Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saat des Himmels

Saat des Himmels

Titel: Saat des Himmels
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
stand lange an
der Stätte, an der Yoshisch, der Täufer, so emsig gewirkt
hatte. Dann schritt er langsam auf das kleine Haus zu.
Auf der lehmgestampften Terrasse saß Ibrahim, der
ehemals Ruhelose, alt und gebrechlich, aber wachen Auges.
Er blickte dem Ankommenden entgegen. „Wer bist du,
Fremder?“ fragte er.
„Kein Fremder! Ich bin jener, den du angekündigt hast,
noch bevor ich geboren ward. Ich bin Yoshua, der vom
Herrn auf diese Welt gesandt wurde, um eine neue Zeit
einzuläuten. Und hierher bin ich gekommen, um dir zu
danken.“
„Das musst du nicht, denn auch ich bin Nutznießer der
Verheißung. Ich war es zeitlebens, und ich hoffe auf sein
Reich.“
VonEtali, die Yoshua zum Fluss begleitet hatte, war im
Begriff, in den Gleiter zu steigen, als sie der Ruf erreichte.
„Allmächtiger, ich bitte dich noch einmal, ein letztes Mal,
um ein Wunder“, rief der Künder und wandte sich dahin,
wo er vordem aus dem Nichts die Uferzone betreten hatte.
„AusGarmi – aussteigen. Du bist gefragt. Er bittet um ein
Wunder.“
„Nunu, das ist neu. Gebeten hat er noch nie darum“,
AmUlzo staunte. „Welche Hilfe, mein Sohn, wünscht du?“,
rief er.
„Mache Ibrahim, den Getreuen, sehend. Ich bitte dich!“
„Das hätten wir schon längst tun sollen“, sagte AmUlzo
ärgerlich. Es klang wie ein Selbstvorwurf. „Schließlich war
er unser erster Prophet.“
„Also“, sagte AusGarmi schicksalsergeben, „ich gleite
schon.“
Geraume Zeit später spielte sich eine rührende Szene auf
der Terrasse des kleinen Hauses am Fluss ab.
Der alte Ibrahim lag vor dem jungen Yoshua auf den
Knien, barg sein Gesicht in dessen Gewand, weinte und
stammelte immer wieder: „Ich danke dir, Herr, ich danke
dir.“
Auch einige Leute, die sich in der Nähe aufhielten und
durch Yoshuas lautes Rufen auf den Vorgang aufmerksam
geworden waren, knieten und huldigten dem Messias.
„Was war?“, fragte VonEtali die zurückkehrende
AusGarmi.
„Eine Hornhauttrübung; ein harmloser Eingriff“,
antwortete sie. „Wie vielen könnte man auf diesem
Planeten eine Freude machen…“
„Es bliebe aber stets nur ein Tropfen auf den heißen
Stein“, sagte AmUlzo. „Starten wir!“
    Sie hatten festgestellt, dass in der Nähe des Friedhofes, auf
dem der scheinbar tote Yoshua zur letzten Ruhe gebettet
worden war, sich in einem undurchdringlichen Dickicht
eine Lichtung befand, die Platz für die Maschine bot und
sie, ohne dass man den Schild aktivieren zu
musste,
hervorragend verbarg.
    Dort erwarteten sie den günstigsten Zeitpunkt zur
Rückkunft Yoshuas. Es gab zwar keinen Anlass zur Eile,
doch zwischen seinem Verschwinden und dem endgültigen
Abschied, so VonEtali; sollte eine zu große Zeitspanne
nicht sein. Und auch jene, die man zur Auferstehung
geladen hatte, Yoshuas Eltern und seine treuen Begleiter,
sollten nicht warten. Aber noch waren sie nicht
eingetroffen.
    Ein Ereignis jedoch griff der Planung vor: AusGarmi
befand sich auf einem ihrer Streifzüge zum Studium der so
ungeheuer vielfältigen Flora des Planeten, als sie drei
Frauen bemerkte, die sich dem Friedhof näherten. Sie
gingen zielstrebig auf die Gruft zu, in die der Körper
Yoshuas gebracht worden war, und sie stutzten, als sie den
Stein, der sonst den Eingang versperrte, zur Seite gerollt
vorfanden.
    Misstrauisch drangen sie in den Raum ein, und als sich die
Erste an das Dämmerlicht gewöhnt hatte, schrie sie auf: „Er
ist weg!“
    Die beiden anderen Frauen drängten nach. Und zu dritt
brachen sie in Tränen aus*, als sie auch nach kurzem
Absuchen des Raums außer einigen alten Kleidungsstücken
und dem großen befleckten Leinentuch keine Spur von dem
Leichnam fanden.
    Als AusGarmi die Gefährten informiert hatte, sagte
AmUlzo: „Wir müssen ihn zurückholen, und zwar schnell.
Wer weiß, welches Aufsehen das Verschwinden einer so
bedeutenden Leiche heraufbeschwören kann.“
    Die Gefährtinnen stimmten zu, und AmUlzo betätigte den
Rufer. „Es ist die Zeit gekommen, Yoshua“, sagte er dann.
„Ich hole dich zu den deinen.“ Und zu VonEtali und
AusGarmi gewandt: „Organisiert bitte eine Zusammenkunft
mit seinen Getreuen – am besten vor der Eingangspforte
des Friedhofs. Sie halten sich alle noch in der Stadt auf und
haben gewiss Verbindung untereinander. Erscheine ihnen
als Cherub, AusGarmi“, setzte er lächelnd hinzu.
    „Spotte du nur“, gab sie zurück. „Aber hoffentlich haben
sie sich nicht vor lauter Angst, ebenfalls aufgegriffen und
ans Kreuz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher