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Sautanz (German Edition)

Sautanz (German Edition)

Titel: Sautanz (German Edition)
Autoren: Veronika A. Grager
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Freund zuliebe gemacht. Aber sie fürchtete sich vor dem Fahren. Inzwischen war der Freund ihr Exfreund, und sie hatte das ungeliebte Trumm so schnell wie möglich loswerden wollen.
    Wochenlang hatte das Thema »Dorli und ihr Motorrad« den Stammtisch beim Kirchenwirt beherrscht. Der Altbürgermeister hatte ihr schmunzelnd so manches berichtet. Die freundlichsten Kommentare waren noch, dass es kein Wunder sei, dass so ein Mannweib keinen Ehemann abkriegte. Als hätte sie einen von denen auch nur mit der Grillzange angefasst! Gerade die Wirtshausbrüder kamen schon gar nicht in Frage. Doch die waren der festen Überzeugung, dass sich jede Frau alle zehn Finger abschlecken konnte, wenn sie sich einen von ihnen angeln könnte. Woher nahmen die nur ihr Selbstbewusstsein?
    Den Vogel hatte Vinzenz Kogelbauer abgeschossen, der größte Bauer in der Umgebung.
    »Warum spendest des Geld nicht für was Gescheites, wenn du so viel hast? Die Renovierung der Kirchen oder den Ausbau vom Kindergarten? Aber so a Motorradl is do für die Fisch!«
    Das sagte der reichste Mann der Gegend, dessen einziger Beitrag zu all den Festen, den Brauchtumsveranstaltungen und der gemeinnützigen Arbeit in der Region aus einem Geschenkkorb als Preis für die Tombola bestand. Und aus seiner Anwesenheit bis in die frühen Morgenstunden. Wo er dann, mit schwerer Zunge, über die Regierung, die EU und die Weiberleut räsonierte. Während Dorothea in ihrer Freizeit für all diese Veranstaltungen unbezahlt und fast rund um die Uhr zur Verfügung stand und überall Hand anlegte, wo dies notwendig war. Und der alte Depp wollte ihr vorschreiben, was sie mit ihrem Geld machen sollte!
    »Hör zu, Kogelbauer. Wenn du dich mit einem entsprechenden Beitrag einfindest und einen ordentlichen Anteil an den Sozialdiensten in der Gemeinde übernimmst, dann überleg ich mir das.«
    »Frechheit! Ich lass mich doch nit von so an blöden Mensch beleidigen!« Der Kogelbauer sprang stinkwütend auf und stapfte davon.
    Der Altbürgermeister bemerkte verdrießlich: »Das wär aber net notwendig gewesen, Dorli! Der macht uns jetzt sicher wieder jede Menge Schwierigkeiten.«
    »Geh, Herr Bürgermeister, vergiss den alten Neidhammel! Beschwert er sich halt wieder bei seine Freund vom Bauernbund oder in der Landwirtschaftskammer. Na und? Wählt dich der Bauernbund oder die Menschen in der Gemeinde?«
    Inzwischen waren die meisten Junggesellen verheiratet, selbst die ärgsten Dippelbrüder. Der Kogelbauer war nach wie vor ihr Intimfeind. Und an ihr Bike hatten sich die Dörfler mit der Zeit auch gewöhnt. Sie war halt »die narrische Winzling auf ihrer Maschin’«.
    Der Altbürgermeister war schon eine Weile in Pension. Sein Nachfolger, Willibald Kofler, in Dorotheas Augen eine Flasche, stand kurz vor der Wahl. Da es keinen ernst zu nehmenden Gegenkandidaten gab, war zu befürchten, dass der Kofler wirklich gewählt wurde.
    Doch daran wollte Dorli jetzt überhaupt nicht denken.
    Sie ging die paar Schritte bis zur nächsten Bank und nahm ihren Helm ab. Schüttelte ihr halblanges dunkles Haar aus und strich es mit allen zehn Fingern nach hinten. Feucht! Es war ja auch ziemlich heiß. Dorli zog den Zipp ihrer Motorradjacke zur Hälfte auf. Ah, schon besser. Dann ließ sie sich auf die Bank fallen, streckte ihre leider gar nicht langen Beine von sich und ließ sich zurücksinken. Ihr Blick ging in die Kronen der Föhren. Darüber spannte sich ein unwirklich blauer Himmel. Ein Eichkätzchen sprang von Ast zu Ast, und Dorli lächelte, als das Tier geschäftig hin und her rannte.
    Hier »Auf dem Hart«, einer Hochebene zwischen Hernstein und Piesting, lag ein dichter Forst aus Schwarzföhren.
    Dorli schloss die Augen. Der Wald hatte zu jeder Jahreszeit einen ganz eigenen, fast betörenden Duft. Jetzt, im Frühjahr, war er besonders intensiv. Dazu hörte man das Knacken der Bockerln, wenn die ersten heißen Sonnenstrahlen die fest geschlossenen Schuppen aufbrachen. Im Hochsommer stellte sich mediterranes Feeling ein, wenn die Hitze brütend über dem Föhrenwald lastete. Im Herbst lag bei Nebel ein Geruch nach Schwammerln, Moder und ein Hauch von Zyklamen über dem Forst. Wenn es schön und warm war, dann schwang im Duft noch ein Nachhall des Sommers mit.
    Ein kurzer Windstoß brachte einen Schwall fauliger Luft mit sich. Verdammt, was konnte hier so stinken? Dorli war mitten im Wald. Hier gab es weder Komposthaufen noch Abfalltonnen. Sie richtete sich auf. Jetzt war es wieder
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