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Sau tot

Sau tot

Titel: Sau tot
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Ermittler in die falsche Richtung zu schicken.«
    Der Typ mit der Fellkappe murmelte etwas. Ich konnte es aus der Entfernung nicht verstehen.
    »Apropos Spuren«, brachte sich jetzt Elmar ein. »Ich weiß nicht, wie lange Waltermann dort schon liegt, aber bei dem Schneefall wird an Spuren nicht viel übrig sein.«
    Ein paar andere murmelten zustimmend.
    »Vielleicht ist das ja kein Zufall«, kam es mir in den Sinn. »Der Schnee war angekündigt. Einen besseren Termin für einen Mord hätte man kaum finden können. Eine halbe Stunde Schneefall und die Ermittler haben keine Chance.«
    Noch während ich sprach, wurde eine Flasche Schnaps herumgereicht. Auch mir drückte jemand ein leeres Glas in die Hand. »Jetzt trink erst mal, Junge!« Es war der Kerl, den Süffel fröhlich angepinkelt hatte. Wo war Süffel überhaupt? Neue Leichen suchen? Nein, da saß er neben Elmar und zitterte in der Kälte vor sich hin. Ich ging hinüber zu ihm, hockte mich nieder und streichelte ihm das Fell. Dankbar leckte er mit der Zunge über meine Hand. Von links kam jetzt der Jagdherr mit der Flasche Schnaps auf mich zu. Ich zögerte einen Moment. Dann kamen mir meine eingefrorenen Körperteile zum Bewußtsein – und das flaue Gefühl, das sich in meinem Magen breitgemacht hatte. Ich hielt mein Glas hin und kippte den Inhalt in einem Zug hinunter. Elmar lächelte matt. Dann klingelte plötzlich das Handy in meiner Tasche. Es war Alexa, die zusammen mit Elmars Frau Anne und den Kindern zwei Wochen Urlaub in Holland verbrachte.
    »Hallo, Liebes«, sagte ich. »Wie geht’s euch?« Meine Stimme klang ziemlich matt.
    »Du klingst so komisch, Vincent ist etwas passiert?«
    »Irgendwie schon!« Ich wußte, was jetzt kam: Wieso passiert so etwas immer nur dir? Ich wußte es ja selbst nicht. Und das versuchte ich auch Alexa begreiflich zu machen.
    »Oh Gott!« sagte die, nachdem ich geendet hatte. »Sag mir nur eines: Warum warst du überhaupt auf dieser Treibjagd?«
    Als hätte ich mich das inzwischen nicht häufig genug selber gefragt Alexa und Anne waren gemeinsam in Urlaub gefahren. Da war es keine schlechte Idee gewesen, daß auch wir Männer uns mal auf ein Glas Wein zusammenhockten. Ein Glas nur. Mehr war auf keinen Fall geplant. Aber dann, ganz plötzlich, hatte es zu schneien begonnen. Nicht nur ein bißchen, sondern richtig. Eine dicke Decke sauerländischen Schnees. Also hatten wir abgewartet und in der Zwischenzeit noch ein bißchen getrunken. Es war wie von allein passiert. Irgendwann war klar: Ich würde die Nacht auf Elmars Hof verbringen. Und warum auch nicht? Der nächste Tag war ein Samstag. Keine Schule. Frau und Kinder nicht da. Da konnte man endlich wieder einen reinen Männerabend machen. Elmar, Süffel und ich. Der Abend gestaltete sich auch überaus nett. Und am nächsten Morgen, als Elmar sich für die Treibjagd fertig machte, dann die Idee einfach mitzugehen. Wegen Süffel. Nun ja, ein bißchen Restalkohol war wohl auch noch im Spiel …
    »Vincent, bist du noch dran?«
    Alexas Stimme holte mich in die Gegenwart zurück.
    »Alexa, Hauptsache, dir und den Kindern geht es gut. Alles andere ist im Moment nicht so wichtig.«
    »Du meinst Leichenfunde und ähnliches?«
    »Ich habe die Leiche nicht gefunden. Das war Süffel.«
    »Süffel! Du bist wegen Süffel auf die Treibjagd gegangen?«
    »Im gewissen Sinne ja.« Ich hoffte auf ein bißchen Verständnis von Alexa. Schließlich war sie Tierärztin. »Ich dachte, das war mal was für ihn bei all dem Frust, den er im Augenblick so hat – ohne sein eigentliches Herrchen, ohne die Kinder, die ihn ablenken.«
    »Vincent! Süffel ist kein Jagdhund. Zumindest kein ausgebildeter.«
    »Oh ja, das kann ich so bestätigen. Trotzdem war er der einzige, der sich seine Strecke selbst besorgt hat.«
    »Ich sehe schon -«
    »– man kann mich keine fünf Minuten allein lassen. Das wolltest du doch sagen, nicht?«
    »Es ist aber auch wahr«, Alexas Stimme hatte etwas Verzweifeltes, »warum kommst du ständig mit Verbrechern in Kontakt?«
    »Nicht mit Verbrechern, Alexa, nur mit Leichen. Außerdem war ich über Jahre abstinent. Diesen herben Rückfall kann ich mir selbst nicht erklären.«
    »Soll ich kommen?«
    »Nein, das ist nicht nötig. Ich warte hier, bis die Kripo eintrifft. Dann mache ich meine Aussage, und damit ist der Fall für mich erledigt Nutz die Tage ruhig bis zuletzt. Es ist ja nicht mehr lange. Außerdem brauchen die Kinder das Klima. Denk an die vielen Bronchitis-Nächte
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