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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Autoren: Ju Honisch
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seinen Gedanken wachzurufen, doch Leidenschaft war gefährlich. Er wollte nicht, daß die Liebe, die sie einander gegeben hatten, in seinem eigenen Gemüt in einen brutalen Angriff umgeformt wurde. Das wäre zu simpel. Er mußte sich etwas anderes ausdenken.
    Er dachte an ihr Wiedersehen. Als sie im Frühjahr frisch vermählt nach England zurückgereist waren, war ihre Reise eilig und gehetzt gewesen. Nachdem sie einen gefährlichen Kampf überlebt hatten, war es seine erste Priorität gewesen, das gerettete Artefakt in Sicherheit zu bringen. Sechs Menschen, die durch Europa reisten und dabei versuchten, schneller zu sein als irgendwelche Verfolger, boten keine ideale Ausgangssituation für Romantik. Sie hatten nirgends lange verweilt. Es hatte keine Zeit für Intimitäten mit seiner frischgebackenen Gattin gegeben. Sie hätte ihr neues Heim als Jungfrau erreicht, hätte sie sich ihm nicht schon einmal vor der Heirat hingegeben.
    In Dover angekommen hatte er ihr eine Kutsche gemietet und sie mitsamt ihrer Zofe nach London verfrachtet mit nichts als einer spärlichen Notiz an seinen Vater. „Das ist meine Frau“, stand darin. „Ich weiß, das kommt unerwartet, und du wirst es kaum gutheißen, doch sie ist meine Liebe und mein Leben. Ich muß noch etwas zu Ende bringen. Sei gut zu ihr.‘ Ein paar Worte der Erklärung noch, und schon war Corrisande unterwegs zu seinem Stiefvater. Gemocht hatte sie das nicht, und die Situation mußte peinlich genug gewesen sein. Eine junge Dame in einer Mietkutsche nur mit Zofe und spärlichem Gepäck kam eines Vormittags ins Haus eines völlig Fremden und erklärte ihm, daß sie irgendwo in Europa dessen Sohn geehelicht hatte und nun hierher beordert worden war, um auf ihn zu warten. Keine andere Frau hätte das mitgemacht.
    Er hatte zwei Tage gebraucht, um seinen Auftrag abzuschließen. Erst am Abend des dritten hatte er das Haus am Belgrave Square erreicht, zu spät fürs Abendessen. Hut und Handschuhe hatte er dem Butler zugeworfen, seinen Mantel dem Hausdiener, hatte Befehle bezüglich seines Gepäcks gegeben, während er noch den Korridor durchmaß.
    Schon von dort hatte er die Harfe gehört. Sie hatte der Gemahlin seines Stiefvaters gehört.
    Er hatte den Salon ganz leise betreten und die häusliche Szene genossen, die sich ihm bot. Sir Charles hatte in seinem Stuhl beim Feuer gesessen und gebannt zugehört. Seine strengen Gesichtszüge hatten ungewohnt weich gewirkt, und ein träumerisches Lächeln, das Delacroix in seiner ganzen Jugend nicht gesehen hatte, hatte auf seinen Zügen gelegen. Corrisande hatte an der Harfe gesessen, seine Liebste, seine Frau, seine kleine Nixe. Sie hatte aufgehört zu spielen, als er eintrat, und ihr Gesicht war in vollkommener Freude erstrahlt. Ihr Blick war so voller sehnsüchtiger Leidenschaft gewesen, daß sein Körper darauf reagierte.
    Ganz vorsichtig hatte sie Harfe von sich fortgeschoben, und dann war sie gerannt, auf ihn zu geflogen in einer blauen Wolke von Seide und Spitze, mit wippenden Locken und strahlenden Augen. Er hatte sie geküßt, als wollte er sie nie mehr loslassen, hatte ganz vergessen, daß sie nicht allein waren.
    Delacroix konzentrierte sich auf den Moment, da Corrisande von der Harfe zu ihm blickte. Er hielt sich an diesem Bild fest, kostete jedes Detail der Erinnerung aus: Ihre kleinen Hände, die die Saiten losließen. Ihre Augen, die seine suchten. Ihr schöner Mund, der jäh lächelte, erstrahlte wie Sonnenschein. Ihre zarten Füße, die er gerade ausmachen konnte, während sie auf ihn zu rannte.
    Das tobende Haßgefühl in ihm flaute etwas ab. Noch immer spürte er sein Herz der Hand McMullens entgegenschlagen. Er fragte sich, wieviel von seinen Gedanken und Gefühlen der Magier lesen konnte. Er begriff, daß der andere ihm beim Konzentrieren half. Ihre Blicke waren miteinander verschmolzen.
    „Halten Sie an diesem Gedanken fest“, sagte McMullen. „Ganz fest. Ja, so ist es gut. Die Wand hat sich nicht mehr bewegt. Nein. Sehen Sie nicht hin. Ich halte Ihren Blick. Ich will nicht, daß Sie irgendwo anders hinsehen.“
    Wieder malte er sich die gleiche Szene aus. Sie flog auf ihn zu, viel zu schnell für ein achtbares Mädchen, viel zu stürmisch für eine brave Ehefrau und Dame der Gesellschaft. Freude spiegelte sich in ihrem Gesicht und mehr als das. Ein Versprechen von viel, viel mehr. Sie hatte es noch in der gleichen Nacht gehalten.
    Delacroix ’ Erinnerung wanderte zu der Nacht nach jenem Abend. Er hatte
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