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Saat des Himmels

Saat des Himmels

Titel: Saat des Himmels
Autoren: Alexander Kröger
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aufrichten
sah.
In der Tat, einer der Männer stand unter allen Anzeichen
äußerster Vorsicht auf, bemüht, weder ein Geräusch zu
verursachen, noch einen der Schläfer zu berühren, und
schlich dem Ausgang zu.
Überrascht heftete sich AmUlzo an dessen Fersen.
Als der Mann das Haus verlassen hatte, begann er, den
Umhang weit ins Gesicht gezogen, schnell zu laufen. Er
passierte mehrere Gassen und hastete schnurstracks auf das
Wachhaus der Garde zu, unterhalb des Zugangs zum
Tempel.
Als AmUlzo auf Hörweite heran war, vernahm er: „… zu
Keiphes. Es ist dringend.“
Der Wachsoldat, an den die Worte gerichtet waren, schien
zu zögern.
„Es geht um den – Messias!“ beschwor der Vermummte.
„Und wenn du mich nicht führst – um deinen Kopf!“
„Na, na“, brummte der Wächter, rief etwas ins Haus
hinein, worauf nach kurzer Zeit ein zweiter auftauchte, der
den Platz vor dem Tor einnahm, und der Erstangesprochene
drohte: „Wehe dir, wenn es nicht wichtig ist – komm!“ Und
kraftvoll setzte sich der Mann in Bewegung, dass der
andere Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten.
Nach kurzer Zeit erreichten sie das Haus des Keiphes. Der
Soldat betätigte zaghaft, dann energischer den Klopfer.
Wenig später öffnete ein verschlafener Bediensteter eine
Klappe in der Tür.
„Wir – der will den Herrn sprechen“, sagte der Wächter.
„Er meint, es sei wichtig.“
Plötzlich öffnete sich die Tür. Der aus Yoshuas
Begleitung schlüpfte ins Haus.
Noch ehe AmUlzo reagieren konnte – er hatte, um nicht
mit den Verfolgten zu kollidieren, Abstand gehalten –,
klappte die Öffnung zu. Der Soldat trollte sich davon.
„Also warten!“
Es dauerte jedoch nicht lange, bis Yoshuas Mann wieder
auf die Straße trat und dem Schlafhaus zusteuerte.
AmUlzo war unschlüssig: Weiter warten, ob sich bei
diesem Keiphes noch etwas tat, oder dem Denunzianten –
dass es einer war, darüber bestand für ihn kein Zweifel –
folgen? Eines war auf alle Fälle sicher: Gefahr drohte!
AmUlzo wurde einer Entscheidung enthoben: Am Haus
öffnete sich ein zweites Mal die Tür. Ein Mann trat heraus
und eilte in Richtung Tempel. Ihm folgte AmUlzo, obwohl
er sich den Ablauf der nächsten Ereignisse bereits
vorstellen konnte.
Und er hatte richtig vermutet: Fünf Bewaffnete setzten
sich unverzüglich in Bewegung und marschierten
zielstrebig auf die Herberge zu, in der Yoshua nächtigte.
AmUlzo geriet in Gewissensnot: Eingreifen oder nicht?
Vorerst würde Yoshua nichts passieren, außer dass man ihn
festsetzte, um sein weiteres Auftreten zu verhindern. Wie
würden seine Anhänger reagieren? Waren sie gemeinsam
die Kraft, war der Glaube so stark, dass dem Künder kein
Haar gekrümmt werden konnte, trotz des Hasses seiner
Feinde? „Wenn wir das nicht austesten“, sagte sich
AmUlzo, „werden wir uns kein Urteil über die wahre Stärke
der Idee je bilden können – und wenn auch auf Kosten
vorübergehenden Ungemachs für Yoshua.
Ihn zu meucheln, werden sie nicht wagen. Und falls doch
– auch das müsste zu verhindern sein. Sollten sie ihn
dennoch verurteilen, werden wir ihn zu schützen wissen!“
AmUlzo folgte der Rotte von Soldaten zur Herberge.
In der Tat: Der Denunziant befand sich scheinbar
schlafend auf seinem Schlafplatz, als die Meute in den
Raum drang und ohne Federlesen Yoshua festsetzte. Sie
gingen nicht gerade glimpflich vor, aber auch nicht so
brutal, dass AmUlzo Gewissensbisse bekommen hätte.
Yoshua nahm die Festnahme gelassen hin. Er wandte sich
an seine Gefolgschaft, die erstarrt und willenlos den
Vorgang verfolgt hatte: „Verzagt nicht. Und sollte mir
etwas widerfahren – die Wege des Herrn sind unwägbar –,
verzagt nicht. Setzt das Werk fort, und es wird sein Reich
kommen. Aber bedenkt auf euren künftigen Wegen: Unter
euch ist ein Verräter, einer, der mich an diese…“, er wies
auf die Häscher, „verkauft hat. Hütet euch. Aber der Herr wird über ihn befinden!“
Hocherhobenen Hauptes verließ er, eskortiert von vier
Kriegern mit gezückten Schwertern, das Gewölbe.
AmUlzo folgte. Er informierte in aller Kürze seine
Gefährtinnen über das Geschehene und sein weiteres
Vorgehen. Er hatte sich entschlossen, an der Seite Yoshuas
zu bleiben, gleichgültig, wohin man den sperren würde.
Was er sich da vorgenommen hatte, war durchaus nicht
risikofrei: Die Zelle, in die man den Künder einschloss, war
klein, und dieser wandelte die meiste Zeit mit auf dem
Rücken verschränkten Händen im Kreis, sodass AmUlzo
stets
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