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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz
Autoren: Ines Eberl
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steinernen Theatermasken bewachten Portal noch einmal um und hob winkend die Hand. Hubert drückte mehrmals auf den Auslöser seiner Kamera, da wurde er rüde am Arm gepackt und beiseitegezogen.
    »Scheiße«, fluchte er.
    »Na, na, Hubert – etwas mehr Contenance, bitte.«
    Er drehte sich um. Vor ihm stand Katharina im eng sitzenden Seidenkostüm. In der rechten Hand hielt sie eine elegante Lacktasche, die für die Abendgarderobe eindeutig zu groß war. Sie lächelte ihn an. Doch der vorwurfsvolle Blick in ihren schrägen Augen war nicht zu übersehen.
    »Hallo, Katja«, sagte Hubert. Dass er gerade hier auf die Kollegin von der Zeitung treffen musste.
    »Verdammt, wo warst du heute Nachmittag?«, sagte sie. »Auf dich ist einfach nie Verlass! Vierzehn Uhr, Friedhof von St. Peter, erinnerst du dich?«
    »Was?«
    »Beisetzung Professor Arnulf Salchenegger, renommierter Kunsthistoriker und zukünftigen Ehrenbürger der Stadt Salzburg, was dir aber offenbar entfallen ist. Alle Welt war vor Ort, und ich? Mal wieder ohne Fotograf!«
    Hubert stöhnte. »Patsch-Petry hat mich heute Morgen für das Interview mit der neuen Buhlschaft eingeteilt, und wenn der Lokalchef …«
    »Lokalchef!«, zischte Katja. » Du , mein Bester, arbeitest für mich und nicht für den Lokalteil, ist das klar?« Sie fixierte ihn, obwohl Hubert gut und gerne einen Kopf größer war als sie. »Lass mich ja nie wieder irgendwo im Regen stehen.«
    »Wozu brauchst du überhaupt neue Beerdigungsfotos?«, entgegnete Hubert. »Wir waren doch erst bei diesem Galeristen. Diesem … na, der da letzte Woche ertrunken ist.«
    »Matteo Tappeiner.« Katja schüttelte den Kopf. »Du wirst’s nie lernen, Hubert.« Sie verzog ihre kurze sommersprossige Nase. »Ja, das war Pech. Klarer Fall von zur falschen Zeit am falschen Ort.«
    Hubert warf seiner Kollegin einen erstaunten Blick zu. »Wusste gar nicht, dass du den so gut gekannt hast. Woher diese Anteilnahme?«
    »Ich? Wie kommst du denn darauf?« Ihre grünen Augen funkelten Hubert an.
    »Du hast doch gerade gesagt, zur falschen Zeit …«
    » Wir , du Hohlkopf! Wir waren am falschen Ort.«
    Ein Fernsehteam wollte sich an ihnen vorbei Richtung Eingang schieben, aber Katja zuckte nur mit der schmalen Schulter, als wollte sie eine lästige Fliege abwehren, und wich keinen Schritt zur Seite.
    »An dem Abend«, fuhr sie fort, »waren wir beim Empfang für die Wirtschaft.«
    »Na und?«
    »Und Tappeiner war auf der Figaropremiere. Verstehst du?«
    Hubert schüttelte den Kopf. Seine Termine waren vorgegeben.
    »Wenn wir auch im Großen Festspielhaus gewesen wären, hätten wir jetzt wahrscheinlich die letzten Fotos von ihm. Aber so … Hören Sie mal, Kollege!« Katja drehte sich zu dem drängelnden Kameramann um. »Nehmen Sie Ihre Kamera von meiner Schulter und wedeln Sie mir mit Ihrem Mikro nicht vor der Nase herum! Hier gibt es genug Arbeit für alle.«
    Der Fernsehmann zog sich mit ein paar gemurmelten Unfreundlichkeiten in die Menge zurück. Katja wandte sich wieder Hubert zu.
    »Bildunterschrift: Matteo Tappeiner wenige Stunden vor seinem gewaltsamen Tod. Oder so ähnlich. Kapiert?« Sie seufzte genervt.
    »Wieso gewaltsam?«, fragte Hubert. Er versuchte, sich an die Presseaussendung der Galerie zu erinnern. »Ich denke, er ist im Hellbrunner Park im Karpfenteich ertrunken? Wenn du mich fragst, ein ziemlich unspektakuläres Ende.«
    »Ach was.« Katja starrte missmutig vor sich hin. Dann schien ihr einzufallen, wie sie ihrem Ärger Luft verschaffen konnte, denn sie drehte sich schnell wieder zu Hubert. »Das entschuldigt jedenfalls nicht, dass du mich auf der Beerdigung von Salchenegger im Stich gelassen hast. Erst ein international bekannter Galerist und zwei Tage später ein berühmter Kunstprofessor – das kann man ja wohl nicht ignorieren? Im Übrigen reicht dem Kremser mein Nachruf von letzter Woche auf seinen Freund Tappeiner nicht. Der Herr Chefredakteur will auch noch einen Artikel für die Samstagsausgabe. Und da könnten vielleicht ein paar passende Worte über Arnulf Salchenegger mit Fotos et cetera … Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?«
    Hubert hob langsam die Kamera. Wie ein Jäger, der, das Wild im Auge, sein Gewehr in Anschlag bringt, fixierte er einen knallgelben Ferrari, der sich im Schritttempo durch die Hofstallgasse dem Festspielhaus näherte. Ein Angestellter eilte herbei und öffnete die Fahrertür des tief liegenden Autos. Sofort erhob sich ein Blitzlichtgewitter. Hubert ging
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