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Sau tot

Sau tot

Titel: Sau tot
Autoren: Kathrin Heinrichs
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ganze Bücher.«
    »Essen ist fertig«, rief meine Schwiegermutter in unsere geistvolle Unterhaltung hinein. Ommma und ich gingen hinüber.
    Im Eßzimmer roch es nach Wild. Heute paßte wirklich alles zusammen. Alexas Mutter hatte wieder einmal Hasen gemacht. Dazu gab es Rosenkohl. Extra für mich. Um mir eine Freude zu machen. In einem Anflug von Leichtsinn hatte ich bei einem früheren Essen erwähnt, daß Rosenkohl zu meinen Lieblingsspeisen gehörte. Seitdem gab es jedes Mal Rosenkohl, wenn ich zu Gast war. Rosenkohl zu Reh, Rosenkohl zu Hase, Rosenkohl zu Roulade, Rosenkohl in jedweder Form. Irgendwann würde Alexas Mutter Rosenkohl in Pfannkuchen für mich zubereiten. Dabei konnte ich mittlerweile keinen Rosenkohl mehr sehen. Manchmal, wenn meine Schwiegermutter mich aus ihren grünen Augen ansah, erschien es mir, als steckten Rosenköhler in ihren Augenhöhlen – und sollte ich jemals eines unnatürliches Todes sterben, dann sicherlich mit einem Kanonenhagel aus dem sattgrünen Gemüse. Trotzdem simulierte ich verhaltene Freude, als Alexas Mutter eine Riesenschüssel der dampfenden Köstlichkeit vor mir abstellte.
    »Rosenkohl, dein Lieblingsgericht«, sagte sie wie zur Erklärung. Ich lächelte gequält und zählte insgeheim durch, wie viele ich davon essen mußte, um weiterhin ein dankbarer Schwiegersohn zu sein.
    »Immer wenn der Junge kommt, gibt’s Rosenkohl.« Die Bemerkung kam von Ommma, die sich bereits am Kopfende des Eichentisches niedergelassen hatte. Ich lächelte sie dankbar an. Ommma hatte das Problem erkannt. Mit ihrem Scharfsinn konnte sie mich vielleicht retten.
    »Ja, eigentlich mag ich auch andere Gemüsesorten ganz gern«, wagte ich mich vor. Alexas Mutter sah mich fragend an. Ihr Blick sagte alles. Habe ich etwas falsch gemacht?
    »Was natürlich nicht heißt, daß ich Rosenkohl nicht mag. Ich mag Rosenkohl gern, sehr gern sogar«, meine Schwiegermutter lächelte schon wieder vorsichtig, »aber anderes Gemüse eben auch. Ich will nur sagen, ihr müßt nicht immer Rücksicht auf mich nehmen. Genauso gern esse ich Rotkohl – oder Grünkohl – oder -.«
    Schwiegermutters Lächeln erstarb. Ich versuchte die Situation zu retten. »Aber am liebsten natürlich Rosenkohl.«
    Verflixt, was sollte es? Es gab schlimmere Schicksale als mit Rosenkohl bombardiert zu werden. Ein Blick auf den Hasenbraten bestätigte das.
    »Du warst gestern auf der Treibjagd von Ludger Filthaut?« Aha, es wurde also nicht lange gefackelt Vater Schnittler kam sofort zur Sache.
    »In der Tat!« Ich füllte mir zwei Knödel auf den Teller. »Elmar hat mich mitgenommen. Ich nehme an, ihr habt bereits gehört, was sich dort zugetragen hat«
    »Einfach so totschießen«, warf Ommma ein. Da sie gerade an ihrem Bratenstück herum schnitt, war nicht ganz klar, worauf sich die Bemerkung bezog.
    »Schlimm, schlimm, schlimm«, kommentierte Alexas Mutter. »Daß wir auch hier schon nicht mehr sicher sind.«
    Interessiert blickte ich hoch. »Ihr glaubt also tatsächlich an die Umweltschützertheorie?« fragte ich unschuldig.
    »Ja, gibt es da denn irgendwelche Zweifel?« Meine Schwiegermutter legte für einen Moment ihr Besteck zur Seite und sah mich ungläubig an. »Einer der Treiber hat erzählt, da hätte etwas am Hochsitz gestanden. Etwas in der Art Jäger sind Mörder.«
    Ommma war immer noch mit ihrem Fleischstück zugange. » Untersuchungen am Hasendarm«, murmelte sie munter vor sich hin. Die Bemerkung wurde schlichtweg ignoriert.
    »Ich für mein Teil glaube nicht an diesen Umweltkrempel«, warf auf einmal mein Schwiegervater ein.
    »Wie bitte?« Ich war ehrlich verdutzt. Von Hans Schnittler hatte ich erwartet, daß das Feindbild fest definiert war. Auch seine Frau war ziemlich überrascht.
    »Waltermann hat auch auf anderen Gebieten ausreichend Gegner gehabt«, führte er aus. »Wenn ihr mich fragt, hat jemand die Tierschützer nur als Finte gelegt.«
    Mir blieb beinahe ein Rosenkohl in der Speiseröhre stecken. So klare Worte war ich von Alexas Vater nicht gewohnt. »Er hat Gegner gehabt?« wiederholte ich langsam. »Was meinst du damit? An wen denkst du?«
    »Hans, du meinst doch nicht die Sache mit Hubbert?« Die Worte meiner Schwiegermutter hatten einen vorwurfsvollen Unterton. Ich notierte mir den Namen Hubbert im Kopf. Mit Doppel-B natürlich. Ich liebte diese sauerländischen Interpretationen hochdeutscher Namen.
    »Die Sache mit Hubbert genau die meine ich«, sagte ihr Mann, und dann fügte er noch hinzu, »zum
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