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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz
Autoren: Ines Eberl
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an.«
    »Nur aus Ehe zwei und drei. Die Kinder aus Ehe eins haben selbst schon Kinder … Ach ja, dann wäre da noch die neue Ophelia, der kommende Stern am Theaterhimmel. Sie kommt aus Balassagyarmat …«
    »Gesundheit!« Hubert fragte sich immer wieder, warum sich Katja solche Einzelheiten überhaupt merkte. Im nächsten Jahr würde sich sowieso keiner mehr an die junge Dame erinnern.
    Katharina verdrehte die Augen. »Na, aus Ungarn halt! Sehr fotogen, aber ich wette, sie kann außer ihrem Rollentext kein Wort Deutsch oder Englisch. Sie soll uns aber auf alle Fälle ein Interview geben. Ihr Regisseur, mit dem sie übrigens zusammenlebt, hat mich heute Morgen auf dem Handy angerufen und dringend darum gebeten – als Gegenleistung sind wir morgen exklusiv auf der Premierenfeier … Da, schau, der Bundespräsident, wie reizend! Los, an die Arbeit, Hubert!«
    Es war gegen Mitternacht, als Hubert endlich in die Redaktion zurückkehrte. Nach kurzer Suche fand er das Kuvert mit der Aufschrift »Tappeiner«. Er warf nur einen kurzen Blick auf die Kontaktabzüge mit den Aufnahmen des Begräbnisses, dann zog er zwei großformatige Hochglanzabzüge hervor; Polizeifotos, die den Toten nach seiner Auffindung im Hellbrunner Schlosspark zeigten.
    Nachdenklich betrachtete er die Bilder. Wie das Opfer eines grausamen Wassergottes lag der Galerist bleich und mit geschlossenen Augen auf der steinernen Umrandung des Teiches. Die Einladungen in seine Anifer Galerie für moderne Kunst waren stets ein Fixpunkt der Salzburger Festspielsaison gewesen. Auch die diesjährige Vernissage war bereits im Terminkalender der Redaktion eingetragen.
    Er warf den Umschlag mit den Polizeifotos wieder in die Schublade und griff nach den Kontaktabzügen für Katja. Die letzten Bilder des Galeristen brauchte er ihr nicht zu zeigen. Wasserleichen fielen schließlich nicht in das Ressort einer Society-Hyäne.

VIER
    Wie ein steinernes Haupt vom Mönchsberg blickte die Festung vom Halbmond beschienen auf die Stadt herab. Die Beleuchtung des Wanderweges am Hang strahlte hinunter bis zu den menschenleeren Gassen und Plätzen der Altstadt. Der tägliche Verkehrsstrom war längst versiegt, und die Lichter in den Fenstern der Stadt erloschen. Im schwarzen Wasser der Salzach spiegelte sich der fahle Schein der Straßenlaternen.
    Im Stadtteil Aigen brannte um diese Zeit kaum noch Licht. Vor einigen Minuten war das letzte Auto durch die fast leere Schwarzenbergpromenade gefahren. Für einen kurzen Moment hatten seine Scheinwerfer einen einzelnen Spaziergänger erfasst, der daraufhin seine Schritte beschleunigt hatte und in einen schmalen Seitenweg eingebogen war. Kurz darauf war er wieder aufgetaucht, und jetzt stand die breite Gestalt im Schatten einer hohen Hecke, ein paar Meter außerhalb des Lichtkreises, den die nächste Straßenlaterne auf den Asphalt malte, sodass er sich durch seine dunkle Kleidung kaum von der Umgebung abhob.
    Trotz der Wärme der Augustnacht trug der Spaziergänger eine dicke Jacke. Bereits seit fast einer Stunde trieb er sich in der Nähe einer Biedermeiervilla herum, die abgeschirmt durch eine hohe Hecke in einem parkähnlichen Garten stand. Zum wiederholten Mal blieb er am schmiedeeisernen Einfahrtstor stehen und blickte die im nächtlichen Dämmerlicht grau scheinende Fassade hinauf. Dann zog er ein Taschentuch aus der Jackentasche und fuhr sich damit über die Stirn. In diesem Moment erlosch das Licht im offenen Dachgeschossfenster.
    Der Vermummte wartete noch eine Viertelstunde an der eisernen Gartentür. Dann ging er mit schnellen Schritten an der Hecke entlang, sodass sein Schatten mit dem Laubwerk verschmolz. Seine rechte Hand streifte an den trockenen Zweigen entlang. Dann blieb der Mann stehen. Zuerst verschwand sein Arm zwischen den Blättern, nach einem raschen Blick über die Schulter auch der gewichtige Körper. Offensichtlich kannte der Mann die Lücke in dem von der Hecke überwucherten Zaun.
    Der Garten lag im Halbdunkel. Die Blätter der Bäume bewegten sich sacht im Nachtwind und warfen dort, wo das entfernte Licht der Straßenlaterne sie erreichte, bizarre Schatten auf den weißen Kiesweg, der zur Haustür führte. Der Mann sah zu den beiden Terrassentüren hinüber, dann duckte er sich und huschte über den Rasen.
    Das Gras war feucht, und die Sohlen seiner Schuhe hinterließen dunkle Abdrücke im silbrigen Tau. Er stolperte über die unebenen Steine der Terrasse und wäre fast gestürzt. Leise fluchend erreichte
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