Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender

Titel: Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
mitgebracht. Er steht draußen und quält sich mit meinem blöden Wagen ab. Mein Vetter, zu Besuch aus Deutschland, er kann auch Deutsch besser als Englisch. Halten Sie sich an ihn, Heidi, ich kümmere mich um Xenia! Na, da bist du ja. darf ich bekannt machen.“
    Ein großer, schlanker Mann stand in der Tür. Heiko ging ihm entgegen, einen Augenblick war das Gesicht des Gastes von Heikos Kopf verdeckt. Aber dann kam er näher.
    Es wurden Worte gesagt, es wurde bekannt gemacht, eine Hand wurde mir entgegengestreckt, ein Paar Augen, die das allergrößte Staunen ausdrückten, fanden die meinen.
    Ich stand da mit meiner Hand in Bernhards.
    Ich habe nur eine verwirrte Ahnung von dem, was in den nächsten Minuten gesagt wurde. Ich hörte Bernhards Stimme, die Sonja um Entschuldigung bat, weil er so ungebeten reinplatzte. Und dann Sonjas fröhliches Lachen. „Sie ahnen ja nicht, wie willkommen Sie sind! Ohne Sie wären wir dreizehn zu Tisch gewesen!“ - Ich hörte mich selbst sagen: „Wir kennen uns schon aus Kiel.“ Was sonst gesagt wurde, ahnte ich nicht. Ich fing erst an, langsam zu mir zu kommen, als ich auf einem Stuhl saß, die Augen auf die Leinwand gerichtet. Der Film lief an, da kam Heikos Stimme mit kurzen Kommentaren, dazwischen Eingeborenen-Musik. Es war dunkel im Raum, ich brauchte mit niemandem zu sprechen, ich konnte versuchen, meine Gedankengänge wieder in Ordnung zu bringen.
    Jemand setzte sich auf den freien Stuhl neben mir.
    Eine Hand umfaßte die meine. Ich fühlte ihren sanften Druck, und meine Hand beantwortete ihn.
    Dann wußte ich es: Diese Hand würde mich auf das richtige Lebensgleis zurückführen!
    Leider muß ich gestehen, daß ich kein aufmerksamer Zuschauer war. Meine Augen waren allerdings auf die schönen Bilder gerichtet, aber mein Gehirn war außerstande, das Gesehene zu registrieren.
    Ich hörte erstaunte Ausrufe, Lachen, bewundernde Worte, ich bekam eben noch mit, daß die Menschen, die hier um mich saßen, sich selbst auf dem Filmstreifen wiedererkannten. Aber nur eins war mir bewußt, nur eins füllte meinen Kopf und mein Herz: Ich saß neben Bernhard mit meiner Hand in der seinen.
    Wir hatten den ganzen Abend keine Gelegenheit, miteinander richtig zu sprechen. Nur einen ganz kurzen Augenblick, als ich in die Küche ging. Da kam Bernhard mir nach.
    „Heidilein, wann können wir uns treffen?“
    „Ich weiß nicht, kannst du wieder herkommen?“
    „Ob ich das kann! Wann du willst. sobald wie möglich.“
    „Ich mache den Haushalt hier, während Sonja im Institut arbeitet. Ich bin immer allein von neun bis dreizehn Uhr.“
    „Morgen, kurz nach neun“, flüsterte Bernhard. Er drückte mich fest an sich. „Mein Mädchen - mein kleines Mädchen - ich habe mich wie ein Esel benommen.“
    „Und ich wie ein Schaf“, gestand ich.
    „Ich habe mich furchtbar gesehnt.“
    „Ich auch.“
    Bernhard küßte mich. Er hatte mich gerade losgelassen, als Sonja in die Küche kam.
    „Ach, da sind Sie! Heidi, das ist doch nett, daß ausgerechnet ein alter Bekannter von dir hier aufgetaucht ist.“
    „Nett“, wiederholte Bernhard. Dann legte er wieder seinen Arm um mich, sah Sonja mit seinen leuchtenden Augen an und sagte: „Frau Brunner, was würden Sie antworten, wenn jemand Ihnen sagte, es sei doch ,nett’, daß Sie Ihren Mann kennengelernt haben?“ Sonja lachte. „,Nett’ ist gut! Das war doch das Wunder meines Lebens!“
    „Und heute geschah das Wunder in unserem Leben!“ sagte Bernhard.

Bernhard und ich
    Erst am Tisch konnte ich die Gäste richtig ansehen. Eine Sammlung von Menschen, zusammengewürfelt auf einer Reise, verschieden von Alter und Milieu, aber alle freundlich und allerbester Laune. Die beiden grauhaarigen Schwestern Smith, die bildhübsche Frau Stone und ihr erheblich älterer, aber ausgesprochen sympathischer Mann. Die reizende Lady Robinson mit ihren jungen Augen und dem alten Gesicht. Die energische, resolute Frau Henderson. Da saßen die beiden Rotschöpfe, Herr Nicol und Xenia. Ich hörte gerade Xenias Stimme: „Die Aufnahmen von Ihnen in Honolulu waren ja einmalig, Herr Nicol.“, und die Antwort: „Ich heiße William, Xenia, meine Freunde nennen mich Bill!“
    Dann das Ehepaar Connor, zwei ruhige, sichere Menschen mittleren Alters. Herr Connor entfernte gerade seine Tischkarte vom Glas, damit Heiko einschenken konnte, dann stutzte er und betrachtete die Karte näher. Ich hatte sie ja gesehen, und gerade diese Karte hatte ich besonders bewundert: In dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher