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Sachiko - Blutige Tränen (German Edition)

Sachiko - Blutige Tränen (German Edition)

Titel: Sachiko - Blutige Tränen (German Edition)
Autoren: C.C. Masen , Doris Lösel
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und ihn zu bringen.
    Er gab sich große Mühe, den schmerzhaften Stich in seinen Eingeweiden zu ignorieren. Es gelang ihm, ein nichtssagendes Gesicht zu machen … was jedoch nichts an dem Magengrummeln änderte.
Ob es sich so wohl für Mia Langston anfühlte, wenn er sich ihr entzog?
Wohl eher nicht … die war so hohl, die merkte das nicht mal.
Die einzige Person, deren Mias ungeteiltes Interesse galt, war sie selbst.
    Sachiko schaffte es, einige Meter zwischen ihn und sich selbst zu bringen. Sofort wurde sie von ihren Freundinnen belagert, die auf sie einplapperten.
Allerdings hatte Aiden den nicht unbegründeten Verdacht, dass es sich bei Sachikos Aktion  um Selbstschutz handelte. Sie beantwortete die Fragen der Mädchen nahezu apathisch und sah immer wieder zu ihm hin. Ihr Ausdruck verriet Pein.
    Aber … warum, zur Hölle?
    Um ihr das Gefühl zu geben, sich nicht bedrängt zu fühlen, drehte Aiden sich um … und verlor sich in seinen eigenen Gedanken.
    Schon immer konnte Aiden sich gut in andere hineinversetzen.
Sein beinahe empathisches Einfühlungsvermögen war vermutlich auf seine indianischen Vorfahren zurückzuführen, zumindest vermutete er das. Sein Urgroßvater war ein waschechter Indianer vom Stamme der Crow … und ein Schamane.
    Als solcher verfügte Jacy,  so lautete der indianische Name seines Urgroßvaters, nicht nur über gewisse magische Kräfte, die, so hatte er seinem Urenkel früher oft erzählt, manches Mal seinen eigenen Geist zu überfordern drohten . Es war ihm außerdem möglich gewesen, sich in einen tranceartigen Zustand zu versetzen und so geistigen Kontakt mit seinen Stammesbrüdern aufzunehmen. Diese Gabe hatte des Öfteren dem ein oder anderen seiner roten Brüder das Leben gerettet, wenn sie durch Unachtsamkeit oder einen Unfall hilflos in der weitläufigen Landschaft umherirrten. Niemand, außer Jacy,  war in solchen Situationen fähig, die verletzten Brüder dann noch ausfindig zu machen.
    Handys gab es ja damals noch nicht.
    Aiden liebte seinen Urgroßvater heiß und innig und war kreuzunglücklich, als Jacy vor etwas mehr als zwei Jahren einen Schlaganfall erlitt und seitdem nicht mehr allzu deutlich sprechen konnte. Ein Jahr später war auch noch  Altersdemenz hinzugekommen.
    Urgroßvater Jacy erkannte seine Familie immer seltener, was Aiden jedoch nicht davon abhielt, ihn so oft es ihm sein voller Terminplan erlaubte, zu besuchen.
Und nach jedem Besuch war Aiden niedergeschlagener als zuvor.
    Jacy brabbelte immer öfter unverständliches Zeug. Mehr als die Hälfte davon verstand Aiden sowieso nicht. Lediglich die Worte „ nur der Mond kennt die Lösung“ , die Jacy immer und immer wieder mit weit aufgerissenen Augen hervorstieß, waren klar und deutlich zu verstehen. Doch damit konnte Aiden nicht unbedingt etwas anfangen.
Es schürte nur die Angst, die in dem vom Alter gezeichneten Gesicht seines Urgroßvaters zu sehen war. Sie grub sich tief in Aidens Herz und hatte ihn noch Stunden nach seinen Besuchen fest im Griff.
    Da weder Aidens Großvater noch sein Vater irgendwelche Ambitionen hegten, ihr eventuell auch nur im Ansatz vorhandenes geistiges Erbe zu vertiefen, geriet dieses nach und nach in Vergessenheit. Nur die zarte rötlich-braune Hautfarbe  Aidens ließ vermuten, dass er indianische Vorfahren hatte.
    Über die merkwürdigen Gefühle, die Aiden hin und wieder überkamen, sprach er weder mit seinem Vater, noch mit seiner Mutter. Lediglich seinem Urgroßvater hatte er sich anvertrauen wollen, doch der Schlaganfall war ihm zuvor gekommen.
    Die Sensibilität, Gefühle anderer beinahe körperlich zu spüren, war bisher lediglich als ein leichtes Kribbeln in seinem Nacken aufgetaucht. Und auch nur dann, wenn es sich um ihm nahestehende Menschen, wie beispielsweise seine Eltern, handelte.
    Aber jetzt … gerade eben … fühlte Aiden, wie sich sein Herz geradezu schmerzhaft zusammenzog. Doch es war nicht sein eigener Schmerz, den er fühlte.
    Verwirrt sah er sich um. Hoffentlich bemerkte niemand hier, was sich da gerade in seinem Inneren abspielte.
    Aber nein, alle waren mit sich selbst beschäftigt und redeten durcheinander. Aiden atmete erleichtert auf.
    Er sah zur Seite, dorthin, wo Sachiko blass, zitternd und mit weit aufgerissenen Augen stand.
Sie war es, die dieses Gefühl aussandte.
    Aiden konnte nicht verhindern, dass sich eine Leere in ihm ausbreitete.
    Was in aller Welt sollte das denn jetzt bedeuten? Leere?
Er tat ja gerade so, als ob er
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