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Saat des Himmels

Saat des Himmels

Titel: Saat des Himmels
Autoren: Alexander Kröger
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hat er gebeten, nicht einzugreifen, er
hätte uns auch nicht um Hilfe gerufen. Wenn er beigetragen
habe, das Wort des Allmächtigen zu verbreiten, sagte er,
dann sollte es stark genug sein, sich selber zu tragen. Nicht
ein Menschensohn, sondern das Volk müsse aus dem Wort
die Gewalt machen, die allein das himmlische Reich zu
errichten imstande sei. Und nicht Wunder dürften den
Glauben bewirken, sondern der Glaube die Wunder. Was
sagst du zu einer solchen Einstellung, VonEtali? Er braucht
uns nur noch eine kurze Zeitspanne lang, und das auch nur,
weil wir meinen, dass er uns braucht – weil wir seinen Tod
nicht zulassen wollen. Ich konnte ihn überzeugen, dass sich
seine Vision erfüllen, er aber dennoch nicht sterben wird.“
„Ich bin gespannt“, antwortete VonEtali.
„Wir tauschen ihn im geeigneten Augenblick gegen sein
Hologramm aus“, erläuterte AmUlzo. „Wir müssen nur
schnell sein.“
„Ich hab’ ja gleich gesagt, dass die Angelegenheit
kompliziert wird“, bemerkte AusGarmi, die den Disput im
Gleiter mitgehört hatte. Aber ihre Worte klangen
zuversichtlich.
Die kleine Kolonne erreichte die Kuppe des Berges, die
Hinrichtungsstätte. Drei Löcher waren bereits gegraben, in
denen die Kreuze aufgerichtet werden sollten. Eine große
Menschenmenge erwartete den Zug, ernst blickende
Männer, Kinder und Frauen; etliche von ihnen weinten und
jammerten.
Der Lärm war abgeebbt. Schadenfroh und lüstern, auf das
Schauspiel gespannt, harrten, durch die Soldaten in
gebührendem Abstand gehalten, die Anhänger des Keiphes
und der bezahlte Mob.
Die drei Verurteilten mussten die Kreuze so ablegen, dass
deren Längspfahl zum ausgehobenen Loch wies.
Danach zwangen die Henker zunächst die beiden Räuber
und dann Yoshua, den größten Teil der Kleider auszuziehen
und sich mit gespreizten Armen auf den Marterhölzern
auszustrecken.
„Achtung“, rief AmUlzo. Und er landete das Boot neben
Yoshua.
„Ich bin bereit“, meldete AusGarmi aus dem Gleiter.
„Habe ihn schon im Sucher.“
Zwei Henker zurrten unter Anfeuerungsrufen mit
kräftigen Stricken den ersten der Todgeweihten, der zu
jammern und zu flehen begann, an Händen und Füßen fest.
Dann wandten sie sich zur gleichen Verrichtung Yoshua zu,
der die Tortur mit stoischer Ruhe über sich ergehen ließ.
Einer von Yoshuas Widersachern schrie spöttisch: „Ruf
doch deinen Herrn, Messias, dass er dich errette. Jetzt wäre
Zeit für ein Wunder!“
Eine Augenblick herrschte plötzliche, bedrückende Stille.
Da rief Yoshua: „Herr, vergib ihnen, denn sie wissen
nicht, was sie tun!“
Wenig später jedoch, als nichts geschah, erhob sich ein
hysterisches höhnisches Fordern nach dem Wunder, ein
Geschrei, das offensichtlich bei etlichen auch die Furcht vor
etwas Überraschendem übertönen sollte.
„Gleich“, rief AmUlzo mit verhaltener Erregung.
Als sich die Henker dem dritten Delinquenten zuwandten,
rief AmUlzo: „Jetzt!“ Und er beobachtete scharf den vor
ihm Liegenden. Dann sah er, wie einen winzigen
Augenblick dessen Konturen durch das Einpassen des
Hologramms schwammen.
Fast gleichzeitig forderte AusGarmi: „Los!“
Blitzschnell trennte AmUlzo die Stricke von Händen und
Füßen Yoshuas, darauf bedacht, dass die Reste nicht liegen
blieben.
VonEtali riss den Befreiten an sich ins Unsichtbare und
half ihm ins Boot.
AmUlzo folgte.
Auf dem Kreuz aber lag scheinbar
– wie vordem

festgebunden Yoshua.
„Jetzt muss ich aber aufpassen“, scherzte AusGarmi,
„dass er mir nicht herunterfällt, wenn sie das Kreuz
aufrichten.“
Die Henker begannen damit bei dem ersten Verurteilten,
ließen den zweiten folgen, und dann, als Höhepunkt des
Schauspiels, richteten sie unter dem Jubel der Randalierer
und dem Wehklagen der Gläubigen das Kreuz mit Yoshua
auf.
„Ein Leichtgewicht“, spottete der eine. Und an das Bild
des Gekreuzigten gewandt: „Hättest mehr essen sollen –
jetzt ist es zu spät.“
Während des Geschehens auf dem Berg war eine
Regenfront aufgezogen, der Himmel hatte sich arg
verdunkelt, ein Umstand, der AusGarmi bei den weiteren
Manipulationen zustatten kam: Leichte, unvermeidbare
Wackler im Mitführen des Hologramms beim Aufrichten
des Kreuzes fielen in keiner Weise auf.
„Und was jetzt?“, fragte VonEtali.
„Wir müssen warten, bis sie… bis er tot ist“, antwortete
AmUlzo.
„Es wäre, glaube ich, besser, AmUlzo, wenn unser Gast
am weiteren Geschehen nicht so – unmittelbar beteiligt ist.
Ich denke, es könnte ihn einiges,
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