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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Autoren: Ju Honisch
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kleines Holzbänkchen zum Niederknien. Das Fresko war direkt auf die Wand gemalt, gegenüber dem Eingang. Darunter war ein kleiner Sims mit Blumen. Wer immer sie gebracht hatte, war noch nicht lange fort. Die Blumen waren nicht mehr frisch, aber auch noch nicht völlig welk.
    „Wir haben doch noch Zeit, nicht?“ fragte Cérise.
    „Genug. Also, was jetzt?“
    Corrisande betrachtete wieder das Bild. Sie wußte wenig über alpine Volksfrömmigkeit, doch ein Bild wie dieses hatte sie noch nicht gesehen. Es war mit leuchtenden Farben gemalt und zeigte drei Frauen in fließenden grauen Roben, die fast wie Nebel aussahen. Sie schwebten über dem Gebirge und lächelten seltsam. Unstet fast.
    „Sie sehen bizarr aus. Ich bin nicht katholisch, doch auf meinen Reisen habe ich immer nur Heilige mit Leidensmiene gesehen. Das sind die heitersten Märtyrerinnen, die mir je untergekommen sind.“
    „Jemand bringt ihnen Blumen“, bemerkte Cérise.
    „Das sollten wir auch“, meinte Sophie und sah sich um. „Es ist spät im Jahr, aber ein paar Pflanzen sollten wir noch finden können, um daraus einen Strauß zu machen.“
    Sie lief um das Kapellchen herum und kam triumphierend mit einem alten Reisigbesen zurück. Sorgsam öffnete sie das Holztürchen und begann, den Raum zu kehren, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt.
    „Wirklich, Frau Treynstern, halten Sie das für nötig?“ fragte Cérise pikiert.
    „Dies ist ein Ort der Verehrung, und wir erwarten Hilfe. Das wenigste, das wir tun können, ist, ihn sauberzumachen und zu schmücken. Pflücken Sie ein paar Blumen oder Kräuter, Mademoiselle. Ich bin sicher, die drei hier werden sich darüber freuen.“
    Corrisande und Cérise begannen, den Boden nach passenden Pflanzen abzusuchen. Alle drei Frauen waren so beschäftigt, daß sie den Mann erst bemerkten, als er sie grüßte.
    „Grüß Gott, die Damen“, sagte er, und Corrisande erkannte in ihm den Mann, der in Gössl aus dem Haus getreten war und ihnen nachgestarrt hatte.
    Sie beantworteten seinen Gruß höflich, doch ohne Herzlichkeit.
    „Schönes Wetter heute“, fuhr er fort, und sie ignorierten ihn.
    „Sind Sie hier in der Sommerfrische?“ fragte er, und diesmal drehte sich Sophie zu ihm um und starrte ihn hochmütig an.
    „Wir sind auf einer Wallfahrt, guter Mann. Für die Rettung unserer Seelen haben wir die Aufgabe übernommen, Andachtsorte wie diesen zu säubern und zu schmücken. Sie müssen gehen und dürfen uns nicht weiter stören. Frauenfrömmigkeit verträgt sich nicht mit Männerbegehren.“
    Der Mann sah sie wie vom Donner gerührt an. Dann schweifte sein Blick zu der hellblonden Schönheit, die den Blick sittsam senkte und sich bekreuzigte. Corrisande kopierte die Geste, und beide Frauen drehten sich von dem Mann fort wie brave kleine Nonnen.
    Das war ihm augenscheinlich peinlich.
    „Ah“, brummte er, „ich will Sie ja nicht stören …“
    „Dann lassen Sie es“, unterbrach in Sophie, deren gestrenger Blick ihm offenbar Unbehagen bereitete.
    „Dann gehe ich wieder …“ fuhr er fort.
    „Mögen die Heiligen Sie beschützen“, schnitt sie ihm das Wort ab.
    „Es ist nur … hier ist es wild und gefährlich. Die Damen sollten hier nicht allein …“
    „Wir sind nie allein. Der Herr ist bei uns.“
    „Ah …“ begann er wieder, anscheinend unsicher, wie er fortfahren sollte. „Es ist nur … ich meine, Sie sollten nicht hier sein, wenn es dunkel …“
    Die beiden jüngeren Frauen hielten sich weiter von ihm abgekehrt und gingen ihrer Aufgabe nach, ohne ihn zu beachten. Die ältere Frau warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
    „Will er damit andeuten, wir seien die Art von Damen, die nach Einbruch der Dunkelheit auf der Straße lungern?“
    „Ah … nein … natü…“
    „Das will ich meinen. Haben Sie die Güte, uns jetzt allein zu lassen. Ich muß sagen, ich bin entsetzt von Ihrem Benehmen. Ich werde mich bei Hochwürden Benedikt beschweren. Er hat uns versichert, wir könnten hier ganz sicher unserer heiligen Pflicht nachkommen, unbelästigt von unverschämten Kerlen, die uns für unmoralisches Weibsvolk halten. Wir hätten diese Aufgabe keinesfalls ohne seinen Schutz übernommen, hätten wir geahnt, daß diese gottesfürchtige Gegend für uns gefährlich werden könnte.“
    „Gnädige Frau …“
    Sie starrte ihn nur an, und er wandte sich um und lief mit erheblicher Geschwindigkeit den Weg zurück, den er gekommen war. Die drei sahen ihm nach, bis er nicht mehr zu
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