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Sagen aus dem Rheinland

Sagen aus dem Rheinland

Titel: Sagen aus dem Rheinland
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Mauritius, die aus Morschweiler stammte, vergaß man. Die Dorfkinder spielten damit und führten das hölzerne Pferd auf den Grasplatz bei der Kirche zur Weide. Eines Abends nahmen zwei Geschwister die Statue verstohlen mit heim. Als sie größer geworden waren und nicht mehr mit dem Pferd des Heiligen spielten, wurde die Statue in den Speicher gestellt und geriet allmählich in Vergessenheit. Da oben in der staubigen Dachkammer zwischen Spinnen und Mäusen mochte es dem Heiligen wenig gefallen. Durch eine Dachlucke konnte er auf die schöne neue Pfarrkirche hinübersehen, während er sich mit einem düsteren Kämmerlein begnügen mußte.
    Eines Tages nun merkte der Bauer, daß sein Hafer, den er auch auf dem Speicher dem Heiligen gegenüber in einer Ecke aufgeschüttet hatte, bedenklich abnahm. Er dachte, es wären die Mäuse, und hielt sich Katzen. Doch das half nichts. Da meinte er, die Spatzen könnten den Hafer vielleicht gefressen haben, ließ sein Strohdach ausbessern und Drahtnetze vor die Lucken ziehen. Aber der Hafer nahm immer weiter ab.
    Schließlich versteckte sich der Mann mit zwei Nachbarn auf dem Speicher im Stroh und wachte eine Nacht über, um endlich den Dieb zu erwischen. Da, als es zwölf Uhr schlug, bewegte sich der hölzerne Mauritius, gab seinem Schimmel die Sporen, und das Tier sprang von der Mauer herab, auf der es stand, nach der andern Ecke, mitten in den Hafer hinein, fraß sich dort tüchtig satt und schritt dann gemächlich in seine Ecke zurück. Roß und Reiter standen dann wieder unbeweglich dort wie zuvor.
    Am andern Morgen ließ sich der Bauer vom Küster gleich die Kirche aufschließen und trug die Holzstatue auf seinen Armen hinein. So hatte Mauritius wieder einen Aufenthalt, wie er sich für einen Heiligen geziemt, und dem Bauern wurde kein Hafer mehr weggefressen.

Der Heribertsborn
    Zwischen der Stadt Solingen und den Dörfern Witzhelden und Leichlingen erhebt sich ein bedeutender waldbedeckter Höhenzug, das Grünscheidt; auf diesem entspringt, von allen menschlichen Wohnungen entfernt, der Heribertsborn. An diesem Borne will man oft eine weiße Frau, oft deren drei erblickt haben. Einige Augenzeugen bemerkten sie, in blendend weiße Gewande gehüllt, unter hohen Bäumen sitzen; andere erzählen, sie pflegten in dem Quell zu baden. Alle Wanderer, welche am Tage, besonders die, welche zur Abendzeit an dieser Stelle vorbei müssen, tun dieses nicht ohne Grausen, obschon man nicht gehört hat, daß die Erscheinungen je einem ein Leides getan. Wenn Leichen an dieser Stelle vorbei getragen werden, was wohl zu geschehen pflegt, da die Bewohner der nahen Weiler ihre Toten nach den Friedhöfen von Leichlingen, Witzhelden oder Solingen bringen, setzen sie hier die Bahre nieder, sprechen im Stillen ein Gebet und verfolgen dann erst ihren Weg. Es wird erzählt, daß noch während der letzten Jahre ein Bewohner des Rheintales, welcher nach Solingen wollte und sich den näheren Weg durch den Gebirgswald beschreiben ließ, in demselben irre geworden, die Kreuz und Quer, bergan und bergab gezogen, bis zum Sinken der Nacht ohne Ausweg geblieben, endlich in seiner Trostlosigkeit an jene Bäume gelangt sei. Dort habe er drei hohe Frauen in schimmernd weißen Gewanden nebeneinander sitzen sehen. Obschon ihm das Herz hier tief im Walde in der Dämmerung dieser Erscheinung gegenüber erbebte, und obschon er sich nicht getraute, näher zu treten, fragte der Verirrte bescheiden nach dem Wege, worauf eine der Frauen sich aufrichtete und hochragend mit der Hand nach der Gegend winkte, wo sein Weg lag, welchem der Wanderer sich auch gleich mit beklommenem Herzen und wankenden Knien zuwandte. Er gelangte bald zu einem Weiler, hörte dessen Bewohner, die er um den ferneren Weg anging, manches Verdächtigte über die Frauen am Borne murmeln, fand aber keine Ursache, sich über die Weißen zu beklagen, indem sie ihm den kürzesten Weg zum Ziele angedeutet hatten.

Der Kalkbrenner aus Birkenfeld und der Teufel
    In Birkenfeld lebte vor langer Zeit in der Achtstraße ein armer Kalkbrenner namens Jakob. Sein Kalkofen befand sich am Palmsberg, am Wege nach Neubrücke, und heute noch heißt die Stelle im Volksmund »Am Kalkofen«.
    In der bittersten Not, als seine zahlreiche Familie schon Hunger litt, entschloß sich der arme Mann in einer schlaflosen Nacht, ein Bündnis mit dem Teufel einzugehen. Dieser fand sich auch schon am folgenden Morgen, als vornehmer Herr auftretend, am Kalkofen ein und versprach, den
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