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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Autoren: Ju Honisch
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…“
    Er verstummte, konzentrierte sich auf die Messerklinge in seiner Hand und die Pflicht, sie zu führen. Er hatte immer seine Pflicht erfüllt. Das würde er auch diesmal tun. Mehr war es nicht. Schnell töten hatte er immer gekonnt.
    McMullens Hand glitt über seine, hielt sie fest. Die Hand war kalt und klamm vor Schweiß.
    „Nein!“ befahl er. „Nein. Vollenden Sie nicht das Opfer. Das Ergebnis mag das gleiche sein, aber es ist ihre Pflicht, dagegen anzukämpfen. Sie müssen sich wehren!“
    Wie bekämpfte man einen fremden Gott?
    Delacroix sah ihn zweifelnd an.
    „Sicher?“ fragte er.
    „Nein“, war die Antwort. „Nicht sicher. Doch es ergibt mehr Sinn.“
    „Aber ich …“
    „Ich weiß. Sie hassen es zu verlieren. Sie würden lieber dem Ding die Chancen auf einen Sieg stehlen, indem Sie sich entziehen. Doch es ist keine Schande, gegen einen Götzen zu verlieren – oder was immer es ist. Auch ist mir Ihre Ehre im Augenblick ziemlich gleichgültig, genauso Ihr Ruf als tapferer Kämpfer. Was mich interessiert, ist unser Überleben.“
    Delacroix starrte ihn verdrießlich an, fühlte die Wut in sich lodern. Er atmete tief ein.
    „Vielleicht. Vermutlich haben Sie recht“, brummte er schließlich heiser.
    Sie rappelten sich mühsam auf, als die Wand wiederum näher rückte. Diesmal stiegen sie rückwärts die Treppe hoch, hörten nicht auf, das Nahen des Feindes zu beobachten. Das Kratzen war inzwischen sehr nah. Vor seinem geistigen Auge sah Delacroix die rasiermesserscharfen Krallen, die sich in den Wall hackten, der die einzige Barriere zwischen dem Wesen und seinem angestrebten Ziel war. Es wollte ihn. Er wußte nicht wofür und fragte auch nicht McMullen. Es vorher zu wissen machte keinen Unterschied. Er würde es früh genug erleben.
    Noch ein Schritt. Rennen konnten sie nicht mehr. Sie wußten nicht wohin, wußten nicht, wann oder wo die Treppe enden würde.
    „Es spürt Sie, da bin ich mir sicher. Es spürt Sie durch die Verbindung, die es zu Ihnen hat“, sagte McMullen. „Zu Ihrer Wut. Fühlen Sie es auch?“
    Delacroix nickte nur, biß die Zähne vor Konzentration aufeinander.
    „Ich weiß nicht, ob es helfen wird, aber vielleicht können wir es ein wenig betrügen. Sehen sie in meine Augen!“
    „Ich lasse mich verdammt noch mal nicht mesmerisieren!“ knurrte der Hüne und blickte bewußt von seinem Gefährten fort.
    „Sie haben die Wahl. Es ist – tatsächlich – Ihre Wahl.“
    „Meine Wahl?“
    „Ich sollte Ihnen keine Wahl zugestehen. Doch ich denke, es ist wichtig, daß Sie es freiwillig tun. Öffnen Sie Ihr Herz. Um unser beider Leben willen, seien Sie nachgiebig und sanftmütig. Nur dieses eine Mal. Ich weiß, das erfordert Mut.“
    Delacroix starrte McMullen an. Sie stiegen eine Stufe weiter, dann hielten sie inne.
    Jetzt wandte er sich direkt dem Magier zu, blickte in dessen Augen. Der ältere Mann fing seinen Blick und hielt ihn fest. Er streckte seine Hand aus, setzte sie flach auf Delacroix‘ Brust genau über dessen Herz.
    „Denken Sie an Ihre Liebe!“
    Delacroix focht gegen die plötzliche Invasion seines Selbst. Er wollte nicht die Kontrolle über seinen Willen verlieren. Auch wollte er nicht an Corrisande denken. Es schien ihm, als verrate er sie, wenn er jetzt an sie dachte.
    „Nicht wehren! Denken Sie an ihr Lächeln. Konzentrieren Sie sich. Vertrauen Sie mir!“
    Da war es, Corrisandes Lächeln, direkt aus seinem Gedächtnis gezogen. Es strahlte ihn an, ihre himmelblauen Augen funkelten, umrandet von ihren langen Wimpern wie von Blütenblättern. Dann änderten sich die Augen. Er kniete neben ihr, wie vor einem halben Jahr, hob den Dolch an ihr Herz und stach zu, spießte ihren zarten Körper auf. Diesmal hielt ihn niemand auf, und er schrie vor wütendem Entsetzen.
    Sein Herz hämmerte der Hand seines Freundes entgegen.
    „Sie müssen sich zusammenreißen. Es versucht bereits, Sie zu beherrschen. Denken Sie an etwas Romantisches. Herrgott noch mal! Sie haben eine schöne, junge Frau. Sie müssen doch irgend etwas Romantisches erlebt haben!“
    Er kämpfte sich von der falschen Erinnerung frei, die damals fast Wahrheit geworden wäre. Romantik. Wie konnte er an Romantik denken, wenn nur ein paar Schritte entfernt ein Monster auf ihm lauerte, das ein Heim in ihm hatte, ein möbliertes Zimmer in seiner Seele, von dem aus es seine Wut in Raserei umschlagen ließ?
    Er versuchte sich zu erinnern. Romantik, nicht Leidenschaft. Leidenschaft wäre einfacher in
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