Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saat des Himmels

Saat des Himmels

Titel: Saat des Himmels
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
Entscheidung?“
AmUlzo lächelte. „Beide: Dieses senile Wrack mit der
    Leitung einer solchen Expedition zu betrauen und – wie wir
uns hier bewegen sollen…“ Er blickte prüfend auf seine
Nachbarin.
    VonEtali antwortete nicht. Es war mehr als ungewöhnlich,
dass sich ein Mitglied der Crew derart kritisch zu
Leitungsentscheidungen äußerte. Man hatte die Teilnehmer
an der Expedition sorgfältig nach Sympathiekriterien und
Loyalität ausgewählt, hatte während der langen Reise
wahrhaftig Zeit genügend gehabt, sich kennen zu lernen,
Befindlichkeiten des anderen zu tolerieren. Schließlich
waren sie auf Disziplin, ohne die ein Auskommen auf
engem Raum ausgeschlossen ist, eingeschworen. Freilich,
ab und an wurde schon über eine Äußerung, eine
durchgesetzte Marotte des Allbevollmächtigten gewitzelt,
aber dieses? AmUlzo ging Prinzipielles an. „Es ist
moralisches Gesetz, sich nicht einzumischen“, verteidigte
VonEtali ungeschickt. „VomLagero befolgt es.“
    „Ja.“ Das Lächeln ihres Gegenübers vertiefte sich. „Du
hast ihn gesehen, den angeblich vernünftigen Biomobilen.
Man muss die Anwendung solcher – Gesetze modifizieren.
Schließlich sind sie abseits jeder Realität, aus der Theorie
entstanden. Es sind Primitivlinge!“
„Und was tätest du?“
    AmUlzo drückte Unbestimmtheit aus. „Lass sie uns
zunächst besser kennen lernen. Ich muss erst dieses
Programm…“ Seinem Gesichtsausdruck ließ sich ablesen,
was er von dem Auftrag hielt.

5.
    Jussup lag im Schatten der Felswand. Er fühlte sich
erfrischt vom tiefen Schlaf und sehr beruhigt. Gäbe
es tatsächlich übel wollende Kobolde, warum sollten sie ihn
ausgerechnet in der ersten Nacht, nach seinem Eindringen
in ihr Revier, mit ihren Attacken verschont haben?
    Nur einmal glaubte er gegen Morgen, schon im
Zwitschern und Krächzen der Vögel, ein ähnlich
schepperndes Geräusch vernommen zu haben wie am Tag
vorher. Aber dem folgte nichts Auffälliges.
    Jussups Zufriedenheit war vollkommen, als er unweit von
seinem Lagerplatz ein Rinnsal entdeckte, das aus einer
Spalte in der Felswand drang. Mit Geschick, Geduld und
einem hohlen Pflanzenstängel erreichte er, dass das klare,
wohlschmeckende Wässerchen im Bogen vom Gestein
absprang und sich in einer muldenartigen Auswaschung, die
der findige Hirte mit Lehm abdichtete, auffangen ließ,
sodass für ihn eine Art Waschtrog und für die Schafe eine
Tränke entstand.
    Jussup buk aus Maismehl, angerührt mit Wasser, auf
einem heiß gemachten Stein einen Fladen, aß dazu von
seinem Fleischvorrat und streckte sich zufrieden ins Gras.
Er vergaß die dunklen Prophezeiungen, war mehr und mehr
geneigt, Kobolde und Dämonen als Hirngespinst abzutun,
und selbst der plötzlich am Vorabend aufgegangene Stern,
der sich zu einem kleinen, hellen Punkt gewandelt hatte und
nach wie vor über ihm stand, schürte keine weitere
Befürchtung. Die allmächtigen Götter, Herren über Himmel
und Erde, werden wohl ihre Gründe haben, einen neuen
Stern zu schaffen. Ein Stern am Himmel, der friedlich und
freundlich strahlt, kann alle Mal nur das Werk guter Geister
sein.
    Später schnitt sich Jussup einen gut gewachsenen Ast und
begann mit Geschick, daraus eine Flöte zu basteln.
Er hatte sein Werk vollendet, als die Sonne im Mittag
stand und so gut wie keinen Schatten mehr warf. Eine
kleine Weile blies Jussup auf seinem Instrument, war’s
zufrieden. Doch alsbald ertrug er die sengende Hitze nicht
mehr. Er flocht aus Zweigen, denen er die Blätter beließ,
eine dichte Matte, die er auf der einen Seite mit Pflöcken
am klüftigen Fels annagelte, auf der anderen mit zwei
Stöcken abstützte, und schaffte sich so ein famoses Dach
gegen die stechenden Strahlen der Sonne. Er betrachtete
eine Weile wohlgefällig und nicht ohne einen gewissen
Stolz sein Werk, kroch dann unter den Schattenspender und
streckte sich.
    Als Jussup nach ausgiebigem Schlaf erwachte, glaubte er,
seinen Augen nicht zu trauen. Unwillkürlich griff er nach
seinem Dolch.
    Am wieder entfachten Feuer, das mit kleiner Flamme
flackerte, saß ein Mann in mittleren Jahren mit schütterem
Bart und einem nachlässig gebundenen Turban, der löchrig
und ursprünglich von hellblauer Farbe war. Das schmale,
sonnengebräunte, ledrige Gesicht wurde von zwei dunklen,
eng stehenden Au gen dominiert, und seine Zahnreihe wies
eine Lücke auf. Seine Arme, die aus dem schmuddeligen,
ärmellosen Umhang ragten, waren sehnig und zeugten von
Kraft.
    Der Mann gewahrte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher