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SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE
Autoren: Jonathan Kellerman
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Melissa?
    Kind: Sieben.
    Frau: Rufst du von zu Haus an, Melissa?
    Kind: Ja.
    Frau: Weißt du deine Adresse, Melissa?
    Schluchzen
    Frau: Ist ja gut, Melissa. Macht dir irgend etwas oder irgend jemand Kummer?
    Kind: Nein. Ich hab’ nur Angst - immer.
    Frau: Du hast immer Angst?
    Kind: Ja.
    Frau: Aber jetzt im Augenblick macht dir nichts Kummer oder Angst? Auch nicht bei dir zu Hause?
    Kind: Ja.
    Frau: Ist da etwas?
    Kind: Nein. Hier nicht. Ich… (Schluchzen)
    Frau: Was ist, meine Kleine?
    Stille Frau: Macht dir jemand bei dir zu Hause sonst manchmal Kummer?
    Kind (flüstert): Nein.
    Frau: Weiß deine Mami, daß du anrufst, Melissa?«
    Kind: Nein. (Schluchzen)
    Frau: Würde sie wütend auf dich werden, wenn sie wüßte, daß du anrufst?
    Kind: Nein. Sie ist…
    Frau: Ja, Melissa? Kind:… lieb.
    Frau: Deine Mami ist lieb? Kind: Ja.
    Frau: Also hast du keine Angst vor deiner Mami?
    Kind: Nein.
    Frau: Was ist mit deinem Papi?
    Kind: Ich habe keinen Papi. Stille
    Frau: Hast du vor jemand anderem Angst?
    Kind: Nein.
    Frau: Weißt du, wovor du Angst hast? Stille
    Frau: Melissa?
    Kind: Dunkelheit, Einbrechern, viele Sachen.
    Frau: Vor Dunkelheit, Einbrechern und Sachen. Kannst du mir sagen, vor was für Sachen, meine Kleine?
    Kind: Nun, Sachen, vor allen möglichen Sachen! (Schluchzen)
    Frau: Okay, meine Kleine, bleib ganz ruhig, wir besorgen dir Hilfe. Leg nur nicht auf, okay? Schniefen
    Frau: Gut, Melissa? Bist du noch da?
    Kind: Ja.
    Frau: Braves Mädchen. Also, Melissa, weißt du deine Adresse, die Straße, in der du wohnst?
    Kind (sehr schnell): Sussex Knoll zehn.
    Frau: Könntest du das bitte wiederholen, Melissa?
    Kind: Sussex Knoll Zehn, San Labrador, Kalifornien. Neun-eins-eins-null-acht.
    Frau: Sehr gut. Also wohnst du in San Labrador. Das ist ja ganz nahe bei uns beim Krankenhaus.
    Stille Frau: Melissa?
    Kind: Gibt es einen Arzt, der mir helfen kann? Ohne Spritzen?
    Frau: Natürlich gibt es einen, Melissa, und ich werde dir den Arzt besorgen.
    Stille Frau: Was sagst du?
    Kind: Danke.
    Es folgte ein Krachen und Rauschen, dann Stille. Ich schaltete den Recorder aus und rief die Nummer an, die Eileen Wagner aufgeschrieben hatte. Eine fiepsige Männerstimme meldete sich: »Dickinson Residenz.«
    »Mrs. Dickinson, bitte, hier spricht Dr. Delaware. Es geht um Melissa.«
    Räuspern. »Mrs. Dickinson ist nicht zu sprechen, Doktor. Sie hat mir aber gesagt, ich solle Ihnen ausrichten, daß Melissa an jedem Wochentag zwischen drei und halb fünf Uhr zu Ihnen kommen kann.«
    »Wissen Sie, wann ich sie sprechen kann?«
    »Nein, ich fürchte, das weiß ich nicht, Dr. Delaware. Aber ich werde sie von Ihrem Anruf in Kenntnis setzen. Ist Ihnen dieser Zeitraum genehm?«
    Ich sah in meinem Terminkalender nach. »Wie wäre es mit Mittwoch? Vier Uhr?
    »Sehr wohl, Doktor.« Er wiederholte meine Adresse und fragte: »Ist es so richtig?«
    »Ja, aber ich würde gerne vorher mit Mrs. Dickinson sprechen.«
    »Ich werde es ihr mitteilen, Doktor.«
    »Wer wird Melissa herbringen?«
    »Ich, Sir.«
    »Und Sie sind…?«
    »Dutchy. Jacob Dutchy.«
    »Und Ihre Beziehung zu -?«
    »Ich bin bei Mrs. Dickinson angestellt, Sir, nun, was Ihr Honorar anbetrifft, in welcher Form möchten Sie es erhalten?«
    »Ein Scheck wäre angenehm, Mr. Dutchy.«
    »Und das Honorar selbst?«
    Ich nannte ihm meinen Stundentarif.
    »Sehr wohl, Doktor, auf Wiedersehen, Doktor.«
    Am nächsten Morgen brachte ein Bote einen großen braunen Umschlag in meine Praxis, der ein zusammengefaltetes Blatt rosa Schreibpapier und einen Scheck enthielt. Der Scheck war auf $3.000 ausgestellt mit dem Vermerk ›Ärztliche Behandlung für Melissa‹ darauf. Meinem 78’er Stundenhonorar entsprechend war er mehr als vierzig Analysestunden wert. Das Konto befand sich bei der First Fiduciary Trust Bank von San Labrador. In der linken oberen Ecke des Schecks stand der Aufdruck:
    R.P. Dickinson Vermögensverwaltung Dickinson Family Trust UDT 11.5.1971 10 Sussex Knoll San Labrador, California 91108
    Das Briefpapier war dick und trug einen Kranich als Wasserzeichen. Oben stand in schwarzer Prägeschrift:
    Regina Paddock Dickinson.
    Darunter in feiner, zierlicher Handschrift:
    Lieber Doktor Delaware, danke, daß Sie Melissa behandeln. Ich melde mich bei Ihnen.
    Ihre Gina Dickinson
    Parfümiertes Papier, eine Mischung aus alten Rosen und Alpenluft, aber das machte die Botschaft nicht wett: ›Rufen Sie uns nicht an, Plebs. Wir melden uns bei Ihnen. Hier ein saftiger Scheck, um jeden Protest
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