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Saeculum

Titel: Saeculum
Autoren: Poznanski Ursula
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noch jemand durchdrängen konnte, um Geld in die Schale zu werfen. Iris seufzte. Sie spielte die ersten Takte von Planxty Drew, bedauerte, dass Warze nicht da war, um es zu hören, entdeckte dafür aber Lisbeth, die sich durch die Menge kämpfte, die Holzschale vom Bühnenrand angelte und sammeln ging.
    Iris erhöhte das Tempo - wie viele von O'Garolans Liedern konnte man Planxty Drew träumerisch langsam oder mitreißend schnell spielen. Die zweite Variante zwang förmlich zum Mittanzen. Lisbeth glitt durch die Reihen, wenn genug Platz war, drehte sie sich und ließ ihren Rock schwingen. Drei Lieder später war sie zurück, die Holzschale randvoll mit Münzen und Scheinen. Sie stellte sie auf der Bühne ab, verbeugte sich spielerisch und lief zurück zu den Ledertaschen und Amuletten.
    Fast eine Stunde lang blieb Iris auf der kleinen Holzbühne und spielte ein Lied nach dem anderen. Es war wie schweben, denn sie wusste, es würde diesmal keinen Grund geben, der sie zwang, plötzlich aufzuspringen, alles an sich zu raffen und davonzulaufen; zu rennen, bis die Atemluft in ihre Lunge stach wie spitze kleine Messer,
    Ein einziges Mal blitzte das gefürchtete Rot in einer der hinteren Reihen auf und Iris' Puls beschleunigte sich umgehend, doch das Haar gehörte einer Frau, eigentlich einem Mädchen, von dessen dunkelblauer Gewandung es sich strahlend abhob.
    Einmal noch umstimmen. Durchatmen. Das neue Lied hatte sie noch nie vor Publikum gespielt und die ersten paar Takte fühlte sie sich unsicher, doch dann glitt die Melodie durch ihre Finger, weich wie Wasser, klar wie Winterluft.
    Sie mochten es, Iris konnte es in ihren Gesichtern lesen. Sie ließ den letzten Akkord langsam ausklingen, nahm die Harfe von den Knien, stand auf und verbeugte sich. In ihr war alles leicht und Doros Worte kamen ihr wieder in den Sinn: Würde mich nicht wundern, wenn dein Leben ab nun unter einem guten Stern stünde.
    Quatsch, natürlich. Aber im Moment fühlte es sich ganz danach an.

 
    T ransferasen sind Enzyme, die den Transfer einer chemischen Gruppe von einem Donormolekül zu einem Zielmolekül katalysieren. Bastian wiederholte den Satz lautlos, während er mit einem feuchten Tuch Toastkrümel und Colaspuren vom Tisch wischte. Es gibt neun Gruppen von Transferasen, die erste bezeichnet die Enzyme, die Ein-Carbon-Gruppen übertragen. Ein Beispiel dafür sind … Methyltransferasen.
    Zufrieden polierte er die Tischplatte und zückte dann Block und Bleistift, um die Bestellung an Tisch vier aufzunehmen.
    Das dunkelhaarige Mädchen blinzelte lächelnd zu ihm hoch und orderte Indian Tonic. Er lächelte zurück und ging hinter die Bar, um das Gewünschte in ein Glas zu füllen. Noch zwei Stunden bis Feierabend.
    Ein scharfer Luftzug, der einen Schwall Septemberkühle ins Lokal wehte, verriet ihm, dass wieder jemand das Lokal betreten hatte. Er blickte hoch.
    »Steinchen, Warze! Hey, ihr entwickelt euch noch zu Stammgästen.«
    »Wir können ohne eure gefüllten Champignons nicht mehr leben«, verkündete Steinchen grinsend. »Habt ihr noch welche? Zum Spezialpreis?«
    Drei Minuten später standen die dampfenden Teller auf dem Tisch.
    »Champignons, Zwiebeln, Knoblauch, Käse und ein bisschen Schinken - das ist total Saeculum-taugliches Essen«, stellte Steinchen kauend fest.
    »Was du nicht sagst.« Allein bei der Erwähnung des Namens sank Bastians Laune auf null. »Würde es dir viel ausmachen, wenn wir über etwas anderes reden?«
    Warze versetzte Steinchen unter dem Tisch einen freundschaftlichen Tritt. »Er hat völlig recht. Zur Strafe zahlst du eine Runde neuzeitliche Cola light.«
    »Oooh, seid doch nicht so empfindlich.« Drei erbarmungslos aufgespießte Pilze landeten in Steinchens Mund. »Aber okay, die Getränke gehen auf mich.«
    Bastian füllte zwei Gläser, trug sie zum Tisch, warf noch einen prüfenden Blick quer durchs Lokal, dann setzte er sich zu seinen Freunden. »Seid ihr bei der nächsten Convention wieder dabei?«
    Warze schüttelte, ohne zu zögern, den Kopf, Steinchen wiegte seinen unschlüssig hin und her.
    »Ich fände es schade, Kuno sterben zu lassen. Was passiert ist, lag doch nicht am Rollenspiel. Sondern an Paul.« Das letzte Wort kam beinahe unverständlich aus seinem Mund, so als hätte Steinchen nicht gewusst, ob er den Namen aussprechen oder es sein lassen sollte, und sich für ein Zwischending entschieden.
    Einige Sekunden lang herrschte unbehagliches Schweigen, Warze blickte betreten auf seinen
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