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Sag niemals nie

Sag niemals nie

Titel: Sag niemals nie
Autoren: India Grey
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Pyjamaparty?“
    „Ich hatte noch nie eine Pyjamaparty. Du bist meine erste.“
    „Und? Hat sie Spaß gemacht?“
    „Oh ja!“ Sie strahlte ihn so glücklich an, dass ihm warm ums Herz wurde.
    „Also woher stammen die Kekse?“
    „Aus meinem Geheimfach. Hier.“ Sie kniete sich wieder hin, und Angelo verfolgte, wie sie ein geschnitztes Brett am Kopfteil des Bettes zur Seite schob. „Im sechzehnten Jahrhundert haben die Katholiken darin ihre Bibeln und Rosenkränze versteckt.“
    Er zog eine Braue hoch. „Interessant“, bemerkte er trocken. „Und was bewahrst du in deinem Geheimfach sonst noch auf? Außer Keksen, meine ich.“
    Anna zuckte mit den Schultern und wirkte auf einmal seltsam unsicher. „Ganz besondere Dinge.“ Sie holte eine Schachtel heraus und lehnte sich ans Kissen. „Das hier ist der erste Ballettpreis, den ich gewonnen habe. Und hier das Programmheft der ‚Nussknackersuite‘. Ich habe sie mit meiner Mutter in London angeschaut.“ Sie legte beides aufs Bett und blickte in die Schachtel. „Das hier war Lavendel aus dem Garten von Belle-Eden, aber er hat die Blüten verloren.“ Sie kippte die Schachtel so, dass die ausgeblichenen Blüten und zwei andere kleine Gegenstände auf ihre Hand fielen.
    Ehe sie die Finger darum schloss, erhaschte Angelo einen Blick darauf. Ihm wurde eiskalt.
    Um Himmels willen, das durfte nicht wahr sein! Er musste sich irren!
    „Was hast du da?“, fragte er heiser.
    „Oh … das Kostbarste von allem.“ Bedeutsam lächelnd öffnete Anna die Hand. Neben der Muschel, die er ihr in St. Honorat gegeben hatte, lag ein mit Rubinen und Diamanten besetzter Ohrring. Er sah genauso aus wie der, der sich in dem Schal befunden hatte, als die Nonnen Angelo fanden.
    „Dieses Erinnerungsstück ist unendlich kostbar“, neckte sie ihn. „Nach alter Sitte schenken verliebte Italiener es ihrer Angebeteten, um ihr zu sagen: Ich liebe dich .“
    „Ich meinte nicht die Muschel, sondern den Ohrring.“ Er erkannte seine eigene Stimme kaum.
    „Ach das. Das ist kein Ohrring, sondern ein Anhänger.“
    Erleichterung durchflutete Angelo.
    „Obwohl …“ Anna hielt das Schmuckstück hoch und betrachtete die Rückseite. „Ursprünglich war es wirklich ein Ohrring. Aber meine Mutter hatte den zweiten verloren und ließ den hier zu einem Anhänger für mich umarbeiten. Sie hatte den Schmuck von ihrer Großmutter geerbt. Als der andere Ohrring verloren ging, gab es viel Wirbel. Er ist sehr wertvoll, soviel weiß ich.“
    Cartier. 1922.
    „Während die hier“, verträumt strich Anna über die Perlmuttoberfläche der Muschel, „für mich noch viel wertvoller ist. Sie ist unbezahlbar.“
    Benommen stand Angelo auf und ging zur Tür. Ihm war schwindelig, er wusste nicht, wohin er wollte. Nur weg von Anna.
    „Angelo?“
    Ihr angstvoller Ton zerriss ihm das Herz. Er biss die Zähne zusammen und schaffte es, sich umzudrehen, ohne eine Regung zu zeigen.
    „Was hast du?“
    Doch er schüttelte nur den Kopf und zog die Tür leise hinter sich zu.
    Die Badezimmer auf Ifford waren genauso trostlos wie alles andere in diesem gottverlassenen Gebäude, fand Angelo. Das Stück Stoff, mit dem er sich abtrocknete, fühlte sich wie Schmirgelpapier an. Die frostige Temperatur des Duschwassers entsprach dem Eispanzer, der sich um sein Herz gelegt hatte.
    Im tiefsten Inneren hatte er immer befürchtet, dass ihm so etwas passieren könnte. Jeder, der nicht wusste, wer seine Eltern waren, kannte diese Angst. Die Angst davor, sich ahnungslos in eine Blutsverwandte zu verlieben. Verzweifelt betrachtete er sich im Spiegel über dem Waschbecken.
    Seine Haut war aschgrau, die Augen lagen tief in den Höhlen. Doch seine Züge waren die der Frau auf dem Porträt über dem Kamin. Die Züge seiner Mutter.
    Annas Mutter.
    Jetzt war ihm alles klar. Sir Williams Worte fielen ihm wieder ein.
    „… da war es bereits passiert.“
    Angelo fühlte sich elend. Er stützte sich auf das Becken. Was sollte er Anna sagen?
    Auf ihm lag ein Fluch.
    Und jetzt hatte er auch ihr Leben vergiftet. Er hatte sie angesteckt mit dem düsteren Vermächtnis, das er wie einen unauslöschlichen Fleck auf der Seele mit sich herumtrug.
    Er konnte es ihr nicht sagen. Mit dieser Bürde musste er allein fertig werden.
    Verstört stand Anna am Fenster und blickte auf die vertraute Umgebung, ohne sie wahrzunehmen. Sie war völlig aufgelöst und zermarterte sich das Hirn mit Selbstvorwürfen und Schuldzuweisungen.
    Sie hatte es Angelo
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