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Sau tot

Sau tot

Titel: Sau tot
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Sebastian war nicht da.
    Ich steckte meinen Kopf zurück in den Flur. »Hier, Max!« brüllte ich. »Hier bei Waltermann im Büro.«
    Schauerte funkelte mich an. Er hing immer noch halb im Büroschrank.
    »Es ist aus«, sagte ich. Im Fernsehen sagen sie das auch immer, wenn es so weit ist. Und es paßte auch. So war mein Gefühl. Aus und vorbei.
    »Die Polizei ist im Haus. Und selbst Sebastian weiß Bescheid.«
    »Sebastian?« Das hätte ich nicht sagen sollen. Plötzlich hatte Schauerte etwas in der Hand. Offensichtlich eine Jagdpistole. Er hielt geradewegs auf mich zu.
    »Herr Schauerte«, versuchte ich es, »Sie haben keine Chance mehr. In wenigen Sekunden -«
    »Halten Sie den Mund!« Er rannte auf mich zu, stieß mich quasi mit der Pistole zur Seite und donnerte die Tür zu. Hektisch fingerte er nach dem Schlüssel, der im Schlüsselloch steckte. Eine Sekunde später war der Raum verschlossen, und ich steckte in einem Büro mit diesem durchgeknallten Oppa und seiner Zweitmordwaffe.
    »Glauben Sie mir«, setzte ich noch einmal an. Ich merkte, wie mir die Stimme wegging. »Es hat keinen Zweck! Egal, was Sie jetzt mit mir anstellen.«
    Draußen wurde an der Tür gerüttelt. »Vincent?« Das war Max’ Stimme. Schön, daß er sich auch mal hören ließ.
    »Ich bin hier!« Vergeblich versuchte ich, meiner Stimme Festigkeit zu verleihen. »Leider nicht allein.«
    »Hören Sie zu!« Jetzt brachte sich Schauerte ins Spiel. Mittlerweile stand ihm der Schweiß auf der Stirn. Sein Kopf war dunkelrot. Wenn ich Glück hatte, kriegte er rechtzeitig einen Herzinfarkt. »Ich bin bewaffnet. Sie verschwinden jetzt aus dieser Firma. Vor allem lassen Sie meinen Enkel in Ruh’. Ich werde hier meine Sachen regeln, danach stelle ich mich der Polizei. Haben Sie verstanden?«
    »Was Sie tun, bestimmen lieber wir.« War das Max hinter der Tür? Hörte sich so cool an. Schade nur, daß er Schauertes Knarre nicht sah.
    »Ich sage es nicht noch einmal. Ich habe eine Waffe. Wenn Sie Ihren Kollegen noch einmal wiedersehen möchten, machen Sie jetzt, was ich sage.«
    Max schwieg. So eine Mit-Geisel-hinter-der-Tür-Nummer hatte man doch hoffentlich in den Polizei-Seminaren geübt?
    »Oppa!« hörte ich auf einmal eine gedämpfte Stimme rufen. Sebastian war da. Er stand am Fenster. Wie war er dort hingekommen? Auch Schauerte fuhr herum. Plötzlich schien ihm die Pistole peinlich zu sein.
    »Sebastian«, flüsterte er. Dann ging er zum Fenster hinüber und öffnete es. »Was machst du hier? Warum bist du nicht zu Hause?«
    »Stimmt es, daß du Papa erschossen hast?« Sebastians Stimme kippelte.
    »Sebastian, du kannst das nicht verstehen! Du weißt ja gar nicht -«
    »Ich habe dich etwas gefragt. Stimmt es, daß du Papa erschossen hast?«
    Ich nutzte die Gelegenheit und öffnete lautlos mit dem Schlüssel die Tür.
    »Er hat deine Mutter betrogen. Er hat euch betrogen. Er hat -«
    »Ja oder nein?« Sebastian brüllte jetzt.
    Schauerte schwieg.
    »Ja oder nein?« Sebastian hatte Verzweiflung in der Stimme. Vorsichtig trat Max ins Zimmer. Mit zwei Blicken checkte er die Situation.
    »Ja oder nein?«
    »Du mußt das verstehen! Er hatte eine Geliebte, und mit der erwartete er ein Kind. Verstehst du? Er bekam ein Kind, von einer anderen Frau. Ich habe einen Brief gefunden, in dem alles drinsteht. Ein neues Kind mit einer neuen Frau. Stell dir vor, er hätte das lieber gehabt als euch! Stell dir vor, er wäre mit dieser Frau zusammengezogen! Stell dir vor, er hätte diesem Kind meine Firma vererbt!«
    »Ist das alles, was dich interessiert?« Sebastian war außer sich. In diesem Moment stürzte sich Max von hinten auf Schauerte. Die Pistole rutschte über den Fußboden. Sebastian stand vorm Fenster und starrte seinen Großvater ungläubig an. Seine Augen waren mit Tränen gefüllt. Er sagte nichts. Er starrte nur wortlos durch das Fenster hindurch. Er hatte so vieles verloren. Seinen Vater. Seinen Opa. Und noch einiges mehr.

45
    »Gute Arbeit«, sagte Marlene Oberste. Sie sagte es in die ganze Runde hinein.
    Alle hatten eine Portion Gyros mit Pommes vor sich und stocherten mit ihren Plastikgabeln in den Pappschälchen herum. Jetzt geht es ans Berichteschreiben. Ich weiß, daß ihr diese Arbeit am liebsten macht.« Alle stöhnten. Nur nicht Max. Er mußte zurück. Nach Dortmund. Lieber hätte er hier ein paar Berichte geschrieben.
    »Mein Dank geht vor allem an Max Schneidt«, fügte die Hauptkommissarin hinzu. »Es fällt mir schwer, Max, Sie jetzt
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