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Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender

Titel: Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender
Autoren: Berte Bratt
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auf.
    „Zuerst war ich natürlich wütend“, gestand Bernhard. „Aber dann fing ich an, dich ganz furchtbar zu vermissen, und endlich begann ich darüber nachzudenken, was du in deiner Wut und deiner Enttäuschung gesagt hattest. Unter anderem hast du behauptet, daß ich keine Einfühlungsgabe hatte. Ja, dann versuchte ich, die ganze Sache mit deinen Augen zu sehen, und ich glaube, es ist mir gelungen, und darauf fing ich an mich furchtbar zu schämen!“ Ich nickte.
    „Genauso ging es mir. Ich versuchte auch, dich zu verstehen. Es wurde mir allmählich klar, daß es eine schreckliche Enttäuschung für dich sein müßte, daß ich dich so nach Strich und Faden belogen hatte. Und daß du dann in der ersten Aufregung Dinge sagtest, die du vielleicht nicht so meintest.“
    „Gott sei Dank, daß du das verstehst, Heidilein.“
    „Aber Bernhard. als es dir klar wurde, daß du. daß.“
    „. daß ich dich ganz furchtbar lieb hatte, du Teufelsmädchen.“
    „Ja. ich meine. warum hast du dann nichts von dir hören lassen?“
    „Weil ich an dem Tag, als ich es mir vorgenommen hatte, mit neununddreißig Grad Fieber aufwachte und mehr als eine Woche mit einer handfesten Grippe im Bett bleiben mußte! Als ich mich hochgerappelt hatte, rief ich Frau von Waldenburg an. Sie machte mir die traurige Mitteilung, daß du gar nicht im Lande warst. Ich nahm an, daß du nach Hause gefahren warst. Dann dachte ich, besser in eine andere Umgebung zu fahren, weg von der Weißen Brücke und von allem, was mich immer an dich erinnerte. Worauf ich zu meinem Vetter Bill fuhr. Bei ihm habe ich immer eine Dauereinladung, wir verstehen uns großartig. Er ist ein ulkiger Kerl, aber du darfst nicht denken, daß er immer so ein Clown ist. Er hat sehr viel Ernst und sehr viel Grips hinter seiner Clownfassade!“ „Glaubst du, daß es der Clown oder der ernste Mensch ist, der sich so für Xenia begeistert hat?“
    „Beinahe glaube ich, daß es der ernste Mensch ist. Er sprach gestern abend während der ganzen Fahrt, anderthalb Stunden, nur über Xenia. Sie ist auch ein ganz merkwürdiges Mädchen. Sie hat eine Ausstrahlung, es ist etwas an ihren Augen. Aber ich kann es schlecht erklären.“
    „Heiko sagt dasselbe.“
    „Siehst du, dann ist wohl was dran.“
    „Wieso ist Bill dein Vetter, Bernhard?“
    „Unsere Mütter sind Schwestern. Meine Mutter ist Engländerin, habe ich dir das nicht erzählt?“
    „Nein. es gibt bestimmt eine Menge, was du mir nicht erzählt hast.“
    „Und du mir ebenfalls nicht. Aber wir haben ja jetzt viel Zeit vor uns.“ Bernhard machte eine kleine Pause, dann lächelte er und nahm meine Hand. „Weißt du, Heidilein, als ich tagelang so rumging und grübelte, wurde mir etwas klar. Es war eigentlich phantastisch tapfer von dir, daß du wegen deiner Eltern das Opfer auf dich nahmst, die ganzen Weihnachtstage auf der Bude zu bleiben. Denn als du es tatest, wußtest du ja nicht, daß Xenia auch dableiben würde. Ja, und dann dachte ich daran, was für eine gute Tochter du bist. Und daß eine so gute Tochter bestimmt auch eine gute Ehefrau werden wird.“

Einen Monat später
    An einem sonnigen Apriltag landeten wir in Hamburg, Xenia, Bernhard und ich. Die beiden hatten sich richtig befreundet.
    „Ich weiß nur nicht, wie ich dich betrachten soll, Xenia“, hatte Bernhard schmunzelnd gesagt. „Wirst du meine Schwägerin oder meine Cousine?“
    „Schwiegercousine“, schlug Xenia vor. Bernhard kannte Xenias Lebensgeschichte. Ich hatte sie ihm erzählen dürfen, ebenso Heiko und Sonja. Xenia hatte selbst Lady Robinson die ganze Tragödie erzählt. und selbstverständlich Bill.
    „Ja, in den nächsten Semesterferien weidet ihr wohl kaum zusammen arbeiten“, sagte Bernhard, als wir in der Taxe vom Flughafen zum Bahnhof Altona fuhren. Xenia lächelte.
    „Kaum. Ich werde zwei Monate bei Mr. Connor arbeiten, werde mich über Druckverfahren und über technische Dinge informieren. Und natürlich weiterzeichnen.“
    „Ich bin so froh für dich, Xenia“, sagte ich. „Daß deine Zeichnungen dir jetzt etwas einbringen.“
    ,„Etwas’ ist gut“, lächelte Xenia. „Ist dir klar, daß meine Zeichnungen und Frau von Waldenburgs einmalige Güte mich durch die ganze Studienzeit über Wasser halten werden? Daß ich voraussichtlich keine Geldsorgen mehr haben werde?“
    „Ja, es ist mir klar, und ich freue mich so schrecklich darüber!“ „Und ihr?“ fragte Xenia. „Was macht ihr in den Ferien?“
    „Da mußt du
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