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Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai

Titel: Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Francesco Sorti
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andere zu sprechen und will deswegen ein wenig früher zu ihm gehen.»
    Damit verließ er ihn, nahm einen kleinen Umweg und ging zu der Frau Zeppas, die ihn sogleich in ihre Kammer führte; doch waren sie noch nicht lange darin, als Zeppa nach Hause kam. Sobald seine Frau ihn hörte, stellte sie sich ganz erschrocken, hieß ihren Nachbar sich in die Kiste verstecken, schloß ihn ein und ging aus der Kammer. Zeppa kam hinauf und sagte: «Frau, ist es schon Zeit zum Essen?»
    «Ja, es wird bald Zeit sein», gab sie ihm zur Antwort. «Spinelloccio ist heute bei einem Freunde zu Gast», sprach Zeppa, «und seine Frau ist allein. Gehe ans Fenster und bitte sie, herumzukommen, um mit uns zu essen.»
    Die Frau, die für sich selber fürchtete und darum peinlich gehorchte, tat, was er befahl, und als ihre Nachbarin hörte, daß ihr Mann nicht nach Hause käme, ging sie nach einigem Bitten und Nötigen zu ihr hinüber. Zeppa empfing sie sehr freundlich, nahm sie vertraulich bei der Hand und gab seiner Frau einen Wink, sich in der Küche etwas zu schaffen zu machen. Unterdessen führte er seine Nachbarin in die Kammer und schloß plötzlich die Tür hinter sich zu.
    «Himmel!» rief sie. «Was soll das bedeuten Zeppa? Habt Ihr mich darum in diese Kammer geführt? Ist das die Frucht Eurer Freundschaft für Spinelloccio und Eures vertraulichen Umganges mit ihm?»
    Zeppa ging mit ihr näher zu der Kiste, in der ihr Mann verborgen war, und sagte zu ihr, indem er sie fest in seinen Armen hielt: «Weibchen, ehe du mir zürnst, so höre, was ich zu sagen habe: Ich habe Spinelloccio wie meinen Bruder geliebt und liebe ihn noch; aber gestern, als er sich’s nicht versah, habe ich entdeckt, daß meine große Vertraulichkeit mit ihm ihn dahin gebracht hat, daß er bei meiner Frau liegt wie bei dir. Weil ich ihn aber lieb habe, so will ich mich nicht strenger an ihm rächen, als er mich beleidigt hat. Er hat meine Frau gehabt, und ich will die seine haben. Gefällt dir das nicht, so ertappe ich ihn wohl einmal, und da ich nicht willens bin, das ungerächt hingehen zu lassen, so werde ich ihm dergestalt mitspielen, daß es dich und ihn auf immer gereuen soll.»
    Die Frau sträubte sich lange, es zu glauben; als Zeppa es ihr aber so nahelegte, daß sie seine Worte nicht länger bezweifeln konnte, sagte sie: «Lieber Zeppa, wenn ich denn für meinen Mann büßen soll, so muß ich mich darein ergeben; doch mußt du mir versprechen, daß du deine Frau bewegen willst, mir deswegen ebensowenig böse zu werden, wie ich ihr das übelnehmen will, was sie an mir getan hat, und daß wir nach wie vor gute Freundinnen bleiben.»
    «Das nehme ich auf mich», sprach Zeppa, «und ich will dir noch überdies ein so hübsches und kostbares Kleinod verehren, wie dir wohl noch niemand eins geschenkt hat.» Mit diesen Worten schloß er sie noch fester und feuriger in seine Arme und warf sie unter Küssen über die Kiste, in der ihr Mann steckte, und vergnügte sich mit ihr und sie mit ihm, solange es ihm gefiel.
    Spinelloccio in der Kiste, der jedes Wort Zeppas und die Antwort seiner Frau gehört hatte, und den Walzer, den sie ihm hernach über dem Kopfe tanzten, wollte anfänglich vor Qual schier sterben, und nur seine Furcht vor Zeppa konnte ihn abhalten, seine Frau mit Scheltworten aus seinem Gefängnis anzudonnern. Als er aber bedachte, daß er selbst den ersten Anlaß zu dem Schimpf gegeben hatte, daß Zeppa ein Recht hatte, zu tun, was er tat, und daß er menschlich und brüderlich mit ihm verfuhr, ließ er seinen Zorn fahren und wünschte nichts, als ferner noch mehr als zuvor in Freundschaft mit ihm zu leben, wenn der es wolle.
    Als Zeppa seine Rache genügend befriedigt hatte, stieg er von der Kiste herab. Seine hübsche Nachbarin erinnerte ihn an das versprochene Kleinod. Er öffnete die Tür und rief seine Frau, welche lächelnd hereintrat und nichts weiter sagte als: «Madonna, Ihr habt mir Gleiches mit Gleichem bezahlt.»
    «Öffne jetzt diese Kiste», sprach Zeppa zu seiner Frau. Sie tat es, und Zeppa zeigte seiner Nachbarin ihren Mann, der darin lag. Viel wäre nötig zu sagen, wer von den beiden sich mehr schämte, ob Spinelloccio, als er Zeppa sah und nun wußte, daß jener wisse, was er getan, oder die Frau, als sie ihren Mann sah und erkannte, daß er alles, was sie über seinem Kopf getan hatten, gehört und gemerkt hatte. Zeppa aber sagte zu ihr: «Hier ist das Kleinod, womit ich dich beschenke.» Spinelloccio kroch aus der Kiste und
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