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Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai

Titel: Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Francesco Sorti
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Berlin-Dahlem 1943) mit einem Vorwort von Himmler.
    Doch der Reichsführer SS hatte Mussolini das gebrochene Versprechen nicht verziehen. Als im Frühsommer 1944 die amerikanische 6. Armee an der Adriaküste nach Norden vorstößt und die Deutschen sich auf die sogenannte «Gotenlinie» am Apennin zurückziehen, ist für Himmler die Gelegenheit zur Rache gekommen. Im Juli 1944 fährt ein SS-Sonderkommando zum Palazzo des Grafen Balleani in Fontedamo, ein paar Kilometer westlich von Ancona. Sie klopfen, niemand öffnet. Die Tür wird eingetreten, das Haus von oben bis unten durchsucht, aber der Codex aesinas ist nicht zu finden. Außer sich vor Wut zerstören die SS-Männer das Mobiliar, schlitzen Polster und Gemälde auf, kratzen die Fresken von den Wänden und reißen die Bodenmosaiken heraus. Alles zwecklos, von der Germania keine Spur.
    Das Kommando durchsucht noch zwei weitere Wohnstätten der Balleani, wenngleich nicht ganz so barbarisch: das Haus in Osimo (in dem die Balleani sich so gut versteckt haben, dass sie bei der Durchsuchung nicht bemerkt wurden) und den Palazzo der Familie auf der großen Piazza von Jesi. Erschöpft und gereizt durch die ergebnislose Suche, räumen die Soldaten des Reichs schließlich die Piazza des Städtchens in den Marken. Sie hätten es niemals geglaubt, aber sie waren einen Schritt von dem, was sie suchten, entfernt: In einem winzigen Küchenkeller des noblen Palazzo der Balleani befand sich, verborgen in einer mit Zinn verstärkten Holzkiste, das heißersehnte Manuskript.
    Wenn Himmler gewusst hätte, wie viele Zweifel man an der Echtheit der Germania von Tacitus hegen kann, hätte er sich und seinen Männern die Blamage von Jesi wahrscheinlich erspart.
    Nach einer Reihe teilweise ungeklärter Vorfälle (das Verschwinden und Auftauchen an verschiedenen Orten, die schweren Beschädigungen des Kodex durch das Hochwasser, das 1966 in Florenz herrschte, außerdem der illegale Versuch der Besitzer, ihn ins Ausland zu verkaufen) befindet sich der Codex aesinas heute im Besitz des italienischen Staates und kann in der Nationalbibliothek in Rom eingesehen werden, wo er als Kodex Vittorio Emanuele 1631 registriert ist.

Die Vergangenheit, die nicht vergeht
    Wenn die Germania nicht von Tacitus verfasst wurde, sondern eine Fälschung oder eine geschickte Manipulation zu politischen, religiösen oder ideologischen Zwecken ist, sind Philologen, Literaturwissenschaftler und Historiker aufgerufen, den Betrug zu entlarven. Wenn diese wissenschaftlichen Disziplinen sich dem Problem jedoch nicht stellen wollen oder sogar alles unternehmen, damit es unbekannt bleibt und nicht diskutiert wird, gibt es noch andere Möglichkeiten, der Sache nachzugehen, an die der aufmerksame Leser vielleicht schon gedacht hat.
    Um die Mitte der sechziger Jahre fragte sich der angesehene Archäologe Herbert Jankuhn, ob der Inhalt der Germania sich womöglich durch archäologische Funde aus römischer Zeit auf deutschem Gebiet bestätigen lasse und damit ein wichtiger Beweis für ihre Glaubwürdigkeit erbracht werden könne. Wie geschickt Poggio Bracciolini oder ein anderer Fälscher die Schrift des Tacitus auch immer manipuliert haben mochten – sie hätten doch niemals wissen können, welche Reste römischer Zivilisation sich auf deutschem Boden finden lassen und von der Fälschung zeugen könnten. In den letzten Sätzen seiner Arbeit ( Archeologische Bemerkungen zur Glaubwürdigkeit des Tacitus in der Germania , in: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, 10 [1966]) kommt Jankuhn zu dem Ergebnis, dass das, was Tacitus schreibt, von den archäologischen Befunden tatsächlich nicht voll und ganz bestätigt wird. Trotzdem lautet seine nachdrückliche Schlussfolgerung (S. 426), dass solche Diskrepanzen, auch wenn sie «nicht zu leugnen sind», dennoch «den Eindruck guter Unterrichtung des römischen Autors nicht ernsthaft in Frage stellen können». Nach diesen Worten hat niemand mehr gewagt, die Glaubwürdigkeit des Tacitus-Textes auf der Basis archäologischer Funde in Frage zu stellen.
    Jankuhn (1905-1990) war schon in den dreißiger Jahren einer der bedeutendsten Vertreter der prähistorischen und mittelalterlichen Archäologie. Mit seinem Namen verbindet sich vor allem der berühmte Ausgrabungsort Haithabu, wo man eine bedeutende Wikingersiedlung aus dem 8. Jahrhundert entdeckte.
    Seine Handlungs- und Lehrfreiheit verdankte Jankuhn allerdings dem Naziregime, dessen wertvoller Mitarbeiter und
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