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Samstags, wenn Krieg ist

Samstags, wenn Krieg ist

Titel: Samstags, wenn Krieg ist
Autoren: K Wolf
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Ich weiß. Legt doch nicht immer die gleiche Platte auf. Ich bin nicht schuld an seinem Unfall.“
    „Das hat auch keiner gesagt“, beschwichtigt Frau Schmidtmüller. Aber sie wirft ihrem Mann einen Blick zu, als sei sie da gar nicht so sicher und wolle Siggi nur vor der Wahrheit schützen.
    Insgeheim geben sie mir die Schuld, denkt Siggi. Insgeheim haben sie mir die immer gegeben. Sie wagen nur nicht, es auszusprechen.
    Sein Vater will die Polizei anrufen.
    Der Mutter ist das peinlich. „Sie werden denken, dass wir uns nicht richtig um ihn kümmern. Sie haben ihn im letzten Monat schon zweimal nach Hause gebracht.“
    Diesmal ist ihr Blick eine eindeutige Schuldzuweisung. Das haben wir dir zu verdanken, Siggi.
    „Was soll ihm schon passieren?“, fragt Siggi. „Den kennt doch hier jeder. Und er kennt sich aus.“
    „Und wenn er einfach vor ein Auto läuft?“, kreischt Elke Schmidtmüller.
    „Johannes kennt doch keine Gefahr“, nickt ihr Mann.
    „Ich geh ihn suchen“, sagt Siggi und zieht seine Jacke wieder an.
    Er ist froh, rauszukommen. Manchmal fühlt er sich, als müsste er in der Bude ersticken. Draußen raucht er erst mal eine, um wieder Luft zu bekommen.
    An der Ecke tritt er eine Mülltonne um.
    Wenn ihm jetzt einer von den Drecksasylanten aus dem Wohnheim über den Weg läuft, dann …

8
    Wolf schaut Renate nach. Ihr wippender Rock. Eine salzige Träne erreicht seine Lippen.
    Ich heule , denkt Wolf. So weit ist es. Ich heule wegen einem Itaker und einer Möse.
    Ein Gefühl steigt in ihm auf. Es ist alt und es ist böse.
    Er bleibt nicht länger in Deckung. Er läuft schwer atmend die paar Meter bis zu Ginos Plastikauto.
    Damit will er uns Doitsche verhöhnen. Die Einheit. Die ganze Nation.
    Wolf hat mit der Faust eine Delle ins Autodach.
    Die Tür springt auf. Sie schließt schon lange nicht mehr richtig. Jetzt hängt sie schräg.
    Renate verschwindet im Schein einer Laterne um die Ecke.
    Wolf hat keinen Plan. Er handelt, ohne zu denken. Eins ergibt sich aus dem anderen.
    Er lässt sich hinters Lenkrad fallen. Reißt ein paar Kabel los. Dreht sie zusammen. Der Wagen springt stotternd an. Wolf reißt mit einem festen Ruck das Lenkrad von links nach rechts. Aber es ist nicht einmal ein Lenkradschloss da, das er brechen könnte.
    Er fährt vor, gegen den Renault 19 und dann rückwärts gegen den Fiat. Schon ist er aus der Parklücke raus. Als Renate den Wagen hinter sich im Schritttempo hört, dreht sie sich um.
    „Gino?“
    Die Beifahrertür fliegt einladend auf.
    Renate beugt sich ins Fahrzeug. „Ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht mehr fahren … Wolf? Du? Aber das ist doch Ginos Auto!“
    „Steig ein.“
    „Hast du den Wagen geklaut? Verfolgst du mich, oder was?“
    Wolf packt zu. Er zieht sie mühelos auf den Beifahrersitz. So viel Kraftaufwand wäre gar nicht nötig gewesen. Ihr Kopf landet in seinem Schoß. Sie kniet auf dem Sitz.
    Wolfs rechter Fuß gibt Gas.
    Der Trabbi macht einen Satz.
    Die Beifahrertür steht sperrweit auf.
    Renate hebt den Kopf und knallt Wolf eine. „Du spinnst wohl?! Halt sofort an! Sofort!“
    Noch eine Ohrfeige. Noch mehr Gas.
    Wolf fährt zu nah an einer Laterne vorbei. Die Tür kracht dagegen und knallt zu. Die Fensterkurbel saust an Renates rechte Wade. Sie schreit gequält auf.
    Blut. Sie fasst hin. Es sprudelt warm.
    Sie zeigt ihm vorwurfsvoll ihre Wunde. „Da! Sieh, was du gemacht hast! Du Trottel. Jetzt halt endlich an.“
    „Ich bring dich nach Hause.“
    „Nein, du Arsch.“
    Sie greift ihm ins Steuer. Der Wagen kommt von der Fahrbahn ab. Er kracht in den Straßengraben.
    Wolf haut Renate gegen das linke Ohr. Gegen die Stirn. Gegen den Hinterkopf.
    „Du blödes Luder, du!“
    Sie stößt die Beifahrertür auf und will hinausspringen. Er greift ihr in die Haare. Ein paar reißen aus. Dann schafft Renate es, aus dem Trabbi zu kommen. Sie rennt aufs offene Feld. Wolf hinterher.
    Er packt sie, zwingt sie, ihn anzusehen.
    „Sag, dass es nicht stimmt!“
    „Was?“
    „Dass du nicht mit ihm geschlafen hast!“
    Sie will ihn jetzt verletzen. Ihm die Ungeheuerlichkeiten heimzahlen.
    „Doch!“, schreit sie. „Und frag nicht, wie! Er hat so einen!“ Sie zeigt ihm ein unglaubliches Maß. „Und er kann es besser als du! War es das, was du hören wolltest?“
    Er schlägt hart zu.
    Sie fällt um. Es tut ihm sofort leid. Er kniet nieder.
    „Renate. Renate, verzeih mir.“
    Er will sie umarmen. Er will bei ihr weinen. Er braucht Trost.
    Sie will
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