimdienst-Genossen offenkundig nicht auf ihrem Zettel. Seine Wahl zum Generalsekretär am 18. Oktober 1989 brachte die »Lutsch«-Linie, sofern überhaupt existent und keine Erfindung von Journalisten, ein wenig durcheinander. Den Rest besorgte die Demonstration am 4. November auf dem Berliner Alexanderplatz, wo Markus Wolf eine gellende Abfuhr erhielt. Spätestens dort wurde den Karlshorster konspirativen Strippenziehern bewusst: Das läuft aus dem Ruder, einen SED-Generalsekretär Markus Wolf würde es nie geben – sofern, noch einmal, diese Überlegung überhaupt bestand.
    Mit der Wahl von Hans Modrow zum Ministerpräsidenten Mitte November erledigt sich nicht nur Schalcks politischer Aufstieg, es beginnt sein Absturz. Keine drei Wochen später wird er mit Haftbefehl gesucht, er flieht Hals über Kopf aus der DDR, die dem Untergang geweiht ist. Nur Gorbatschow sieht das nicht so.
    In einem Schreiben an die drei westlichen Staats-und Regierungschefs der sogenannten Vier Mächte, die seit 1945 unverändert Macht in Deutschland ausüben, lässt er diese am 25. November wissen (und beantwortet damit auch die Herbert Krolikowski von Maximytschew in den Mund gelegte Frage zum künftigen Platz der DDR in der sowjetischen Außenpolitik): »Die Entwicklung in der DDR hat zahlreiche Spekulationen über die ›deutsche Frage‹, über die Aussichten einer Vereinigung Deutschlands in die Welt gesetzt. Wir sind fest überzeugt, dass die Existenz und Entwicklung der DDR über all diese Jahre die wichtigste Garantie des europäischen Friedens, des Gleichgewichts und der Stabilität war und bleibt. Die DDR als ein souveräner Staat, als Mitglied des Warschauer Vertrags ist nach wie vor unser strategischer Verbündeter in Europa.«
    Kotschemassow teilt diese Überzeugung. »Unsere Lebensinteressen sind mit der DDR mehr verbunden als mit irgendeinem anderen europäischen Land. Die Wiedervereinigung kann unmöglich zugelassen werden«, zitiert ihn Maximytschew unter dem 30. November 1989.
    Noch am 4. Dezember 1989 schärft Gorbatschow dem DDR-Ministerpräsidenten Modrow ein: »Keine Wiedervereinigung, keine Konföderation, unter keinem Vorwand! Genug von Rückzügen! Ihr habt die Macht, gebraucht sie!« Und Botschafter Kotschemassow fügt gleichsam warnend an, als er davon hört, dass das Ministerium für Staatssicherheit aufgelöst und in ein Amt für Nationale Sicherheit verwandelt werden soll: »Die Demontage der MfS-Organe ist sehr gefährlich.«
    Da jedoch ist Schalck-Golodkowski, MfS-Offizier im besonderen Einsatz im Range eines Oberst, bereits aus dem Dienst entlassen, entpflichtet sozusagen, was der DDR-Staatssekretär a. D. Schalck-Golodkowski als Verrat an ihm empfindet. Seine Vorgesetzten hätten ihn fallen lassen, als sei er eine heiße Kartoffel. Aus Angst um sein Leben und das seiner Frau Sigrid flüchtet er sich am Abend des 6. Dezember 1989 in die JVA Berlin-Moabit. Im Knast des Klassenfeinds wähnt er sich sicher.
    Danach überzieht ihn dessen Justiz mit etwa einem halben Hundert Ermittlungsverfahren, keinem anderen DDR-Bürger versucht die BRD-Justiz soviel am Zeug zu flicken wie ihm. Die meisten Ermittlungsverfahren werden eingestellt, 1999 ist auch die letzte Sache ausgestanden. Danach, kurz vor der Jahrtausendwende also, offenbart er seine ungebrochene Liebe zu jener Stadt, wo er im Sommer 1932 zur Welt kam. »Irgendwann gehen meine Frau und ich vielleicht zurück nach Berlin.«
    Sigrid und Alexander Schalck-Golodkowski wohnen noch immer in Rottach-Egern am Südufer des Tegernsees. Die Wahrscheinlichkeit, dass es ein Irgendwann geben wird, scheint gering.
    Unverändert aber kursieren Gerüchte über diesen Mann. Wenn sein Name
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