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Sag niemals nie

Sag niemals nie

Titel: Sag niemals nie
Autoren: India Grey
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habe schon in Untergrundbahnhöfen geschlafen. Ich habe kein Problem damit, mich hier zu unterhalten. Und es wird ohnehin nicht lange dauern.“
    „Stimmt. Ich habe dir nämlich nichts zu sagen.“
    Kampflustig sah sie ihn an, obwohl ihr zum Weinen war. Er wandte sich halb ab. Kurz meinte sie, in seinen Zügen einen verzweifelten Ausdruck zu sehen.
    „Bitte, Anna. Sag es mir einfach. Es wäre durchaus möglich, dass du schwanger bist. Das wissen wir beide.“
    Seufzend blickte sie ihn an. „Warum, Angelo? Wieso ist es für dich so wichtig, das zu wissen? Ich will dein Geld nicht und würde nie etwas von dir verlangen.“
    Seine Brust fühlte sich wie zugeschnürt an, er wartete auf den vertrauten Schmerz. „Ich muss es einfach wissen. Aus persönlichen Gründen.“
    Sie senkte den Kopf. Um sie besser hören zu können, beugte er sich vor. Dabei erreichte ihn ein Hauch ihres Parfüms.
    „Du hast gesagt, du hättest …“, Anna schluckte, „… du hättest andere Verpflichtungen. Willst du heiraten? Ist es das?“
    Fahrgäste schoben sich an ihnen vorbei zum Bahnsteig. Inmitten all der Menschen wirkte Anna so zerbrechlich. Am liebsten hätte er sie schützend in die Arme genommen. Stattdessen atmete er tief ein.
    „Ja“, erwiderte er nur. „Das ist es. Deshalb möchte ich vorher alles klären. Ich will sichergehen, dass nichts aus der Vergangenheit unsere Zukunft gefährdet.“
    Stumm nickte Anna, schob die Hände in die Manteltaschen und ging weiter. Angelo lief neben ihr und sah, dass ihr Tränen über die Wangen rannen.
    Der Anblick der Tränen zerriss ihm das Herz. „Tut mir leid, Anna.“ Unangemessen, aber besser, als gar nichts zu sagen.
    Tapfer lächelte sie. „Es ist unwichtig, ob ich schwanger bin oder nicht, Angelo. Ich würde nie ein Baby abtreiben, weil es unerwünscht sein oder nicht in deine Pläne passen könnte. Bei deiner Vergangenheit würde es mich überraschen, wenn du mir so etwas zutraust.“
    Sie waren auf dem Bahnsteig angekommen, im Schein der Neonbeleuchtung wirkte Annas Gesicht aschgrau. Zugluft erfasste ihr Haar, und Angelo bemerkte die herauswachsenden hellroten Strähnen.
    „Was meinst du mit ‚meiner Vergangenheit‘?“
    „Deine Mutter. Sie muss unglaublich einsam, verängstigt und verzweifelt gewesen sein, um dir das anzutun“, versuchte Anna, sie in Schutz zu nehmen. „Immerhin hat sie dich leben lassen. Hoffentlich wäre ich in ihrer Lage auch so mutig.“
    Starr blickte Angelo auf die schmutzige Fliesenwand und presste die Lippen zusammen.
    Anna betrachtete ihn. Fliss hatte versucht, ihr begreiflich zu machen, dass man Schmerz mit Wut überwinden konnte. Aber in diesem Augenblick empfand sie für Angelo nur Liebe.
    Ein Stoß warmer Luft kündigte das Herannahen eines Zuges an und brachte Bewegung in die Menge. Im Gewühl wurde Anna hin und her geschoben. „Wenn ich schwanger wäre, würde nichts mich davon abbringen, das Baby zu bekommen.“ Sie nahm allen Mut zusammen und sprach es aus. „Ich würde es behalten. Und ich würde es lieben, so, wie ich dich liebe.“
    Rasch duckte sie sich und schob sich an Angelo vorbei in den Fahrgaststrom.
    Er suchte verzweifelt nach ihr, dann entdeckte er sie vor der Zugtür.
    „Warte, Anna! Du hast keine Ahnung!“, rief er ihr gequält zu. „Du verstehst nicht …“
    „Oh doch. Ich wurde auch adoptiert.“ Sie betrat das Abteil und lächelte Angelo unter Tränen zu. „Und glaube mir, ich bin froh zu leben.“
    Die Türen schlossen sich. Sie sah, dass er erbleichte und wie versteinert dastand.
    „Ich bin nicht schwanger“, rief sie ihm in letzter Sekunde zu. „Du kannst also beruhigt sein. Werde glücklich.“
    Im Handumdrehen war der Bahnsteig wie leergefegt. Der Zug verschwand im dunklen Tunnel. Angelo wankte einige Schritte zurück und lehnte sich Halt suchend an die Wand, er konnte kaum atmen.
    Ich wurde auch adoptiert.
    Unfassbar, was diese wunderbaren vier Worte bedeuteten!
    Lisette Delafield war nicht Annas leibliche Mutter? Sie waren nicht einmal Blutsverwandte?
    Ungläubig rieb er sich das Gesicht. Rasch ging er zum Ausgang, zurück ins Helle. Tausend Gedanken stürmten auf ihn ein. Er kam sich vor wie jemand, der nach langer Gefangenschaft wieder ins Freie darf und nicht weiß, wohin er sich wenden soll.
    Er wusste nicht, wohin Anna gefahren war. Er hatte keine Ahnung, wo sie lebte und wie er sie finden konnte. Ratlos fuhr er sich durchs Haar und versuchte, sich zu konzentrieren. Möglicherweise konnte ihr
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