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Sandra und die Stimme der Fremden

Sandra und die Stimme der Fremden

Titel: Sandra und die Stimme der Fremden
Autoren: Margot Kreuter
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einem dunkelblauen Ford blockiert. Die Bürofenster waren dunkel. Oberinspektor Ruhwedel erinnerte sich, daß Joschi einen Neuwagen erwähnt hatte, den der Inhaber der Bauschreinerei jetzt fuhr. Dieser Ford war neu, es war ein brandneues Modell. Richard Arnold schien zu Flause zu sein.
    Sie klingelten am Vorderhaus. Der Türsummer ertönte. Sie drückten die Eingangstür auf und gingen hinauf in den ersten Stock.
    Eine etwa fünfzigjährige Frau in einem langen, mit bunten Blumen bedruckten Hauskleid erwartete sie an der Wohnungstür.
    „Frau Arnold?“ vergewisserte sich Ruhwedel.
    Die Frau nickte. „Ja, bitte?“
    „Kriminaloberinspektor Ruhwedel. Mein Mitarbeiter, Inspektor Panke“, sagte Ruhwedel und zeigte seine Legitimation als Kriminalbeamter vor. „Wir möchten Ihren Mann sprechen.“
    Die Frau schien zu erschrecken.
    Doch einen Moment später hatte sie sich wieder gefaßt. Sie trat beiseite und bat die Beamten mit einer Handbewegung einzutreten. „Wir sind noch beim Abendessen. Ist etwas passiert?“ fragte sie.
    Weder Ruhwedel noch Panke antworteten darauf.
    Doch als sie im Wohnzimmer standen, wo Frau Arnold sie Platz zu nehmen bat, fragte Ruhwedel wie beiläufig: „Essen Sie immer so spät?“
    „Gelegentlich. Darf ich Ihnen etwas anbieten?“ fragte die Frau kühl. Doch das Zittern ihrer Hände verriet, daß sie nicht so gelassen war, wie sie sich gab.
    „Nein, danke“, wehrte Ruhwedel ab.
    „Wer ist da, Rita?“ ertönte Richard Arnolds Stimme aus einem Nebenzimmer.
    „Komm bitte mal!“ rief seine Frau zurück.
    Ein Stuhl wurde geräuschvoll zurückgeschoben. Dann öffnete sich die Verbindungstür, und Richard Arnold musterte die Beamten verwundert. „Vertreter?“ fragte er. „Ist aber schon reichlich spät für Geschäfte, meine Herren.“
    „Es dauert nicht lange, Mama!“ rief Rita Arnold ins Nebenzimmer und drückte die Verbindungstür zu, während die Beamten sich Richard Arnold gegenüber auswiesen.
    Richard Arnolds Gesicht drückte blanke Verwunderung aus. „Was führt Sie zu mir? Es ist doch nicht auf der Baustelle etwas passiert?“ fragte er und bat die Beamten mit einer Handbewegung, auf der riesigen braunen Rundcouch, die mitten im Zimmer stand, Platz zu nehmen.
    Ruhwedel und Panke versanken in dem Polsterungetüm.
    „Bitte, entschuldigen Sie die späte Störung. Wir sind wegen Ihrer Tante, Frau Marie-Loise Arnold, hier. Wir möchten Sie um einige Auskünfte ersuchen“, sagte Ruhwedel und bemühte sich um eine korrekte Haltung, was ihm jedoch durch die ihm aufgezwungene lässige Sitzhaltung mißlang.
    „Hat sie wieder etwas angestellt?“ fragte der Hausherr.
    „Nicht, daß ich wüßte. Man versucht im Gegenteil fortwährend, mit ihr etwas anzustellen“, erwiderte Ruhwedel.
    „Ach, das bildet sie sich nur ein“, sagte Arnold nachsichtig lächelnd.
    Er ging zur Hausbar an der Schrankwand und schenkte sich einen Weinbrand ein. „Was nehmen Sie?“ fragte er, ohne sich umzudrehen.
    „Danke, nichts. Wir sind im Dienst“, wehrte Ruhwedel ab.
    „Ich muß noch fahren“, sagte Panke.
    Der Hausherr ließ diese Einwände nicht gelten.
    „Sie haben ja auch keinen leichten Job, wie? Kaum Feierabend, genau wie wir Geschäftsleute. Na, kommen Sie, stärken Sie sich“, sagte er gönnerhaft, brachte Ruhwedel einen Weinbrand und bemerkte zu Panke: „Meine Frau holt Ihnen einen Saft. Rita...!“
    Frau Arnold sprang eilfertig auf und lief hinaus.
    „Ja, die gute Tante!“ sagte Arnold, prostete dem Oberinspektor zu und wiegte sorgenvoll den Kopf. „Ich weiß nicht, was ich noch unternehmen könnte, um ihr zu helfen. Meine Frau und ich machen uns große Sorgen um sie.“
    Er beugte sich zu den Beamten vor und sagte vertraulich: „Waren Sie mal in ihrem Haus? Haben Sie sich da mal umgesehen? Ist das nicht erschütternd? Ich verstehe nicht, daß die Sozialbehörde da nicht einschreitet. Man kann einen alten Menschen doch nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Sagen Sie selbst: Das ist doch ein Skandal!“
    Inspektor Panke nickte verwirrt. Die leidenschaftliche Anklage des Mannes hatte ihn beeindruckt.
    Doch Ruhwedel ließ sich von dem biederen Gehabe des Schreinermeisters nicht täuschen.
    „Sie haben sich nichts vorzuwerfen, Herr Arnold. Wie uns bekannt ist, haben Sie ja nichts unversucht gelassen, um die Situation Ihrer Tante zu ändern“, sagte er kühl.
    „Ja — und? Hat es etwas genützt?“ Der Neffe streckse theatralisch die Arme aus. „Mir sind die Hände
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