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Saeculum

Titel: Saeculum
Autoren: Poznanski Ursula
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gepokert, wenn man bedenkt, dass ich erst jetzt wirklich sicher bin. Die gute Nachricht: Wir sind tatsächlich Brüder.«
    »Was?«
    »Es gibt keinen Zweifel, dein Vater ist auch meiner und damit -«
    »Halt, halt, halt!«, unterbrach Bastian ihn. »Willst du damit sagen, du wusstest gar nicht, ob du richtigliegst, als du die Saeculum-Sache angezettelt hast?«
    Paul bemühte sich sichtlich um einen Anschein von Verlegenheit. »Es war sehr wahrscheinlich. Meine Mutter war immer überzeugt davon, bis zum Schluss. Die Augen und der Haaransatz, sagte sie. Aber es wäre noch ein zweiter Mann infrage gekommen.«
    Nur am Rande bekam Bastian die Zahlen-bitte-Rufe mit, die zunehmend lauter von Tisch zwei herüberdrangen.
    »Du hast geblufft? Es einfach darauf ankommen lassen?«
    »Ja. Ich hatte nur die eine Karte, auf die ich setzen konnte.«
    Bastian öffnete den Mund für eine Antwort, fand aber keine Worte. Er nickte den immer ungeduldiger werdenden Gästen zu, schnappte sich das große Portemonnaie und den Rechenblock und lief wie in Trance zu dem Tisch. Geblufft.
    Er verrechnete sich zweimal, entschuldigte sich dreimal bekam aber trotzdem kein Trinkgeld.
    Paul hatte alles riskiert. Und gewonnen. Bastian wusste nicht, ob er das bewundernswert oder verabscheuungswürdig finden sollte.
    Als er zur Bar zurückkehrte, hatte auch Paul Geld auf den Tisch gelegt.
    »Ich gehe jetzt besser«, sagte er. »Aber ich bin froh, dass wir miteinander gesprochen haben. Es ist nämlich so - ich hätte wirklich gern eine Familie.«
    Bastian ging darauf nicht ein. »Was wirst du als Nächstes tun? Ab auf die Malediven mit all der Kohle?«
    »Nein. Abi nachholen, und wenn die Noten gut genug sind, studieren.«
    »Lass mich raten: Medizin.«
    »Sollte mir im Blut liegen, nicht?« Er knöpfte sich die Jacke zu und schlug den Kragen hoch. »Das ist jedenfalls der Plan.«
    Paul hat immer einen Plan.
    Ohne ein weiteres Wort wandte Bastian sich ab. Er hatte seine Schicht schon um zehn Minuten überzogen, Conni war längst da, um ihn abzulösen. Er musste hier raus. Luft holen.
    »Ich wollte dir noch sagen, dass es mir leidtut«, hörte er Paul hinter seinem Rücken. »Ich wünschte, ich hätte einen anderen Weg gefunden.«
    Unwillkürlich drehte Bastian sich wieder zu ihm um. »Tja, aber mit einem anderen Weg hättest du ihn nicht so beeindruckt, oder? Hättest nicht zeigen können, was für ein schlauer Kerl du bist. Wie locker du alle austrickst.«
    Mehrere Sekunden lang stand Paul nur da und sah Bastian in die Augen, ruhig und mit einer unausgesprochenen Bitte im Blick, die Bastian geflissentlich ignorierte.
    »Du hast genau darauf geachtet, dass kein Spieler auf die Con fährt, der deinem Plan in die Quere kommen könnte - habe ich recht? Du hast sie genau ausgesucht: Doro, von der du wusstest, dass sie jedes deiner inszenierten Omen erkennen würde, Lisbeth mit ihrer Epilepsie, Georg mit seiner Eifersucht und seinem Jähzorn - und dann die Naiven: Alma, Arno, Ralf, Nathan, Mona. Die sich bloß fürchten und irgendwann alles glauben würden.« Nachdem er einmal angefangen hatte zu reden, konnte Bastian kaum noch aufhören. »Warum Steinchen und Warze? Die waren ein Risiko.«
    Paul wiegte seinen Kopf hin und her. »Ich brauchte ein paar sympathische Typen, damit du auch Lust auf die Sache kriegst.«
    Auf dem Tresen standen noch Gläser, die hätte Bastian jetzt gern zertrümmert. »Du bist ein Arschloch.«
    »Ich kann gut verstehen, dass du es so siehst«, sagte Paul. »Aber du hattest immer eine Vielzahl von Möglichkeiten, ich war dankbar für jede einzelne. Und diese eine war so gut, dass ich sie nicht verschenken konnte.«
    »Wenn es nur gegen Vater gegangen wäre oder gegen mich«, rief Bastian. »Aber Iris ans Messer zu liefern, sie diesem Irren in die Hände zu spielen - das war das Letzte.«
    Paul hielt seinem Blick stand, nickte nur leicht. »Ich wollte nicht, dass ihr etwas zustößt. Simon wollte ich benutzen, nicht sie.« Wieder der bittende Ausdruck in den Augen. »In dieser Sache versteht Iris mich besser als du, glaube ich. Sie weiß, wie es ist, wenn man um seine Existenz kämpfen muss.«
    Ja, bloß hätte sie ihre fast verloren. Deinetwegen. Bastian lockerte seine Hände, die er unwillkürlich zu Fäusten geballt hatte, »Vergleiche dich nicht mit Iris. Ihr seid so unterschiedlich wie Tag und Nacht.«
    Paul hielt den Kopf schief und sah zum Fenster, hinter dem die erwähnte Nacht sich allmählich herabsenkte. »Hast du dir schon
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