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Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai

Titel: Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Francesco Sorti
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wichtigste Mitarbeiter Himmlers bei der Schaffung eines archäologischen Substrats für die Ideologie des Dritten Reichs bis in allerjüngste Zeit seelenruhig in Amt und Würden sitzen konnte?
    Den Aussagen einiger Wissenschaftler zufolge (vgl. Krall, S. 93f.), überlebte in der Altertumskunde noch lange nach 1945 eine Art Netzwerk aus ehemaligen Mitgliedern des «Ahnenerbes», die durch gegenseitige Unterstützung und vor allem durch günstige Zeugenaussagen der Mitglieder füreinander die Rolle Jankuhns in Himmlers Hofstaat herunterspielen konnte. Krall kommt zu dem Schluss: «Die Entnazifizierung muss daher im Fall der Ur- und Frühgeschichte eher als gescheitert angesehen werden» (ebd.).
    Die Namen der ehemaligen Genossen Jankuhns sind seit langer Zeit bekannt: eine ganze Reihe Historiker und Juristen, die während der Nazizeit wichtige Positionen innehatten und sich unter anderem für seine Berufung nach Göttingen und seine Zuwahl in die Akademie der Wissenschaften einsetzten (vgl. U. Halle, Die Externsteine sind bis auf weiteres germanisch! Prähistorische Archäologie im Dritten Reich , Bielefeld 2002).
    Eines der entscheidenden Kapitel in der Kontroverse um Tacitus’ Germania ist also von einem überzeugten Nazi und Mitarbeiter Himmlers geschrieben worden, den seine ehemaligen Komplizen später gedeckt haben. Sein ursprünglicher Plan bestand darin, die Überlegenheit des Volkes der Germanen zu rechtfertigen, indem er ihnen mit Hilfe des Textes von Tacitus eine mythisch überhöhte, märchenhafte Vergangenheit erschuf. Vom Hitlerregime übernommen, haben sich die gefährlichen ideologischen Fälschungen der elsassischen Humanisten ebenso wie ihre Verbreiter problemlos bis in unsere Tage erhalten.

Wird die Geschichte (seit Generationen)
von Fälschern geschrieben?
    Auch wir waren fassungslos. Wir brauchten ein wenig Zeit, bevor wir diese überraschende Erkenntnis akzeptieren können. Ein paar Tage lang sind wir verwirrt und ratlos durch die Bibliotheken gelaufen, die eben noch Schauplatz unserer Entdeckungen gewesen waren, und hofften, wir hätten uns geirrt. Eine naive Hoffnung! Als wir im 15. und 16. Jahrhundert angelangt waren, nachdem wir Jahre mit dem Studium von Quellen aus den folgenden Jahrhunderten, besonders des 17. und 18. zugebracht hatten, hatten wir uns bereits daran gewöhnt, immer wieder auf parteiische Historiker zu stoßen. Aber nie hätten wir uns eine solche Dreistigkeit beim Fälschen historischer Wahrheiten vorzustellen gewagt, und erst nicht recht, dass dies die wirklichen, ja sogar die einzigen Hauptfiguren der Geschichte sind: die Großen Fälscher. Wir hatten vorgehabt, uns in Gesellschaft Salais ein bisschen zu amüsieren, freilich mit den polemischen Absichten, die wir zu Beginn dieses Apologs erklärt haben, doch sieh mal einer an, wo unsere Nachforschungen uns hingeführt haben.
    Die erste Reaktion war die, den Deckel dieser Büchse der Pandora schnell wieder zu schließen, alles aufzugeben und uns aufs Land zurückzuziehen; die zweite, etwas weniger radikale, uns sofort wieder dem Studium unseres geliebten Barock, anderthalb Jahrhunderte nach Burkard, zuzuwenden. Doch da meldete sich eine unangenehme Erinnerung an eine länger zurückliegende Begebenheit. Als Italien damals beschloss, unseren Büchern Tür und Tor zu verschließen, hatten wir ein interessantes Telefongespräch mit einem Journalisten des bekannten Wochenblatts L’Espresso , den wir kontaktiert hatten, weil wir ihm vorschlagen wollten, eine Rezension unseres ersten historischen Romans Imprimatur zu schreiben. Der Journalist (ein wichtiger Name in dem römischen Nachrichtenmagazin) bekundete zunächst großes Interesse und schlug sogar vor, in der Internetausgabe der Zeitschrift einige der von uns entdeckten historischen Dokumente zu zeigen. Nachdem er den Roman gelesen hatte, änderte sich der Ton. «Ihr Buch ist gefährlich!», brüllte er mehrmals hysterisch am Telefon, während wir vor Überraschung verstummten. «Es suggeriert die Vorstellung, dass die ganze Geschichte eine Fälschung ist, dass in den Büchern der Historiker nur Unsinn steht. Wollen Sie wissen, was ich denke? Ich hoffe inständig, dass niemand etwas von Ihrem Buch erfährt und dass keine Zeitung auch nur eine Zeile darüber schreibt!» Dann wartete er auf unsere Reaktion. Wir bedankten uns für die interessante Meinungsäußerung und verabschiedeten uns höflich (nachdem wir aufgelegt hatten, mussten wir uns erst einmal hinsetzen, um uns
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