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Sau tot

Sau tot

Titel: Sau tot
Autoren: Kathrin Heinrichs
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in der letzten Zeit Apropos: Gibst du den Kindern einen Kuß von mir?«
    »Natürlich. Ach Vincent rufst du mich an, wenn du zu Hause bist?«
    »Klar, mach’ ich. Bis dann.«
    Ich steckte das Handy ein und hüpfte zum Aufwärmen ein bißchen auf und ab, als mein Blick auf eine Reihe Tannenzweige fiel, die man in einiger Entfernung aufgeschichtet hatte. Darauf war die Strecke abgelegt: ein Kaninchen mit weit aufgerissenen Augen, daneben ein Wildschwein, ziemlich wuchtig, mit einem braunen, struppigen Fell. Eine Sau war erlegt daher eben das Jagdhornsignal. Ich hatte mich also doch nicht getäuscht.
    Irgendwann setzte ich mich neben Elmar und streckte die Füße aus. Das Feuer wärmte ganz gut. Vielleicht hatten meine Zehen doch noch eine Chance. Süffel lag erschöpft da und träumte – von Jägerschnitzeln vielleicht Müde ließ ich meinen Blick schweifen und blieb an dem Typ mit Parka und Fellmütze hängen, der sich gerade mit dem Jagdherrn unterhielt.
    »Wer ist das?« wandte ich mich flüsternd an Elmar.
    »Rudi Kleinsorge«, gab der zurück. »Wohnt ganz hier in der Nähe. Von jeher ein komischer Typ.«
    »Und Waltermann?« Ich blickte in die Flammen. Das Bild des Toten tauchte immer wieder vor mir auf. Sein schwarzes, dichtes Haar, das von wenigen silbernen Strähnen durchzogen war. Außerdem seine buschigen Augenbrauen, die mir besonders im Gedächtnis geblieben waren. Eigentlich ein sehr gut aussehender Mann – wenn nicht dieser entsetzte Gesichtsausdruck bewahrt geblieben wäre.
    »Was war er für ein Typ?« richtete ich mich mit gedämpfter Stimme an Elmar. »Ich habe immer sein Gesicht vor Augen. Und ich wüßte gerne, was sich dahinter verbirgt«
    »Richard Waltermann«, Elmar massierte sich die Stirn. »Allzu gut kenne ich ihn nicht, er wohnt in Henningloh und hat ein Sägewerk am Rand von Wulfringhausen, gar nicht weit von hier. Den Betrieb kann man sehen, wenn man aus Richtung Renkhausen kommt.«
    »Und diese Firma hat er geerbt?« versuchte ich mir Elmars Andeutungen von vorhin in Erinnerung zu rufen.
    »Genau. Von seinem Schwiegervater. Deshalb heißt der Betrieb heute noch Schauerte, stimmt’s, Georg?« Elmar stieß seinen Kumpel neben sich an. Der nickte.
    »Waltermann hat den Betrieb erheblich erweitert,« ergänzte Georg in murmelndem Tonfall. »Früher war das nur ein Sägewerk, heute gehört alles mögliche dazu. Zimmerei, Schreinerei, Direktverkauf, vor allem aber eine riesige Trocknungshalle, wo dem Holz innerhalb weniger Stunden die Feuchtigkeit entzogen wird.« Georg fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Er hat den Betrieb richtig auf Vordermann gebracht. Sein Schwiegervater wollte nichts mehr investieren, und so wäre die Firma langsam aber sicher den Bach runtergegangen. Dann aber hat sich Richard reingeklemmt und jetzt steht das Unternehmen da wie nie zuvor.«
    »Das heißt er war ein Unternehmertyp?« wollte ich wissen.
    »Ja, schon«, Georg zuckte die Achseln. »Er wußte, was er wollte, wenn du das meinst. Und was er wollte, das hat er auch gekriegt«
    Georg schwieg erschrocken. Seine Worte hatten nach dem Mord eine seltsame Bedeutung.
    Es war Elmar, der den Faden wieder aufnahm. »Ich selbst kenne Waltermann nur von zwei, drei Jagden her. Eigentlich ein eher stiller Mensch. Aber wenn er etwas sagte, dann konnte er sich gut ausdrücken. Trotzdem nicht unbedingt ein geselliger Typ. Ich glaube nicht, daß er zum Schützenfest ging.«
    Ach, so einer! Ich grinste trocken in mich hinein. Nicht zum Schützenfest zu gehen, gehörte zu den Verhaltensweisen, die hierzulande im Strafregister ganz oben anzusiedeln waren.
    »Dann noch etwas«, die Sache lag mir schon die ganze Zeit auf der Seele, »dieser Waltermann, hat der Kinder?«
    Georg sah zu mir herüber. »Ja, schon. Einen Jungen und ein Mädchen.«
    Ich hatte das Gefühl, Georg wollte noch etwas hinzufügen, als plötzlich das allgemeine Stimmengewirr abbrach. Offensichtlich wollte jemand eine Rede halten. Tatsächlich, der Jagdherr hatte das Wort erhoben.
    »Liebe Jagdfreunde! Wir alle sind entsetzt wir alle sind in Trauer. Trotzdem möchte ich kurz das Wort an euch richten. Unser treuer Waidgenosse Richard Waltermann ist tot. Auf eine entsetzliche Weise hat er sein Leben verloren, und ich kann sagen – «
    »Scheiß Umweltschützer!« murmelte die Fellmütze erneut »– ich kann wohl sagen, uns alle trifft Richards Tod bis ins Mark. Nicht nur weil er ein guter Kamerad, ein hervorragender Schütze und sicher auch ein liebevoller
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