Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rywig 10 - Machst Du mit Senta

Titel: Rywig 10 - Machst Du mit Senta
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
nur für die Touristen gehalten.
    Als ich mit meinem Brot zu dem Gespann ging, entstand ein heilloses Durcheinander. Nicht, daß etwa alle Hunde auf einmal sich auf das Brot stürzten. Das Tohuwabohu lag daran, wie ich nachher hörte, daß ich nichtsahnend einem x-beliebigen Hund etwas zu Fressen gegeben hatte und nicht dem Leithund, dem immer die ersten Bissen zustanden!
    Sonja filmte aus Leibeskräften, es wurde eine unsagbar komische Aufnahme daraus, von mir mitten in dem Gespann, dessen Geschirre einen gordischen Knoten bildeten!
    Der Wind hatte etwas nachgelassen. Aber von Sonne keine Spur. Der Himmel war grau, nur eine zusammenhängende Wolkendecke zu sehen. Wer weiß - bei strahlender Sonne wäre alles vielleicht anders gewesen. Sonne über dem Meer, Sonne auf den Eisschollen und auf dem ewigen Eis weit da draußen? Vielleicht hätte die Sonne auch hin und wieder ein Lächeln auf die Gesichter gezaubert.
    Die einzigen lächelnden Gesichter, die wir sahen, waren die der Kinder. Süß sahen sie aus mit ihren schwarzen Haarzotteln, ihren breiten Backenknochen und ihren großen, braunen Augen. Daß die meisten von ihnen durch den Mangel an Waschwasser gezeichnet waren, störte uns beim Knipsen und Filmen nicht - im Gegenteil!
    Das Programm ging weiter. Jetzt war die Tanzvorführung an der Reihe. Sie fand auf einem Podium in einer Art Versammlungshaus statt und wurde von ein paar älteren Frauen mit vollkommen ausdruckslosen Gesichtern absolviert. Daß man weder Ballett noch feurige Folkloretänze hier zu sehen bekommen würde, war uns klar. Aber dies! Ein bißchen Hin-und-Her-Trippeln, ohne Freude, ohne Temperament - es mußte eben wegen der Touristen erledigt werden. Genauso wie die Vorführung der Schlittenhunde!
    Als dann zuletzt ein Jüngling ein paar Sprünge auf einem Seehundhaut-Trampolin gemacht hatte, war das vorgesehene Programm zu Ende, und die Zeit für den Abflug rückte zur allgemeinen Erleichterung näher.
    Aber die graue Wolkendecke war tiefer gesunken. Nebelfetzen trieben durch die Luft. Als wir zum Flugplatz kamen, hatten die Fetzen sich verdichtet und bildeten eine kalte, graue, undurchsichtige Einheit.
    In dem Augenblick stieg wohl in uns allen die Angst auf: Kann denn das Flugzeug jetzt landen - das gesegnete Flugzeug, das uns
    abholen sollte?
    Die Stimmung in dem kleinen Warteraum des Flughafens war etwas gedämpft. Die Blicke gingen immer durchs Fenster. Draußen war es grau, trostlos grau und undurchsichtig.
    Die junge, uniformierte Dame in einer Art Büro im Hintergrund sprach in ein Mikrofon und ein heiserer Lautsprecher gab es wieder: „Das Flugzeug aus Fairbanks hat leider etwas Verspätung wegen ungünstiger Wetterverhältnisse. Es wird voraussichtlich gegen siebzehn Uhr dreißig landen.“
    Denkste! Gegen halb sechs hörten wir ein heiß ersehntes Geräusch. Ein Flugzeug nahte! Alles lief raus, alles guckte nach oben. Nichts zu sehen. Das Geräusch wurde schwächer, entfernte sich, dann kam es wieder, entfernte sich noch einmal.
    „Es kreist da oben und wartet auf ein Loch in der Wolkendecke“, erklärte mein flugkundiger Schwager.
    Wieder wurde das Geräusch schwächer, entfernte sich - und verschwand dann endgültig.
    Im Warteraum knarrte es wieder im Lautsprecher. Die Dame bedauerte, das Flugzeug konnte nicht landen und mußte zurück nach Fairbanks fliegen.
    Wir sahen alle unseren Führer an, fragend und hilflos. „Alles nur halb so schlimm“, tröstete er. „Dann werden Sie morgen früh abgeholt. Nun fahren wir erst mal zum Hotel, nachher werden wir im Restaurant eine kleine Stärkung kriegen.“
    Glück im Unglück! Das Flugzeug hätte eine neue Ladung Touristen bringen sollen. Für diese waren Betten im Hotel bereit. Nun durften wir sie benutzen!
    „Na, Gott sei Dank“, äußerte Frau Hacker. „Ich dachte, wir müßten die Nacht im Restaurant verbringen und im Sitzen schlafen.“
    Das Hotel hatte Zimmer genug. Klein waren sie und denkbar primitiv, und Einzelzimmer waren hier ein Fremdwort. Frau Hacker zog sich mit ihrer Kreuzwortfreundin, Fräulein Moorstedt, zurück. Die Ehepaare bekamen je ein Zimmerchen und der Professor wurde zusammen mit Herrn Balberg untergebracht. Und der Nebel wurde immer dichter.
    „Wenn ich bloß eine Zahnbürste mitgebracht hätte!“ seufzte ich. Mein Mann guckte mich verschmitzt an. „Du bringst mich dazu, an einen ganz alten Film zu denken“, sagte er. „Da kam ein junges Mädchen vor, das seiner Tante anvertraute, daß es einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher