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Saat des Himmels

Saat des Himmels

Titel: Saat des Himmels
Autoren: Alexander Kröger
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dafür eine
etwas ungewöhnliche Zeit war, weil die Wärter es mit der
Pünktlichkeit auch sonst nicht so genau nahmen. Nun,
dieser schloss auf, näherte sich unserem Mann, der auf
einer Strohschütte hockte, zog blitzschnell sein Schwert und
trennte mit einem Hieb Yoshischs Kopf vom Rumpf.
Daraufhin wischte er die Waffe an den Kleidern des
Häftlings ab, zog dessen Haupt an den Haaren empor,
betrachtete das Gesicht, putzte auch dort ein paar
Blutspritzer hinweg und bettete den Kopf auf die
mitgebrachte Schale. Er ordnete sogar die Haare,
betrachtete sein Werk wohlgefällig und verließ, das Relikt
des Yoshisch unter dem Arm, die Zelle, ohne sie zu
verschließen – warum auch.
Ihr könnt euch vorstellen, dass ich zunächst jeder
Handlung unfähig war. Schnell und routiniert hatte dieser
Mensch sein Werk verrichtet. Natürlich dachte ich zunächst
an Rettung, wusste aber gleichzeitig, dass sie zu spät
kommen würde. Wenn du, AusGarmi, mit deinem Gerät da
gewesen wärst, vielleicht… Aber ich weiß, dass diese
menschlichen Gehirne nach ganz kurzer Zeit, wenn ihnen
kein Sauerstoff zugeführt wird, absterben…“
„Man könnte ihre Struktur repro…“, warf AusGarmi ein.
AmUlzo winkte energisch ab. „Hast du den Grund
erfahren… und weshalb auf diese
– unverständlich
grässliche Weise? Wie wenig wir diese Menschen noch
kennen!“
„Ich habe jenen verfolgt. Er trug den Kopf des Yoshisch
direkt in den Prunksaal des Herrschers Herdes und
präsentierte ihn dort einer offenbar hoch stehenden Frau –
auf der Schale, als sei es eine Köstlichkeit. Und die
solchermaßen Beschenkte zeigte sich sehr zufrieden.
Eine Menge würdiger Leute, die im Saal zugegen waren
und fröhlich zechten, zollten der Begebenheit
Aufmerksamkeit, waren jedoch kaum bestürzt.“
„Was für eine Welt!“ Unverständnis schwang in AmUlzos
Bemerkung mit.
„Und dagegen soll nun die neue Lehre antreten, diese
Welt verändern. Ich weiß nicht…“, meinte VonEtali traurig.
„Komm zurück, VonEtali“, forderte AmUlzo sanft.
Und unter dem Gleiter schmetterte Yoshua mit
übermenschlicher Stimme: „Wenn nicht eure Gerechtigkeit
vorzüglicher ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer,
so werdet ihr nicht in das Reich des Herrn eingehen!“ Und
er gab eindringlich in wuchtigen Gleichnissen Lebensregeln
an die Menge, die allesamt auf ein friedfertiges,
harmonisches Zusammenleben hinausliefen. Seine Rede
schloss er mit der Mahnung, nach der Lehre zu leben. Sie
sei wie ein Fels, auf den man ein Haus baue, und es wird
alle Stürme und Überschwemmungen überstehen…
Nur langsam und tief beeindruckt – so schien es jedenfalls
den Beobachtern
– verließen die Menschen den Berg.
Etliche belagerten Yoshua noch lange, erhaschten von ihm
einen Händedruck, berührten sein Gewand…
„Ich habe gerade aufgeschnappt“, berichtete AusGarmi,
die den Toner eingeholt, sich aber weiterhin der Gruppe um
den Künder zugewandt hatte, „er geht nach Jelem zu einem
Fest, das sie Passah nennen. Und er nimmt daran teil,
obwohl ihm seine Begleiter abraten. Auch sie empfinden
offenbar die Gefahr, in der er sich befindet. Und Jelem ist
die Hochburg seiner Feinde.“

7.
AmUlzo war der Gruppe in ein Gewölbe gefolgt, das
unter dem Haus eines Mannes lag, der der neuen
    Lehre anhing.
Es war der Vorabend des Festes.
Yoshua war mit seinen Freunden von einem ausgedehnten
    Abendessen zur Herberge gekommen. Die Männer hatten
bis spät ausgelassen und fröhlich gefeiert, dem Wein kräftig
zugesprochen, der nunmehr jedoch seinen Tribut forderte:
Müde lagerten sie sich auf ihre kargen Schlafplätze.
    „Morgen“, sagte Yoshua, „werden sie die Macht des
Herrn spüren. Sie werden sehen, dass der Glaube Berge
versetzen kann.“
    „Es kann gefährlich werden, Herr. Sie könnten dich
verhaften!“, warnte eindringlich einer seiner Getreuen.
„Es werden viele, viele Menschen da sein, mehr als am
Berg. Sie werden auf mich hören. Und niemand wird es
wagen, uns in der Menge zu berühren. Sie fürchten den
Aufstand.
Aber lasst uns jetzt ruhen, es wird ein anstrengender Tag.“
Jeder hatte seinen Platz in dem weitläufigen Raum
gefunden, und alsbald zeugten ruhiges Atmen und
Schnarchen davon, dass sie eingeschlafen waren.
An einer der Wände verbreitete ein Ölflämmchen einen
zarten Lichtschleier.
Schon wollte sich AmUlzo entschließen, den Raum zu
verlassen, in der Meinung, dass nun nichts mehr geschähe,
als er eines der liegenden Bündel sich langsam
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